mittelalterlich

10. Mai 2009

gewandet, von Kopf bis Fuß.

Frau … äh … Mutti auf dem Weg ins Mittelalter.

Mittelalterliche Kleidung ist recht kompliziert.
Jedenfalls dann, wenn man ein miniklitzekleinesbißchen authentisch sein will. Samt oder seine glitzerige Schwester Pannesamt sind völlig fehl am Platz, genauso wie Baumwolle oder Polyestergewebe.

Ganz und gar authentisch gewandet zu sein, schaffe ich aber nicht. Ich habe weder Zeit noch Lust, meine Kleidung mit der Hand zu nähen, noch den Stoff selbst zu weben.

Aber ich gebe mir Mühe :-)

Heute wird es warm, deshalb trage ich ein leichtes Leinenkleid (dezent durchsichtig, was bedeutet, dass ich die pinkfarbene Betty-Boop-Unterhose noch gegen ein schlichtes Modell in hautfarben tauschen muss. GANZ authentisch wäre natürlich der Verzicht auf Unterwäsche, aber dann fühle ich mich zu verrucht.)
Über dem Kleid ein Ledermieder in schwarz. Schwarz ist ok, aber Leder eigentlich nicht. Ich bin ja eine einfache Frau aus dem Volk, die sich sicher kein Leder leisten kann. (ausserdem trugen die Frauen kein Ledermieder, allenfalls in den bereits damals schon vorhandenen Männerphantasien). Um noch rasch ein Mieder aus Wolle zu nähen, hatte ich aber bisher keine Zeit. Das Ledermieder ist obendrein noch einen Tick zu weit, aber das gedenke ich zu ignorieren.
Auf dem Kopf trage ich ein züchtiges Häubchen, wie es sich für eine verheiratete Frau (mit kurzen, weißblond gefärbten Haaren) gehört.
Und an den Füßen Holzschuhe. Vielleicht aber auch meine braunen Riemchenschuhe, weiß ich noch nicht genau. Es ist nicht überliefert, welches Schuhwerk das einfache Volk trug. Deshalb ist es nicht so wichtig. Chucks allerdings, wie gestern oft gesehen, sicher nicht :-)

(verzeihen Sie den Spiegelblitz!)

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Hier nun der Gürtel mit den allerwichtigsten Dingen, die eine Frau im Mittelalter so braucht. (also eine Frau, die auf einen mittelalterlichen Markt geht und dort, fern von jeder Zivilisation, überleben muss, sechs oder acht Stunden)

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Da wäre das Lederbeutelchen mit dem Feuerstein. Am Beutel hängt solch ein Holzstab mit einem Metalldingens dran. Wenn man mit dem Feuerstein über das Metalldingens reibt, gibt es wunderbare Funken. Mit ein bißchen Zunder oder Watte (ein zerpflückter, unbenutzter Tampon zum Beispiel) und ein bißchen Geschick lässt sich damit ein Feuer entzünden. Die Gaukler auf den Märkten fordern die Besucher immer auf, ihnen ihre „Taschendrachen“ zur Verfügun zu stellen, um die Keulen zum Jongieren entzünden zu können. Mit Feuerstein und Metalldingens können sie nix anfangen, die Banausen.

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Dann natürlich ein Messer, falls Bären angreifen. Oder ein Apfel zu zerschneiden ist. Oder ein Ranken Brot abzuschneiden ist. Oder einer der Fäden, die die olle Mutter wieder mal nicht ordentlich nach dem Nähen der Gewandung entfernt hat.

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Das Trinkhorn. Total wichtig, weil selbts der gruseligste Met schmeckt aus einem Horn einfach gut. Es muss diese Mischung aus toter Kuh und Staub aus der Hornspitze sein, die das unverwechselbare mittelalterliche Aroma beschert. Wasser lässt sich natürlich auch aus dem Horn trinken. Wasser tragen wir immer in Siggflaschen mit uns herum (in Taschen versteckt, die Flaschen. Natürlich.

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Hier der Beutel mit den unentbehrlichen Silbertalern. (oder Scheinen)

Er kann teuer werden, der Tag auf solch einem Markt. Das umständliche Wühlen und Puhlen nach Geld in einem solchen Säckchen ist sozusagen einen psychologische Sperre gegen unnötige Geldausgabe. (brauche ich wirklich diesen unglaublich authentischen Drachenkopfring? Hach, ich weiß nicht. Aber … ich müsste ungefähr zehn Minuten lang nach vierEurosechzig graben … ist es das wirklich wert? Nein.)

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Eine größere Tasche mit absolut wichtigen Dingen wie: Taschentücher.  Egal ob für Nase oder als Ersatz für Toilettenpapier.

Dann dieses violette Beutelchen. Da sind Damenhygieneartikel drin. Garantiert unmittelalterlich, aber genauso unentbehrlich, an manchen Tagen.

Ein Lederbändelchen für irgendwas. Kann man immer gebrauchen.

Und meine Fibel. Heißgeliebt, die darf nicht verloren gehen. Ich brauche sie, wenn´s kühler wird, damit ich meinen Umhang verschließen kann.

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Ich bin dann mal weg, zurück in die Vergangenheit.

Die Kamera nehme ich mit. Vielleicht kann ich Ihnen heute abend oder morgen Bilder zeigen, auf denen Frau … äh … Mutti am Webstuhl für mittelalterliches Ambiente sorgt.

8 Kommentare zu “mittelalterlich”

  1. Blogolade sagt:

    Das macht ja schon was her, das ist nicht Ihr erster Markt, gell?

    Aber, so unter uns, das Trinkhorn, das geht garnicht. Das ist so wie Schotteröcke und geschnürte Piratenhemden.

    Haben Sie Vorlagen für ihre Klamotten? Verzeiht, Gewandung?

  2. Mendian sagt:

    Liebe Frau…aeh…Mutti

    Beim Thema authentisch kann man Abstriche machen, aber:

    1) Trinkhoerner gehoerten im Mittelalter NICHT zu den Alltagsgegenstaenden, man trank aus Tonbechern oder Schlaeuchen (der Adel benutzte Glas). Trinkhoerner kamen nur bei besonderen Anlaessen zum Einsatz.

    2) Trinkhoerner gehoeren auf gar keinen Fall an einen Guertel sondern in die Hand, bzw. werden sie bei Nichtgebrauch abgestellt oder an einem Band um den Hals getragen.

    *Klugscheissermode off* ;-)

    Freundlichst, Mendian

  3. EvilEnte sagt:

    schön, wenn auch die besucher versuchen authentisch zu sein. ich kenne leute die auf den Märkten wohnen (also darsteller) und die können die tollsten sachen erzählen.
    Baumwolle gab es im spätmittelalter durchaus schon, aber sie war sehr teuer und längst nicht so fein wie heute.
    Was die schuhe angeht gibt es auch überlieferungen, ich kann mich da gerne mal umgucken. (ich muss sowieso demnächst viel in die Bibliothek)

    ganz liebe Grüsse die EvilEnte (die immer noch brav geschichte studiert)

  4. Lakritz und Schokolade sagt:

    Wenn bei euch Markt ist, dann folgt unserer in einer oder zwei Wochen, muss ich gucken gehen… Und: sehr sehr hübsch sehen Sie aus!

  5. Frau Suppenklar sagt:

    Egal, ob authentisch oder nicht, schön sehen Sie in Ihrem Leinenkleid aus, liebe Frau Mutti! Wichtig ist, dass Sie einen wundervollen und schönen Familientag auf diesem Fest hatten!

    Liebe Grüße aus der hiesigen Welt sendet
    Frau Suppenklar

  6. Blogolade sagt:

    Lakritz und Schokolade: Worms?
    Der ist übernächstes Wochenende. 23.+24. Mai. Vielleicht sehen wir uns ja da? :)

  7. Mittelalter again « Wer Schmetterlinge lachen hört, weiß wie rosa Wolken schmecken… sagt:

    […] Mittelalter again By Serenity Für Frau…äh…Mutti: […]

  8. Svenja sagt:

    Hallo Frau…äh..Mutti!
    Nur für zeige ich das Mittelaltergewand von ihr und mir :-)

    Liebe Grüße, gehabt euch wohl,
    (In 2 Wochen spielen wir wieder Open-Air unser Mittelalterstück!)
    Svenja