zermürbend.

17. August 2012

Sie schreit und schreit und schreit, die Nachbarin. Wütend, mit sich überschlagender Stimme, voller Zorn und Hass, seit zwei Jahren mittlerweile. Tag für Tag. Ich weiß nicht, was sie da schreit, ich spreche ihre Sprache nicht. Aber ich kann es mir vorstellen, denn wenn sie richtig in Fahrt ist, beschimpft sie die andere, über siebzigjährige Nachbarin als „Hure und Arschloch“. Sie schreit die Kinder an, sie schreit den Hund an, sie schreit und schreit und schreit. Die Kinder heulen und jammern, der Hund jault und winselt und dazu dröhnt die Musik von Sido über die Straße.
Die Polizei kommt mittlerweile in schöner Regelmäßigkeit, für Mitte des nächsten Monats gibt es eine erneute Räumungsklage, die vierte bisher.
Wir halten die Fenster geschlossen, ich meide den vorderen Gartenteil, man trifft sich nur noch selten zu einem Schwätzchen auf der Straße, zu oft kam es vor, dass man angeschrieen wurde. In der Straße herrscht eine ungesunde Mischung aus Angst, Gereiztheit und Wut. Große Hilflosigkeit. Ich spüre, wie die Aggressivität in mir hochwallt, wenn es „drüben“ wieder losgeht. Versuche in mich hineinzuspüren, ob mich vielleicht „die Fliege an der Wand“ stört und ich überreagiere.

Fakt ist: ich mag so nicht mehr wohnen. Mag das nicht mehr aushalten. Heul.

24 Kommentare zu “zermürbend.”

  1. Nina sagt:

    Verständlich, dass Sie genervt sind. Meine Nachbarin hatte vor gut einem Jahr auch permanent lautstarke Ausfälle und garnierte diese noch mit sehr eindeutigen Gesten – manchmal auch in meine Richtung. Sie war dann meistens ziemlich betrunken. Das hat uns im Laufe der Zeit äusserst genervt.
    Seit einigen Monaten hat sie aber einen neuen Lebensgefährten und irgendwie fühlt sie sich nun anscheinend nicht mehr so überfordert mit zwei Kindern, Hund, Katze und Beruf. Nebenan ist angenehme Ruhe eingekehrt. Und plötzlich grüsst sie auch manchmal ganz freundlich.

    Irgendwie liest sich das ja auch ein bisschen so, als bräuchte Ihre Nachbarin dringend Hilfe. Was machen denn sie und die Kinder und der Hund, wenn sie plötzlich auf der Strasse stehen? Hoffentlich ist das nicht wieder so ein Fall von Ämterversagen in Deutschland. Die armen Kids. Ihnen wünsche ich weiterhin starke Nerven.

  2. Frau Mutti sagt:

    Hallo Nina,
    darum geht es ja eben: weil sie nicht auf der Straße stehen sollen, greifen die Räumungsklagen nicht. Es gibt sechs Kinder, möglicherweise demnächst ein siebtes. Einen wirklich großen Hund und einen Lebensgefährten. Und eine Menge Alkohol. Desweiteren gibt es keine gravierende Kindswohlgefährdung. Ämter versagen da nicht.

  3. Rana sagt:

    Es spielen sich manchmal Dramen in der Nähe ab, an denen man leider nichts ändern kann. Die Frage, wann Kindeswohlgefährdung anfängt ist ja schwer zu beantworten… Sie tun mir echt Leid, gerade, wenn es so schönes Wetter ist und man eigentlich seinen Garten genießen möchte…

  4. Frau Mutti sagt:

    Rana, das Jugendamt schaut da drauf. Die Kinder sind sauber, kriegen zu essen, gehen zur Schule und in den Kindergarten. Sie werden angeschrieen und sicherlich so behandelt, wie ich es mir für meine Kinder nie vorstellen könnte und dennoch: den Kindern geht es … gut.

  5. susalabim sagt:

    so was ist schwer auszuhalten… wir hatten mal gegenüber eine familie mit 2 mädchen, da wurde auch nur geschrien und gebrüllt. und manchmal bekam man auch noch mit, wie vom fenster aus inkonsequenteste erziehung gebrüllt wurde… die frau sah selbst aus wie geprügelt, irgendwie total unglücklich, unzufrieden und fahlgrau. aber sie brüllte und schrie… der mann grüßte freundlich und brüllte auch… wie oft haben wir uns gefragt, ob man nicht doch mal das jugendamt verständigen sollte… aber wir haben ja nur schlüsse gezogen aus dem gebrüll, gewusst haben wir nichts genaues. „zum glück“ zogen sie irgendwann weg und jetzt wird sich vielleicht ein anderer nachbar gedanken machen. ist sicher auch nicht der richtige weg. aber wir waren hilflos und irgendwie auch überfordert mit der frage was man tun kann und was man lassen sollte…
    wirklich schlimm sowas… und zermürbend.

  6. Nina sagt:

    Oh je. Das klingt ja nicht gerade erfolgsversprechend für Ihren berechtigten Wunsch nach einer harmonischen Nachbarschaft. Schon heftig, wie eine einzelne Person so eine ganze Gemeinschaft (ver)stören kann. Trotzdem alles Gute!

  7. Ellen sagt:

    Ich seh schon – wir haben mal wieder ‚Glück‘ gehabt. So vergleichsweise. Unsere Flodders haben zumindest kein offensichtliches Alkoholprobelm.

    Bei uns ist es eine Schrei-Oma mit einem erwachsenen Sohn und dessen 3 kleinen Kindern (2, 3, 5), dazu die jeweiligen Bettgefährten, 2 dauerkläffende Hunden, die die Straße in einen Tretminenacker verwandeln und 2 Hasen ohne adäquate Versorgung auf knapp 100m².

    Die Familie hat es am letzten Wochenende geschafft, eine riesige Bauschuttmulde im RTL-Stil mit Restmüll aus der Wohnung zu füllen – und sie sind erst vor 8 Monaten eingezogen. Das mit den Zahlungsmodalitäten wird wohl ähnlich gehandhabt, wie bei Ihnen. Der Vermieter hat neulich erzählt, dass er die fristlose Kündigung ausgesprochen hat, weil er kein Geld bekommt – und ihm die anderen Mieter davonrennen. Leider bislang wirkungslos, vermutlich aus ähnlichen Gründen wie bei Ihnen.

  8. Karo sagt:

    Oh je… als Lehrerin sehe ich leider solche Zustände auch nicht selten. Schrecklich! Und die Kinder bekommen leider genau das falsche Vorbild… da ist doch schon echt vorprogrammiert, wie die sich irgendwann mal benehmen!

    Liebe Grüße
    Karo

  9. Svenja sagt:

    Ich wollte auch zuerst schreiben: Informieren sie das Jugendamt! Habe es dann aber gelassen. Ich als Sozialarbeiterin im Jugendamt weiß nur zu gut, wie es oft ist. Ich kenne Kolleginnen, denen „satt und sauber“ reicht. Und leider ist es so: „Kinder haben kein Recht auf gute Erziehung und Eltern sind nunmal das Schicksal der Kinder.“
    Und wenn Jugendamtsmitarbeiterinnen das Herz blutet und sie das Kindeswohl als durchaus gefährdet einschätzen: Das sehen RichterInnen am Familiengericht oft anders. Und man hat nur die zwei Möglichkeiten: Entweder: Eltern BEANTRAGEN Hilfe (manchmal mit ein bisschen eindringlicher Überzeugung) oder RichterInnen bestimmen dass sie welche annehmen, bzw die Kids rauskommen. Aber das ist so ein massiver Eingriff…
    Aber trotzdem: Melden, melden, melden. Möglicherweise sind die MitarbeiterInnen vom JA dann so genervt, dass sie doch nochmal tätig werden… ;)

    LG
    Svenja
    Ich wünsche ihnen starke Nerven. Oft sind die der „AdressatInnenfamilien“ stärker.

  10. Mary Blue sagt:

    Das klingt ja ziemlich anstrengend. Durchhalten! LG

  11. nette sagt:

    HUA! Das ist nicht lustig…. aber oben ist alles schon gesagt: Melden, melden, melden… das Jugendamt solange nerven, bis es selbst genervt ist und was unternimmt…
    Vielleicht mal die Brüllattacken aufnehmen und dem JUgendamtsmitarbeiter vorspielen….. schlimm aber , dass das allen Frieden stört…. die Frage bleibt, was schlimmer ist, der Unfreiden oder die Gewissheit, dass da den Kindern LEID geschieht…. beides zusammen sicherlich schwer auszuhalten…..

  12. Micha sagt:

    Hallo,
    Na das klingt wie bei der Dame über mir die hat zwar weder Kinder noch Mann und zum Glück auch kein Haustier aber mit schöner Regelmäßigkeit wird auch da gebrüllt …am liebsten Abends bis in die frühen Morgenstunden und es kommen interessante Dinge wie ich will nach Hause Düsseldorf…Erde…Deutschland…am Rhein! Ruhe ist dann erst wenn Sie über die Flaschen ins Bett fällt…oder ich die Polizei rufe weil die Dame nach einem Strick brüllt. Der Vermieter will davon nichts wissen die Nachbarn sind genervt und mittlerweile sehr böse…ich glaube da hilft nicht mehr viel und irgendwann überlegen wir uns ob wir statt der Polizei mal eine Klinik anrufen.
    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Nerven wie Drahtseile und das baldigst Ruhe einkehrt

    LG
    Micha

  13. Martina sagt:

    Liebe Frau Mutti, ich fühle mit Ihnen….hier ist vor drei Jahren ins Nachbarhaus eine Familie mit 9 Kindern, von denen aktuell noch 8 hier wohnen, eingezogen. Aus, sagen wir mal einer etwas anderen sozialen Schicht als der Rest hier in der Straße. Das erste Jahr war gekennzeichnet von mindestens einem Polizeieinsatz die Woche wegen Ruhestörung, und es geht weiter und weiter und weiter…..man kann mit einem Fernseher die ganze Straße beschallen, doch, das geht.
    Da das Haus in dem ich wohne mein Haus ist kann ich nicht einfach mal so wegziehen, also heisst es ertragen, alle gesetzlichen Möglichkeiten nutzen (viele sind es nicht) und den Blutdruck unten halten. Ich könnte hunderte Geschichten erzählen, aber das würde zu lang werden. Fakt ist, da kann man nix gegen machen, so auch die Aussagen die Polizei hier vor Ort, ich gehöre jetzt zu denen die die Nummer der Wache im Ortsteil im Telefon eingespeichert haben.
    Ich leide mit Ihnen……

    Martina

  14. Filinchen sagt:

    Ach, Frau Mutti! Ich hatte immer den Eindruck, Sie und Ihre Familie leben auf einer Insel der Glückseligen. Die grüne Villa mit dem dicken Martin und dem Ringelfranz schienen ein wunderbares Refugium zu sein und nun das.

  15. moni sagt:

    Das tut mir so leid für Sie und alle Ihre sonst freundlichen Nachbarn. Ich kann das gut nachempfinden, hatte selbst mal „sowas“ in der Wohnung unter mir.

    Ich stimme in Ihr Nachtgebet nach einem Um/Auszug gerne mit ein, doppelt hilft vielleicht!
    Liebe Grüße
    moni

  16. Uschi sagt:

    Es wird geschrien, das ist schlimm und nicht nur Sie sondern sicher auch die Kinder leiden darunter.

    Aber dennoch, ich bin beruhigt, denn man kümmert sich, Sie kümmern sich, die Nachbarn kümmern sich und die Ämter kümmern sich. Auch wenn das Kümmern nur aus „Sorgen machen“ besteht und die Ämter keine Lösung parat haben. Es wird jedoch hin geschaut und DAS ist gut!

    Viel schlimmer ist das Leid aller Kinder, dass im STILLEN stattfindet…da wo nicht geschrien wird und keiner ahnt!

    Ich weiß kein Trost, aber das lag mir gerade auf dem Herzen.

    LG Uschi

  17. Schwiegermutter inklusive sagt:

    Wie furchtbar – ich hasse solche Leute, mir tun immer die Kinder, Tiere und Nachbarn leid – in diesem Sinne, mein Beileid…

  18. minibar sagt:

    Oh weh, das ist schlimm. Und man kann nicht wirklich was dagegen unternehmen.
    Schon die vierte Räumungsklage, und warum klappt es nicht mit dem Räumen? Das ist hier die Frage…

  19. Klaudia sagt:

    Manchmal wünschte ich mir auch ein Dorf, wo sie alle hingesiedelt werden, und wo sie sich dann gegenseitig anschreien können. Im Sommer, aber nicht nur zu dieser Jahreszeit, bekommt man sehr viel mit bei geöffneten Balkontüren, in anderen Sprachen, die wir nicht verstehen, aber auch auf Deutsch. Beschwerden, Unterschriften sammeln, so anonym wie möglich, sich selbst der Gefahr aussetzend, Kratzer am Auto abzubekommen, wenn es rauskommt, wer sich beschwert, wer „dagegen“ unterschrieben hat. Sichtschutz lässt sich vielleicht noch anbringen, aber wie schützt man sich vor den verbalen Attacken, die man nicht ausblenden kann, auch wenn sie anderen gelten? Es ist ein Müll der ganz besonderen Art, der uns umgibt, und wie ich lese, überall anfällt. Lösung gibt es keine, nur ein Hoffen, dass sie zwangsgeräumt werden, was aber nur in ganz schlimmen Fällen vielleicht passiert, aber was passiert mit denen, die nicht regelmäßig ausrasten, aber immer wieder? Ich wünschte mir, dass diese gesellschaftliche Verwahrlosung irgendwann sich zum Besseren wendet, aber wer will noch daran glauben?

  20. Vorstadtpoetin sagt:

    Ich erinnere mich noch gut an Ihren ersten Post zu dieser Familie, damals… schade, dass es sich nicht gebessert, sondern offenbar noch verschlimmert hat.

    Huch, und ja… eigentlich würde ich ja gerne noch das ein oder andere Wort zu so manchem Kommentar hier schreiben, aber ich mag auf Ihrem Blog keine schmutzige Wäsche waschen (wo kommen wir denn da hin?). Nur so viel: Nach dem Lesen ebenjener Kommentare weiss ich unsere tollen, verständnisvollen, fröhlichen, aus allen erdenklichen sozialen Schichten stammenden Nachbarn verschiedenster Nationalitäten wieder viel mehr zu schätzen. Danke.

  21. Fiona sagt:

    ich kann sie so gut verstehen, suche gerade aus ähnlichen gründen eine neue wohnung, ich gebe klein bei will endlich wieder schlafen können, aber vor allem will ich das meine kinder in ruhe groß werden können, ausgeruht sind wenn sie in die schule gehen und ruhe zum lernen haben

  22. Lily sagt:

    Leider muss ich berichten, dass ich eine ähnliche Geschichte aus meiner nächsten Familie kenne- da wird fernerzogen. Das besteht zwar „nur“ aus Anbrüllen, inkonsequentestem Drohen, unzusammenhängenden Sanktionen und einem grundsätzlich lauten Umgang miteinander- aber es ist einfach sehr, sehr schwer zu ertragen. Die Kinder, bestimmt besser gekleidet als mein Sohn es damals war, verrohen, anders kann ich das nicht ausdrücken. Der Älteste ist mit seinen 12 Jahren elterntaub (kein Wunder bei der Lautstärke)- und er ist eine absolute Pest, solange man ihn nicht allein bei sich hat. Eine eins-zu-eins-Betreuung bekommt ihm gut, aber ist von der Restfamilie nicht zu leisten. Er hat eine unglaubliche Grund-Aggressivität und -Aktivität, rannte schon als Kleinkind ohne Pause und Ermüdung stundenlang herum. Alle Tests waren angeblich ohne Ergebnis. Und die Eltern waren schon bereit, ihn wegen plötzlichen Schulversagens stationär unterbringen zu lassen, aber dann war ihnen das wohl doch zu peinlich. Es wird gebrüllt, auch weiterhin, nur inzwischen brüllt er zurück. Ich möchte sie alle nicht zu Nachbarn haben…

  23. Petra sagt:

    Ich fühle mit Ihnen. Auch hier, in einer guten Wohngegend wird gebrüllt und gefeiert, was das Zeug hält. Rücksichtnahme geht gegen Null.Ich weiss nicht, was los ist mit den Leuten.Hoffentlich kommt bald der Herbst mit kühlen Tagen und Nächten… Petra

  24. MonikaZH sagt:

    Ich kann mich der Vorstadtpoetin nur vorbehaltlos anschliessen.