Kotze mit Speck

15. Oktober 2012

ist der appetitliche Name eines äußerst kreativen Gerichts, das neulich in der Grünen Villa serviert wurde.
Es begab sich nämlich, dass Frau … äh … Mutti in der Grünen Villa einige Gäste beherbergte und diese mit mehr oder weniger vollwertigem Frühstück verwöhnte. So kaufte sie beim Bäcker ihres Vertrauens (der übrigens nun NICHT mehr der Bäcker ihres Vertrauens ist, weil die Brötchen seit Neuestem immer öfter verdächtig dunkel und trocken = aufgebacken aussehen) 20 Paarweck. Paarweck sind allerdings genau das, was ihr Name verrät: ein Paar Brötchen -> zwei Brötchen aneinander geklebt. Selbst die gefrässigen Pubertätsraupen in der Grünen Villa schafften vierzig Brötchen nicht.

„Kein Problem“, prahlte Frau … äh … Mutti, „mache ich rasch Serviettenknödel. Und einen Salat dazu. Lecker.“
Zum Glück war der Besuch zu diesem Zeitpunkt bereits abgereist und hatte nicht allerköstlichste Serviettenknödel versprochen bekommen. Denn eigentlich kann ich die. Habe ich schon öfter erfolgreich an Weihnachten gekocht, nach einem wirklich idiotensicheren Rezept der allerbesten Freundin und mal ehrlich: ein Hexenwerk sind Serviettenknödel nicht.
Unglücklicherweise fand ich das idiotensichere Rezept nicht. Dafür aber das von den weltbesten Terrassenplätzchen meiner Schwiegermutter, was mir zwar mit den Knödeln nicht weiterhalf, aber Vorfreude für´s Plätzchenbacken bescherte.
In einem meiner unzähligen Kochbücher (sagen Sie mal, haben Sie auch so viel Kochbücher und -zeitschriften? Und benutzen letztlich regelmäßig nur maximal drei? Egal, anderes Thema) fand ich ein Rezept. „Schneiden Sie ein Baguette vom Vortag in kleine Würfel …“ stand da und ich schätzte grob, dass elf Brötchen etwa ein Baguette ergeben. Die sind ja schließlich verschieden groß, diese Baguettes. Vier Eier sollten rein und Butter, in der Zwiebelchen angeschmelzt wurden. Ein bißchen Milch und Salz/Pfeffer. Hatte ich auch alles so im Kopf. „die Masse zwanzig Minuten ruhen lassen …“, stand da, aber wer hat schon zwanzig Minuten Ruhe, wenn die hungrige Familie an der Tür kratzt?
Ich kippte matschige Brösel auf ein angefeuchtetes Leinentuch, rollte eine dicke Wurst und versenkte diese in kochendem Wasser. Mit Hilfe einiger nachdrücklicher Schubbser mit dem Kochlöffelstiel blieb die Knödelwurst im Wasser und als der Wecker klingelte, hob ich siegesgewiss den Topfdeckel. Im brodelnden Wasser schwammen zwischen Fettaugen dicke Brocken und das Leinentuch wedelte mir fröhlich entgegen. Die Mitte der Wurst hatte sich gelöst, doch noch schien der Serviettenknödel zu retten.
Mein Optimismus verflüchtigte sich augenblicklich beim Lösen der fachfrauisch geknüpften Achterknoten an den Leintuchwurstenden: im Inneren eine eher nicht homogene Masse, die noch immer stark dem ähnelte, was ich vor dem Kochen in das Tuch gerollt hatte: matschige Bröckchen, jetzt aber viel besser durchfeuchtet. Heiß dampfend und dabei sehr lecker duftend.
Nach einigen Wuttränen beschloss ich nicht aufzugeben. Ich presste und quetschte soviel trübes Wasser wie möglich aus der Masse, ließ eine Menge Dörrfleisch in der Pfanne aus und kippte das Zeug dazu. Nach knapp fühnfzehn Minuten waren sämtliche Bröckchen hübsch angebräunt und der Duft hatte die hungrige Familie an den Tisch getrieben.

Kotze mit Speck, aber laut Familie absolut genießbar und lecker.

Werde ich in dieser Form eher nicht mehr kochen. Und vielleicht ist die allerbeste Freundin ja ein Schatz und rückt das idiotensichere Rezept, in dem präzise beschrieben wird, wieviele Brötchen man kleinschneiden soll, nochmals heraus. Baguette. Pffff.

 

*****

 

Und dann wollte ich noch rasch erzählen, dass ich die Zeitfresser aus meinem Leben werfen will und deshalb nur etwa drei Stunden schimpfend und mit nun sehr wehem Lösch-Zeigefinger auf dem Sofa saß und sämtliche fb-postings löschte. Ein komfortables „delete all“ hat Mr. Zuckerberg in weiser Vorraussicht nicht programmieren lassen, stattdessen muss jeder Eintrag einzeln angeklickt werden. Und danach der obligatorische „Bis du sicher, dass du das wirklich, ganz in echt und unwiderbringlich löschen willst? ECHT JETZT?“- Button betätigt werden muss. Ätzend. Immerhin ließen sich die Bilder gesammelt in den Alben löschen. Und jetzt isse fast leer, die Facebook-Seite der Frau Mutti und auch wenn mir manchmal doch ein bißchen Wehmut den Finger zucken ließ, weil so manch anregender, witziger Ausstausch wirklich, ganz in echt und unwiderbringlich, ECHT JETZT!! verschwunden ist … das ist schon gut so. Es gibt ja auch immer noch Instagram und, jajamalwieder, Twitter. Und dieses kleine, feine, meine Blog. Und natürlich der Weihnachtsmarkt in Dezember, für den ich nun doch endlich das Nähen beginnen sollte.

Versuchen Sie doch mal, ihren Account bei facebook zu deaktivieren! Tränendrüsendrückend werden Sie augenblicklich informiert, welche Freunde Sie fortan  schrecklich vermissen werden. Probieren Sie´s mal aus, kaputt können Sie nix machen. So rasch löscht man keinen Account.

 

*****

(das Töchterlein ist wohlbehalten aus der Ferne wieder heimgekehrt, hat viele Geschichten und verdächtig bunte und sehr süße Sachen, die angeblich essbar sind, mitgebracht. Schön ist das und dass ich seit einigen Nächten nicht mehr richtig schlafen kann, muss also andere Ursachen haben.)

27 Kommentare zu “Kotze mit Speck”

  1. allerbeste Freundin sagt:

    Ha, zu Weihnachten spätestens kommt das Rezept wieder zum Vorschein, und der Große darf helfen beim Matschen. Ich liebe Traditionen!

  2. allerbeste Freundin sagt:

    Huch, kein Captca!? Wie einfach, da kann ja sogar ich nichts mehr falsch machen…

  3. Mme Ouvrage sagt:

    das ist aber ein zartes Pfännchen – da wird doch keine Familie von satt. Oder gab’s noch mehr Kotze… Schon mal dran gedacht, ein Kochbuch zu schreiben, meine Liebe?

  4. das Nordlicht sagt:

    War es denn auf FB oder hier, dass ich um ein Filtertütenrocktutorial bettelte? Jedenfalls, ich würde mich SEHR freuen, wenn es das irgendwann mal geben würde -wo auch immer. Ihre Röcke gefallen mir nämlich immer sehr!

  5. Papierblümchen sagt:

    Sieht schon ein bischen merkwürdig aus, ihr Essen … aber meist ist es gerade das, was gut schmeckt.

    Mir geht es oft so mit grünen Klösen – wenn man da die falschen Kartoffeln erwischt hat man einen Topf Rotz – der noch etwas nachgewürzt ein leckeres Rotzsüppchen ergibt. Also, fals sie mal ein Kochbuch schreiben sollten, biete ich zu Kotze mit Speck noch das Rotzsüppchen. :-)

  6. sabine sagt:

    Und ich hätte da noch eine Lasagnesuppe anzubieten…dabei hatte ich nur geringfügig die Mengen im Rezept geändert, komisch….
    Der Herr Alfons und ich haben jetzt jedenfalls herzlich gelacht über die Kotze…und fast sind wir ein bißchen traurig, dass wir das nicht in echt gesehen haben :), oder?
    LG aus Uerdingen!

  7. b.tina sagt:

    Puh…Frau…äh…Mutti,
    Der Titel war jetzt doch ein Schocker und ich habe kurz überlegt, ob ich überhaupt Einzelheiten wissen möchte…doch die Neugier war größer als der Ekel. Außerdem kam es ja dann doch nicht so schlimm, wie befürchtet.

    Das löschen Ihrer FBEinträge bestärkt mich mal wieder in meiner Meinung, dass ich FB nicht so dringend in meinem Leben benötige.

    Es grüßt Sie ganz herzlich
    Bettina

  8. Christine sagt:

    @ Papierblümchen
    Vielen Dank für den Kommentar, ich bin vor Lachen halb vom Sofa gekippt :D

  9. Kate sagt:

    Ochjeh, schade um die Semmeln und die Zutaten…
    Konnten Sie nicht nach einem gelingsicherem Rezept googeln?
    Hier wäre so eins:
    http://www.lecker.de/kochen/getreide/bildergalerie-2062401-nudeln-und-reis-kochen/Serviettenknoedel-Rezept-zum-Selbermachen.html
    Hoffe sie finden ihr altes Rezept doch noch wieder…

    LG
    Kate

  10. Frau aus Berlin sagt:

    Ach Frau Mutti, was für ein erheiternder Beitrag, der bei der hier gerade laufenden Krankheitswelle passt, wie die Faust auf’s Auge. ;-)
    Und ich mach mir keine Sorgen wegen Ihrer facebook-Abstinenz: IRGENDWO bleiben Sie uns doch erhalten.
    Es grüßt Sie aus Berlin – jetzt übrigens auch mit schickem Smartphone –
    die Vermieterin Susanne

  11. Frau aus Berlin sagt:

    Ach Frau Mutti, was für ein erheiternder Beitrag so früh am Morgen, der bei der hier laufenden Krankheitswelle passt wie die Faust auf’s Auge.
    Und über Ihre facebook-Abstinenz mache ich mir gar keine Gendanken: IRGENDWO bleiben Sie uns doch immer erhalten, oder?
    Es grüßt Sie aus Berlin – jetzt auch mit schickem Smartphone (und Kaninchen statt Hamster)
    die Vermieterin Susanne

  12. Ela sagt:

    Hallo, ich koche auch oft nach Geschmack und nicht nach Aussehen. Aber was mich interessiert, was ist aus den Samtvorhängen geworden? Haben sie den Waschgang einigermaßen überstanden?
    Ela

  13. MAIALI sagt:

    hui….sehr experimentelles gericht ;o)
    ich habe meinen account sehr gut löschen können. jaja, die facebookfarmer…
    ich mag fb nicht…aber war nicht so einfach das alles zu löschen.
    du wirst bald mail bekommen, das dich dieser und jender freund dolle vermisst…bla bla…und dann sollste auf den link klicken. NICHT MACHEN!!! das aktiviert deinen account dann wieder :o)

  14. Tine sagt:

    Fratzenbuch brauche ich nicht, habe ich für mich beschlossen. Soll der Sugardaddy doch woanders nach Daten und Informationen suchen.

    Wie lautet denn ihr Twitter Account?? Dort bin ich ganz gerne mal unterwegs und würde mich freuen, Sie dort zu treffen…

  15. Daniela sagt:

    Wetten dass, wenn Du die Kotze mit Speck nachbrauen möchtest (zum Beispiel für eine Halloween-Party) plötzlich einwandfreie Serviettenknödel dabei herauskommen?

  16. Birgit B. sagt:

    Aussehen tut es wirklich Horror. *grins*
    Das Süppchen von papierblümchen möcht ich dann gar nicht sehen.
    Dafür war ich am Sonntag mit Apfelkletsche statt Kuchen gesegnet, er wurde einfach nicht gar.
    Prima, dass das Kind wieder wohlbehalten da ist, aber die Schlaflosigkeit ist ja beunruhigend.
    Hoffebtlich wird’s bald besser.
    LG Birgit

  17. Birgit B. sagt:

    Wie toll, kein Buchstabenraten mehr. *freu*

  18. ulla sagt:

    oh, ich habe auch meinen account bei facebook gelöscht.das war ja sich nicht sooo schwierig, geärgert hat mich nur, dass es 14 Tage gebraucht hat, bis er tatsächlich gelöscht war. Hätte ich in diesen 14 Tagen mit meinem sehr beweglichen Zeigefinger auf besagten Knopf gedrückt, wäre er wieder da gewesen. facebook hat es gar nicht gerne wenn man sich von ihm trennt. Aber ich wollte auch kein Mitglied dieses Vereins bleiben, es ist einfach zu oberflächlich. Soviel Freunde braucht kein Mensch.In diesem Sinne und gutes Gelingen mit dem richtigen Rezept. Habe herzlich gelacht.

  19. Petra sagt:

    Oh – „Kotze mit Speck“ klingt ja fast so lecker wie „falsches Gehirn“, das meine Mutter so gerne kocht/brät/wasauchimmer.
    Was außer Hackfleisch, Tomaten und verquirltem Ei in diesem falschen Gehirn drin steckt, weiß ich nicht und wills auch gar nicht wissen, aber ich bin mir sicher, dass Kotze mit Speck besser schmeckt.
    Überhaupt schmeckt so ziemlich alles besser als das falsche Gehirn (und auch sonst fast alles, was meine Mutter kocht).

    Liebe Grüße,
    Petra

  20. creezy sagt:

    Gut, das sieht zwar unmöglich aus aber das sieht Labskaus ja auch! ;-) Ich verstehe aber den Frust sehr sehr gut, manchmal sind Serviettenknödel auch ein Ding der Unmöglichkeit, zickig wie eine Wurstsemmel auf Wurstentzug. ;-)

    Dein Hinweis gestern auf Facebook hat mich zumindest daran erinnert, mal wieder die Vergangenheit dort aufzuräumen. It’s a crap! Noch höflich formuliert. Stimmt zu viel Lebenszeit vertrödelt man mittlerweile hier und dort. Aber diese Schwierigkeit den Account zu löschen, den bieten alle SM-Dienste. ALLE! Das ist keine FB-Erfindung. Und wer glaubt, nach 14 Tage draußen zu sein, der freue sich schon auf Nachfrage-Mails in sechs Monaten …

  21. steffi sagt:

    danke für den lacher des tages….. ich freu mich auf mehr blog

    lg
    steffi

  22. Andrea sagt:

    Ich habe nicht mal einen FB-Account, den ich löschen könnte! Dennoch erhalte ich ab und an Freundschafts-Anfragen per Mail. Sehr merkwürdig das.

    Ihre neueste kulinarische Kreation sieht…ähm…etwas unappetitlich aus. Aber das „echte“ Rezept teilen Sie dann hoffentlich mit uns, ja?!

    LG Andrea

  23. Maufeline sagt:

    Kotze mit Speck ist super :-)
    Wir hatten mal ein Essen welches mein Gatte mit Befremden betrachtet hat- es war Reis mit einer Art Curry und Schnittlauch zusammengemixt. Damals (vor etwa 10 Jahren) hab ich noch nicht so oft „ausländisch“ gekocht, und was der Bauer nicht kennt und so…
    Er fragte dann was das sein soll, und ich hab es „gelb mit grün“ genannt, denn genau das war es- Ich wollte dass er erst mal probiert bevor er IIIH sagt, und deswegen hab ich nicht sagen wollen was da genau drin ist… Er hat es gegessen, und es hat geschmeckt. Gelb mit grün. Nicht ganz so poetisch wie Kotze mit Speck, alerdings…

  24. Alltagsheldin sagt:

    *lach* Äh, ja. Wirklich appetitlich schaut das Gebrutzelte echt nicht aus, aber nun, wenn es geschmeckt hat… hihi … Da haben Sie sich ja ganz schön Mühe gegeben, es doch noch zu retten. Gut, dass das geklappt hat – auch wenn nicht optisch. Gnihihihihi

    Was FB angeht: Die Überlegung hab ich auch schon gestartet, aber meine Zeit dort beschränkt sich (mittlerweile) auf ein Minimum. Alle Spiele gesperrt und gelöscht und überhaupt. Schon geht es besser :-)

  25. Talamascka sagt:

    Wir verarbeiten unsere Brötchen gern auch so: http://www.kochbar.de/rezept/289168/schweizer-Kaese-Brot-Auflauf-Ramequin.html
    Geht ganz schnell und ist lecker.

  26. moni sagt:

    Hauptsache ist, der BLOG bleibt!!!!
    Und jetzt gehe ich noch auf Twitter suchen, wenn ich darf. ;-)

    Auch wenn nei den Serviettenknödeln „das Auge außen vor“ gebieben ist, wenn’s doch geschmeckt hat und alle satt geworden sind, war es doch okay.
    Liebe Grüße
    moni

  27. Meli sagt:

    Ihh… Der Titel und Name des Gerichts ist ja schon ein bisschen eklig! Aber, solange es schmeckt, guten Hunger ;)