Gartenglück!

7. April 2018

Endlich! Endlich ist es mir warm genug, um im Garten zu arbeiten. Denn warm muss es wenigstens sein, wenn die Sonne fehlt, ist es nicht schlimm. Selbst Regen ist in Ordnung, wenn er nur warm ist. Schönwettergärtnerin nennt man das wohl, aber das ist mir egal.

Um halb elf heute morgen zeigte das Thermometer an der Hauswand 14 Grad und die Reifschicht auf dem Saunadach war weggeschmolzen. Raus, raus, ganz nach hinten in den Garten, denn dort scheint die Sonne schon hin. Mal sehen, ob ich den Lavendel unter den vertrockneten Brennnesseln wiederfinde!

Ich fand ihn und bis auf vier Büsche hatten alle Stöcke den für unsere Verhältnisse wirklich kalten Winter überlebt. „Brennnesseln bekämpfen!“, notierte ich auf meiner inneren Garten-to-do-Liste und jetzt, da ich das hier tippe, kann ich es ja auch nicht mehr vergessen. Als das Brennnesselgestrüpp und die frisch austreibenden Nesseln entfernt waren, ergänzte ich die innere Liste mit „Winden jagen! Regelmäßig!“ Denn die blöden Zaunwinden überwuchern und ersticken alles, wenn sie nicht regelmäßig ausgerissen werden. Die Wurzeln sind bereits so verzweigt und mit den Topinamburknollen verflochten, dass ich bei der Wurzelbekämpfung bereits chancenlos bin.

Ich zupfte und rupfte und summte vor mich hin, griff in Brennnesseln, quietsche, kippte beinahe von meinem Gartenarbeitshockerchen, füllte drei Grünschnittsäcke und war glücklich. Das Tränende Herz treibt aus, die Gartenhüttchenrose ebenfalls und die Akeleien haben sich gründlich ausgesät. Ach Garten, ach Frühling!

Gegen halb drei beschloss ich ein Päuschen einzulegen. Um halb vier erwachte ich auf dem Sofa wieder, dabei wollte ich wirklich nur ganz kurz die Augen ausruhen!

Der Gatte machte Feierabend und wir tranken einen Kaffee. Auf der Terrasse, unter leuchtend blauem Himmel, bei strahlendem Sonnenschein. Endlich wieder!

Danach zog es mich wieder ans hintere Gartenende. Weiterarbeiten. Beete freilegen, damit dort bienenfreundliche Blumen wachsen.

In Oma Ernels Garten wurde auch gearbeitet. Drei Männer gruben um und rissen alles aus. Seit dem Herbst ist er in portugiesischer Hand, der arme, vernachlässigte Garten und das ist toll, denn bald wird dort wieder sehr viel Gemüse wachsen. Eine Reihe portugiesischer Kohl, der wie Rosenkohl nur ohne sie Röschen aussieht, steht schon da. Ich winkte hinüber und es wurde freundlich zurückgewinkt. „Viel Arbeit, ist Training, physio!“, rief der ältere der drei Männer. „Oh ja!“, rief ich zurück und rieb mir wehleidig den Rücken. Wir lachten und arbeiteten weiter. Ich rupfte Brennnesseln und Seifenkraut, drüben im Garten, in Ernelsgarten, der er aber doch nicht mehr war, wurden Traubenhyazinthen und Tulpen ausgegraben. Die Zwiebeln hatte ich damals, als ich mir einbildete, dass ich zwei Gärten würde bearbeiten können, alle in die Erde gesteckt. Mindestens 300 Blumenzwiebeln.

Das ist ok, versucht ich mir einzureden. Es geht halt weiter, alles wird neu. Du hast die Arbeit in diesem Garten beendet. Vorbei. Und trotzdem, ich wurde traurig.

„Hallo?!“, rief einer der jüngeren Männer über den Zaun. Ob ich Tulpen haben möchte? Es sei zu schade, diese wegzuwerfen! Aber sie würden Gras säen, damit die Kinder spielen können und die Tulpen müssen dann halt weg. Und es seien so viele! „Ja, sehr gerne!“, strahlte ich und erzählte, dass ich die Tulpen gepflanzt hatte, vor ein paar Jahren. Und dass da noch ein paar Blumenschätze in der Erde liegen. „Dann lasse ich am Rand Platz dafür.“, sprach mein neuer Gartennachbar.

Wir stellten uns gegenseitig vor und gingen an unsere Arbeit zurück. Ab und zu lächelten wir uns über den Zaun zu. Ja, anstrengend! Aber die Sonne ist so schön. Und die Vögel! Die machen ganz schön Krach. Frühling eben. Endlich Frühling!

Der Gatte fuhr den Grünschnitt zum Wertstoffhof, der Jüngste schredderte die Äste und Zweige vom Rückschnitt des Holunders und des Sommerflieders. Ich rupfte weiter. Immer noch Seifenkraut, weiterhin Brennnesseln und dazwischen die Pflanze, deren Namen ich nicht kenne und die ich mir vermutlich mit Rindenmulch in den Garten geschleppt habe. Vorher war sie nämlich nicht da, jetzt marodiert sie quer durch und ist lästig.

Es gab erneut eine Kaffeepause, diesmal auf der Bank am Rosa Gartenhüttchen. „Der Schreinerfreund freut sich, wenn du zur Beerdigung kommst“, sagte der Gatte. „Das hatte ich sowieso vor“, erwiderte ich und schaute rüber in Ernels Garten, in dem die Portugiesen gerade das ausgerissene Grünzeug verbrannten. Das stank bestialisch und zum Glück war der Nachbar mit dem ordentlichen Garten gerade nicht da, der würde darüber sehr schimpfen.

Ich rupfte weiter. Dutzende dieser witzigen Wedel, die wie kleine Palmen aussehen. Keine Ahnung wie sie heißen. Ich weiß nur, dass es sich um ein Wolfsmilchgewächs handelt und dass es leicht auszurupfen ist, falls es stört. Die Echinaceen treiben aus, das freut mich! Sie sollen sich vermehren und unseren künftigen Bienen Nahrung bieten.

Mittlerweile war es kurz nach sechs und langsam wurde es kühl. Und ich müde. Es piekste an meinem Bein, kurz darauf juckte es. Ich kratzte und zerrieb dabei ein blutsaugendes Insekt. Aha, die erste Zecke. Dachte ich . Mittlerweile denke ich, dass es womöglich eher eine Kriebelmücke war, denn erstens sind Zecken kleiner und zweitens entzünden sich ihre Bisse nicht so rasch. Wohingegen ich mit Kriebelmückenbisse einige unschöne Erfahrungen, die allesamt mit Antibiotika, auch notfallmäßig per Spritze, zu tun hatte. Ich beobachte mein Bein also argwöhnisch.

Das Abendlicht im Frühling hat einen besonderen Zauber und wäre es nur nicht zu kühl geworden! Ich hätte gerne noch draußen gegessen.

So aß ich meine Käsebrote und ein Schüsselchen Milchreis drinnen und duschte mir anschließend sehr viel Garten vom Leib. Die Fingerspitzen kribbeln noch immer vom Brennnesselkontakt und vielleicht habe ich morgen Muskelkater in den Muskeln, die jetzt einen langen Winter ruhten.

Morgen! Morgen mache ich das Rosa Gartenhüttchen wieder schön.

Auskehren, Staub wischen, die Bänke reinigen, die Polster und Kissen verteilen, den Kerzenleuchter mit neuen Kerzen bestücken, Schnickeldi verteilen und vielleicht am Abend mit dem Gatten darin sitzen, den Sonnenuntergang betrachten und „hach, unser Gartenhüttchen“ seufzen.

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