Das Wahandern!

16. August 2012

Eigentlich … wollten wir in diesem Jahr drei Wochen mit den Kindelein nach Irland und über die Insel wandern.
Uneigentlich sind Sommerferien von Jugendlichen straff organisiert und durchgeplant, so dass für einen Urlaub mit den Eltern mal eben nur knapp fünf Tage in Hamburg bleiben und zwei auf dem Rheinsteig.

Hier ein kleines Bildchen vom Rheinsteig, irgendwo zwischen Kaub und Lorschweiler, bei sengender Hitze und steigender Unlust weiterzugehen. (vielleicht zeige und erzähle ich Ihnen demnächst ein bißchen was vom wunderschönen Rheinsteig!)

Wie langweilig doch diese Wanderung gegen das ist, was die beiden älteren Kindelein in den Ferien erlebt haben.

Töchterlein und der Große sind seit einem Jahr in einer Bergsteigergruppe und nach einer Menge Theorie und einigen Trockenübungen in der Kletterhalle fuhr die Gruppe zum Wilden Kaiser.

Ich bin mächtig stolz und gleichzeitig sehr froh, dass ich nicht dabei war. Ich wäre vor Angst um die Kindelein glatt abgestürzt.

Vor der Woche auf dem Wilden Kaiser war der Große mit vier Freunden im Allgäu unterwegs. Wandern. Wie uncool für 16/17jährige Knaben, mag man da denken, aber ich finde das wirklich sehr, sehr toll, denn gewandert wird und wurde hier schon immer viel. Wer dieses Blog schon lange liest, hat uns vielleicht schon in einige Wanderurlaube begleitet und manchmal bekam ich folgende Frage gestellt: Wie kriegt man denn Kinder zum Wandern?

Ich habe natürlich kein Patentrezept dafür, aber ich kann ein bißchen aus dem Nähkästchen plaudern, wie sich das bei uns entwickelt hat. (und ein paarviele Bilder zeigen)

 

Ein guter Ansatz war wahrscheinlich, dass die ersten Kinderschuhe, die wir jemals kauften, wie echte Wanderschuhe aussahen, in Größe 22. :)

Die ersten „Wanderungen“ fanden in Tierparks statt. Von Anfang an trug jedes Kind einen eigenen Rucksack mit einer kleinen (Sigg)Flasche, einem Päckchen Taschentücher und wenn es wärmer wurde, kam der dicke Pulli rein. In Tierparks lässt sich leicht eine richtig große Tour laufen! Wir fuhren anfangs in den Wormser Tierpark, später dann immer öfter in den Opelzoo.

Das ist ein ganz typisches Bild aus unseren Wanderanfängen. Immer noch dabei: die Kinderkutsche. (das Bild entstand am Klopeiner See, dort machte ich eine Woche Urlaub mit den Kindern, zum ersten Mal ganz allein mit allen dreien.

Die ersten Ausflüge ohne die Kinderkarre ließen dann auch „spannendere“ Wege zu. Schmale Waldwege über Stock und Stein, manchmal auch einfach querfeldein

Unentbehrlich bei jeder Wanderung: ein ordentlicher Wanderstock!

Deshalb bekamen die Kindelein recht früh ein gescheites Taschenmesser geschenkt.

Und natürlich auch eine ordentliche Unterweisung ins Schnitzen.

Erfreulicherweise müssen wir zum „Wandern“ nicht weit fahren. Wir haben die Weinberge vor der Tür und die sind das ganze Jahr über schön! Es gibt eine Menge Flora und Fauna zu bestaunen und wenn man sich einen Tier- und Pflanzenführer kauft, lernt man auch als Erwachsener noch eine Menge dazu.

Den Roten Hang allerdings gibt´s nur bei uns :) Der sorgt nicht nur für weltberühmte Weine, sondern auch für etliche vergnügliche Stunden, wenn man mit Hammer und Meißel auf die Suche nach kleineren Fossilien geht. (und auch welche findet)

Und wenn der „Aufstieg“ geschafft ist, findet sich immer ein schönes Rastplätzchen. (das weiße, unschöne Gebäude links im Bild ist die ehemalige Malzfabrik. Sie verschandelt nicht mehr den Blick, denn sie wurde dieses Jahr abgerissen.)

Nach den Weinbergen wagten wir uns in den Wald.

Und auf Deiche.

In die Vogesen

 

und in die Hitze Andalusiens.

Nach Bayern

und immer wieder in die verschiedenen Mittelgebirge. (es ist nicht zwingend notwendig, dabei Ringelpullis zu tragen)

 

*****

 

Wir haben eine ganz wichtige Regel beim Wandern: wer müde ist und eine Pause braucht, bekommt diese auch.

Ausserdem gibt es ein paar kleinere Abmachungen: man kann immer stehenbleiben, um sich Blumen, Käfer, Pilze anzuschauen, die Aussicht bewundern, Stöcke und Steine aufsammeln oder einfach nur mal tief durchschnaufen, wenn die Steigung nach oben kein Ende nehmen will.

Wir haben kleine Familienwitzchen/rituale entwickelt, die für Außenstehende völlig idiotisch wirken, für uns aber als Aufmunterung funktionieren. (ich kann Ihnen nicht mal ein Beispiel beschreiben, weil niedergeschrieben verlieren diese Witzchen ihre Magie. Gehen Sie halt mal mit uns wandern.)

Wir haben „Wanderessen“, das auf alle Rucksäcke verteilt wird. Genauso wie das Wasser. Unsere Touren sind mittlerweile recht anspruchsvoll, deshalb ist der Durst groß. Zwei Liter schleppt jeder. Dazu Äpfel, Brötchen (oder Brezeln), Kekse, Käse und Hartwurst. Für größere Strecken gibt´s gekochte Eier, Frikadellen und selbstgebackene Schokobrötchen oder Scones. Das Kochen und Backen vor einer Wanderung, das Verstauen der Lebensmittel in den Rucksäcken, das Herauslegen der Wanderklamotten macht die Sache rund.

Wir haben von Anfang an darauf geachtet, dass die Kinder gescheite Schuhe zum Wandern hatten. (die zugegebenermaßen sehr teuren Wanderschuhe wurden meist im Herbst gekauft, schön großzügig für dicke, warme Socken, denn zuerst waren sie Winterschuhe. Perfekte Winterschuhe, mit tollem, rutschfestem Profil, wasserdicht und warm. Bis wir die ersten Wandertouren im Mai starteten, waren die Schuhe perfekt eingelaufen.) Wichtig ausserdem waren/sind uns gute Jacken, diese Kombijacken aus wasserdichter Jacke und einzippbarem Fleece sind eine grandiose Erfindung. Mittlerweile haben wir auch alle Wanderhosen mit abtrennbaren Hosenbeinen. Hässliche Dinger, aber ungemein praktisch, weil schnelltrocknend. Naja, und ich habe ein Wanderröckchen. Ein selbstgenähtes :)

Ich kenne mich ziemlich gut aus mit heimischen Pflanzen und so haben wir viele Kilometer lang Pflanzen am Wegesrand bestimmt. Genauso viele Kilometer sind wir im „ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm“-Takt marschiert. Wir haben „wer zuerst spricht hat verloren“ gespielt und natürlich auch „ich seh etwas, was du nicht siehst“. Wir gingen und gehen, wann immer es möglich ist, den kleinsten, schmalsten Pfad, selbst wenn der ein Umweg ist. Nichts ist öder als endlose Forstwirtschaftswege. Querfeldein ist am Tollsten, über nasse Wiesen, unter umgestürzten Bäumen hindurch, über Bäche oder über moosige Felsen.

Eine Zeitlang war das Geocaching (geocaching.de oder opencaching.de) ein reiner Segen für die Motivation zum Wandern. Zum einen ist das Finden dieser kleinen Schätze eine echte Herausforderung, zum anderen wird man beim Geocachen an Stellen geführt, die man sonst nicht entdeckt hätte. Abseits von den Wanderwegen. Die große Gefahr beim Geocachen ist allerdings, dass man vor lauter Jagdfieber den Blick nicht mehr vom GPS oder Handy lösen kann und deshalb an den tollsten Sachen einfach vorbeimarschiert.

Kindern beim Wandern bei der Stange zu halten ist das gleiche Prinzip wie diese ganze Erziehungssache: ein Mischmasch aus Begeisterung, Motivation und Zutrauen. Und natürlich den Grundpfeilern „bestechen, bedrohen, erpressen“.

Wir ließen stets die Kinder das Wandertempo bestimmen, auch die Häufigkeit und Dauer der Pausen. Neulich, auf dem Rheinsteig, stellten wir fest, dass das mittlerweile umgekehrt ist. Die Kinder spurteten schwatzend vorneweg und bleiben an der nächsten Biegung stehen, um auf ihre alten Eltern zu warten. Oder sie fragen, ob wir nun endlich weitergehen, die Pause sei doch nun lang genug gewesen? Sie bieten an, ein bißchen mehr Gepäck zu übernehmen, damit die armen, mütterlichen Schultern entlastet werden und rufen ermunternd „gleich geschafft, Mama!“, wenn die Steigung einfach kein Ende nehmen will.

Demnächst werden sie uns wohl einfach huckepack nehmen und mit uns auf dem Rücken die Gipfel stürmen.

15 Kommentare zu “Das Wahandern!”

  1. das Nordlicht sagt:

    Ich komme mit, das nächste Mal komme ich einfach mit!
    Vielen Dank für die vielen guten Tips (wir können sie brauchen, in Kürze geht es mit der Lütten (5) zum Wandern) und die schönen Bilder – besonders das mit den gelben Blumen im Ohr hat mir gefallen!

  2. wahnsinn sagt:

    Liebe Frau Mutti,

    ich finde es klasse, dass sie so einfach als Familie zu fünft wandern gehen und das offensichtlich auch alle toll finden.
    Wir sind auch zu fünft und gehen ab und zu mal wandern, in den Schweizer Bergen :-).

    Am wenigsten murren die Jungs, wenn wir noch eine andere Familie mitnehmen mit etwa gleichaltrigen Kindern. Das motiviert enorm!!
    Nur so mit uns alleine wird es ihnen doch schon schneller mal langweilig und „wann sind wir denn endlich da…..“ :-)

    Ach ja, wir planen gerade eine Aletsch-Gletscher-Wanderung. Auch mit einer anderen Familie. Mal sehen, wie das wird. Also natürlich nicht AUF dem Gletscher, aber sehr nah dran.

    Und ja: gutes Schuhwerk ist ein MUSS !

    Liebe Grüsse
    asty

  3. Cati Basmati sagt:

    Danke für das unbewusste zeitlich vor dem ersten Wanderurlaub mit Wulfhild platzierte „Wird schon…“! Denn jetzt beginnt für uns ja auch das große WandernmitKindabenteuer. Aber was sag ich: wird schon.

    Wie erstaunlich übrigens, dass alle Kindelein so blonde Haare haben. Hat denn keines wenigstens im Ansatz Ihre roten Haare geerbt? (Clown gefrühstückt, entschuldigen Sie bitte!)

    Beste Grüße aus kurz vorm Gipfel,
    Cati

  4. Frische Brise sagt:

    Wunderbarer Bericht! Danke!

  5. Ruth sagt:

    Wandern und erkundschaften ist toll, das stimmt. Und ich hab grad ein kleines Stueckchen des Rheinstiegs auf beiden Seiten kennengelernt. Es war super. Und meine Sippe wandert zwar nicht immer, aber ab und an. Genauso, mit Bestechung, Bedrohung und Erpressung, wenns nicht anders geht. Und die Freude des Miteinanderseins ist doch das beste an dem ganzen.

  6. moni sagt:

    Herrlicher Rückblick und absolut reales Gegenwarts-und Zukunftsfeeling! ;-)
    Haben Sie nicht ein bisschen (wenigstens) Wehmut bekommen, bei all diesen wunderschönen Erinnerungsbildern? Ich hätte ganz gewiss!
    Lieben Gruß
    moni

    P.S.: MUSS der blöde Captchacode sein??? Ich brauche immer mindestens 3 Versuche. Ober bin ich einfach nur nicht „sichtig“ genug?

  7. Graugrüngelb sagt:

    Wunderschön geschrieben und tolle Fotos. (Und die Frau Mutti auf den Fotos mit den kleinen Kindern sieht genauso aus wie heute – beneidenswert.)

    (Das Captcha ist wirklich inzwischen sehr kompliziert und nervig geworden. Ich habe auch oft Mühe.)

  8. Tina sagt:

    …Sie sind einfach einer meiner Lieblingsblogs. Ich mag Ihren Schreibstil und freue mich immer sehr über die superschönen Bilder. Irgendwan per Zufall entdeckt und immer wieder gerne bei Ihnen zu Besuch. LG Tina

  9. Uschi sagt:

    Ich wünsche Ihnen, dass sie noch lange mit Ihren Kindern wandern mögen!!!
    Meine Familie teilt die Leidenschaft leider nicht so sehr mit mir, vielleicht weil der Niederrhein sich eher mit dem Fahrrad erkunden lässt (ich aber Fahrrad fahren nicht so sehr mag:-().
    Im Urlaub konnte ich jedoch unseren Sohn ein wenig motivieren und wir wurden mit einer tollen Aussicht belohnt…aber ich glaube für ihn war die Zeit, die ich NUR mit ihm verbrachte viel mehr wert! Denn auch das ist eine schöne Sache beim Wandern.

    LG Uschi

  10. Karen sagt:

    Genau so! :-)

  11. streckenweise sagt:

    Japp. Wobei ich glaub, daß die Ausrüstung gar nicht das Entscheidene ist. Meine ersten richtigen Wanderschuhe hatte ich erst mir Anfang 20 (bis dahin immer so Sportschuhe). Und einen eigenen Rucksack hatte ich bei Familienwanderungen auch nie. Aber bei uns war auch das Entdecken immer das wichtigste. Und daß auch die Kinder dran Spaß haben. Und ich wandere bis heute leidenschaftlich gern.
    Mir sind schon öfter ältere begeisterte (fanatische?) Wanderer begegnet, die schon irgendwie neidisch waren, weil ihre Kinder nicht mehr zu wandern zu bewegen sind. Das waren immer so Kilometerfresser, Höhenmeterrechner, die das auch mit Kindern so durchgezogen haben. Mich wundert nicht, daß die Kinder da irgendwann rebellieren. Mir ist das Wandern nach Zahlen bis heute fremd. (Und Forststraßen oder breit ausgebaute Wanderwege wie teilweise im Harz sind … unschön mindestens,… langweilig… möglichst zu vermeiden.)

  12. streckenweise sagt:

    (Und wenn Sie nicht so weit weg wären, würde ich tatsächlich mal mitwandern wollen.)

  13. Yaspiz sagt:

    Vielen Dank für diesen Artikel, der die Perspektive so schön geraderückt und einem klarmacht, was die Lust am Wandern verderben kann (nicht nur den Kindern).
    Liebe Grüße
    Yaspiz

  14. Die liebe Nessy sagt:

    Oh, das sieht toll aus!

  15. Sigrid N. sagt:

    Schön, dass Sie wieder hier sind.
    Und Dankeschön für die Inspiration (und die guten Tipps für die Zukunft…)