Donnerstag.
14. März 2013
Frau Brüllen fragt: “Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?”
Der Donnerstag ist mein Tag. Seit einigen Jahren, als der „Oma und Opa“-Tag eingeführt wurde, muss ich am Donnerstag nicht kochen, kann schweigen oder lauthals singen, kann beim Essen die Füße auf den Tisch legen oder um elf Uhr morgens ein Mittagsschläfchen machen, wenn es mir danach gelüstet.
Mittlerweile ist es ja leider ein „Opa ohne Oma“-Tag geworden, doch geändert hat sich nichts. Die hinreissenden Bestien schauen nach der Schule kurz in die Grüne Villa, sagen Hallo und geben mir eine kurze Zusammenfassung. Dann verschwinden sie, um bei und mit Opa zu kochen und zu essen. Sie erledigen dort ihre Hausaufgaben und danach gehen sie mit Opa spazieren und lassen sich Schwänke aus Opas Jugend erzählen. Das kann der nämlich gut und je älter die Kinder werden, desto mehr interessieren sie sich dafür, wie Nierstein früher aussah, wann aus der zauberhaften „Käsgass“ eine langweilige Uttrichstraße wurde und wer wie mit wem verwandt ist. Halb Nierstein ist miteinander verwandt. Die andere Hälfte ist zugezogen und hat zum Glück frisches Blut in den Genpool gebracht.
Gegen halb zehn kommen alle drei wieder heim.
Doch ich soll ja berichten, was ich den ganzen Tag mache.
Meistens arbeite ich im Nähzimmer. Heute auch, Taschen wollen genäht werden und fünf Osterhasen gestickt. Während die Maschinen rattern lasse ich mich von irgendeiner Serie berieseln, derzeit ist es „Breaking Bad“, unglücklicherweise schon die fünfte Staffel und ich mag doch gar nicht auf eine Fortsetzung warten! (die Serien dudeln auf dem iPad über watchever, nette Sache, weil auch unterwegs im offline-Modus möglich.)
Begonnen habe ich den Tag heute allerdings beim Hausarzt, der mir ein Röhrchen Blut zur Bestimmung meiner Kreatininwerte abzapfte. Ich mag meinen Hausarzt sehr, denn er regt sich so hübsch über krude Verordnungen auf. Heute zum Beispiel erzählte er mir, dass es Kontrastmittel gäbe, die die Nieren nicht beanspruchen würden. Die seien allerdings teuerer als die anderen, weswegen dann eben dieser Test im Vorfeld verlangt würde, um die billigeren verwenden zu können. Um die Kreatininwerte bestimmen zu können, müsse er einen Ausschluss von Nieren-Insuffizienz beantragen, was natürlich besonders witzig ist, weil ich einfach nur einen Knubbel in der Hand habe. Der Kreatinintest kostet 45 Cent, die Bürokratie drumherum mehr als ein teureres Kontrastmittel. Ich gehe immer grinsend aus der Arztpraxis. (irgendwann, als diese Liste mit den Codierungen der Krankheiten für Krankmeldungen herauskam, erzählte er mir, dass es keine Codierung für „Entfernung der Gallenblase“ gäbe, wohl aber eine für „Zustand nach Enthauptung“.)
Morgen kann ich mein Ergebnis abholen und meine Nieren werden wohl in Ordnung sein.
Jetzt sitze ich im Nähzimmer, habe eine Kanne Tee, sehe zögerlichen Schneefall beim Blick aus dem Fenster und eine rote Katze, die eine getigerte Katze belauert, die eine schwarze Katze belauert. Und kein Handy zur Hand, um für #dailycatcontent auf Instagram zu sorgen. Nun denn, lasset das Nähen beginnen.
(Enden wird der Tag auf dem Sofa, zusammen mit lieben Freunden. Unspektakulär, aber schön.)
14. März 2013 um 21:48
Das gefällt mir, „Zustand nach Enthaupten“; entspricht meinem momentanen Zustand nach spontanem Ess- und Trinkgelage mit lieben Nachbarn. Hrgn, morgen früh ist der Zustand wahrscheinlich dann in Richtung „Zustand nach dem erfüllten Wunsch, enthauptet worden zu sein“. Gute Nacht….
16. März 2013 um 09:16
Schön so ein Tag für sich.
LG Birgit