kurz.

10. April 2013

Eigentlich sitze ich am Rechner, weil diese Kolumne da geschrieben werden will. Klappt aber nicht, weil es eine schreckliche Vorgabe gibt: 2500 Zeichen. Heute morgen schrieb ich munter drauf los, schwafelte, beschrieb und benutzte heißgeliebte Füllwörter. Irgendwann kurz vor der Pointe stellte ich fest, dass ich bereits über 3000 Zeichen getippt hatte. Mist. Ich begann zu löschen, umzuformulieren, neue Sätze zu bilden, Passagen wegzulassen und speicherte schließlich entnervt unter „später überarbeiten“.

Beim nächsten Versuch war ich gehemmt. Hatte die magischen 2500 Zeichen im Hinterkopf. Und endete unter 2000 mit einer Geschichte, die mir nicht gefiel, die nicht rund war und völlig unlustig. Ich speicherte unter „später überarbeiten“ und ging das Wunschessen des jüngsten Sohnes kochen: eine Tomatensuppe mit Kokos und Ingwer, dazu frisches Naanbrot. Das klappte gut, die Suppe kochte nicht über, der Teig für´s Brot ging wunderbar auf und der Jüngste aß begeistert.

Nach dem Mittagessen grübelte ich über ein neues Thema oder wenigstens über Variationen zum bereits geschriebenen und schlief darüber auf dem Sofa ein. Alte Menschen brauchen eben ein Nickerchen. Die Inspiration kam nicht im Schlaf, weswegen ich Aufschieberitis entwickelte und mich quer durch meine Lieblingsblogs las.

Besonders gefallen hat mir, was Frau Bogdan schreibt: „Besser ist das“ heißen die Artikel, die eine ganze Serie werden.

erster Teil: Einleitung

zweiter Teil: Fleisch

dritter Teil : Gemüse

Sie schreibt ziemlich genau das, was mir seit Tagen/Wochen/Monaten zum Thema Ernährung im Kopf herumschwirrt. Seit ich relativ plötzlich eine Lactose-Sache entwickelt habe und ein bißchen genauer darauf achten muss, wie ich koche und was ich esse. Vielen Dank, Frau Bogdan, ich freue mich auf die Fortsetzung(en).

*****

Und weil ich manchmal ein bißchen böse bin, prophezeie ich hiermit, das HSP das neue ADHS ist, dass das neue Indigokind, dass das höchstbegabte Kind war. Ich las einen sehr eindringlichen, aufrüttelnden Blogartikel einer Mutter eines betroffenen Kindes und amüsierte mich, nachdem ich kräftig geschluckt hatte,  folgend über die Reaktionen. Offenbar gibt es rasend viele HSP-Kinder und -Mütter.

Es ist immer wieder erstaunlich zu beobachten, wie diese „Wellen“ durch das Netz schwappen und es direktpassende „Bin ich selbst/ist mein Kind …“-Tests dafür gibt.

(Bitte befragen Sie Herrn Google, wenn Sie oben genannte Begriffe nicht kennen.)

Liebe Mutter des betroffenen Kindes, die Du hier vielleicht liest und nun sauer bist: ich mache mich nicht über Dich lustig, das könnte ich mir nie erlauben, denn ich war heilfroh, als mein anderes Kind, damals eine Art Diagnose bekam. So konnte wenigstens mir und anderen Vieles erklärt werden. Geändert hat die Diagnose natürlich nichts, denn zu wissen was es ist, ist keine Lösung von Problemen. Euch alles Gute!

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Mittlerweile habe ich meinen Schreib-Motivations-Tee fast ausgetrunken und aus dem „kurz.“ ist eine „eher lang“ geworden, im Aufschieben bin ich heute wirklich spitze.

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Ich wollte es ja lassen. Nein, besser: ich SOLLTE es ja lassen, doch ich werde trotzdem nochmal über den dicken Martin schreiben, denn obwohl ich längst weiß und oft erfahren habe, dass Trolle nicht gefüttert und polarisierende Themen nicht bedient werden dürfen, es ist mir ein Bedürfnis. Auch die Menschen, die hier wirklich freundliche Dinge schreiben, mit denen sie mich vor lästernden Pralinen (siehe Kommentare letzter Artikel) verteidigen wollen, kennen mich nicht. Und deshalb danke ich freundlich, bitte aber darum, mich nicht zu verteidigen.

Wir haben uns entschieden, dass ein kranker Kater bei uns nicht gut leben kann. Er sollte kein Freigänger sein, damit man seine Urinmengen kontrollieren kann. Und kontrollieren kann, was er frisst. Hier gibt es eine Katzenklappe, durch die einige Katzen ein- und ausgehen, die darf nicht geschlossen werden. Martin hat sein spezielles Diätfutter hier gefressen, doch ich bin mir sicher, dass er sich bei den Nachbarn am Napf mit für ihm „bösem“ Futter vollgestopft hat, denn er fraß eher wenig. (was gutes und böses Futter ist, ist schon wieder ein Diskussionsthema. Mist.) Obendrein hatte er ziemlich Stress, weil er die defensivste Katze der Welt ist und alle anderen hier bei uns und in der Gegend lebenden Katzen das wussten und scheinbar toll fanden. Auch der süße Franz. Hätte ich Franz weggeben, weil er den Martin kloppte, wie hätten Sie dann reagiert? Mir homöopathische Tropfen angeboten? Harmonisierende Massagen oder Bioresonanzschlafkörbchen empfohlen? Wir haben beinahe alles ausprobiert, nebenbei bemerkt.

Diese junge Tierärztin, bei der er jetzt lebt, wird keine Versuche mit ihm veranstalten. Und sie wird ihn auch nicht über Gebühr quälen. Und ich vetraue darauf, dass sie weiß, wann es genug ist. Ich persönlich halte sie sogar für ein bißchen zu idealistisch, denn sie wird wohl noch lernen müssen, dass sie nicht jedes kranke Tier retten kann.

Was Informationen über Martin anbelangt: in einem Jahr muss Franz zur Auffrisch-Impfung. Vorher … erfahren wir nichts. WOLLEN wir auch nichts erfahren. Das Kapitel Martin ist beendet. Er fehlt uns, wir vermissen seinen Eulenblick und sein wimmerndes „MiiiIIIiii“, wenn er schier am Verhungern war. Wir wünschten, wir könnten sein unglaublich zartes, dichtes Fell kraulen und an der Kehle fühlen, ob er schnurrt. Wir haben einige Katzen verloren, seit wir unter die Haustierbesitzer gegangen sind und jedes Mal war es schlimm. Und jedes Mal ging das Leben weiter, denn jedes Mal war es eben … nur ein Tier. Ein geliebtes zwar, aber nicht unser einziger Lebensinhalt. So sind wir. Das ändern Sie nicht. Und Sie auch nicht.

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Es fehlt noch ein munterer, humoristischer Satz, der das „kurz.“ abrundet, doch mir will nichts einfallen. Außer vielleicht: ich lerne jetzt häkeln. (kein verspäteter Aprilscherz.)

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Und weil es so schön ist und so wahr. Der Herr Kinderdok zum Thema Twitter. Fühlen Sie sich gefavt.

21 Kommentare zu “kurz.”

  1. Frische Brise sagt:

    Ac, Frau Mutti, KURZ können Sie halt nicht ;-)

    Und das ist auch gut so. Danke für jedes einzelne Wort!

  2. Frische Brise sagt:

    Ich kaufe ein „h“.

  3. Tagpflückerin sagt:

    Das finde ich gut, dass wir Pralines Kommentar auch lesen dürfen, aös unbekannte Bloggerin ist es schwer vorstellbar, was Trolle so von sich geben (zum Glück). Gestern habe ich mal nach Abtretungsvertrag gegoogelt, jetzt suche ich gleich mal nach HSP. Jeden Tag lerne ich was dazu :-). Ich hatte ja das Gefühl, dass AVWS das neue ADHS ist, HSP kenne ich ja noch nicht ;-).
    glg Petra

  4. nordlicht sagt:

    … und dass Sie jetzt häkeln lernen, finde ich prima, ich bin auch gerade dabei. Der allseits bekannte Videokanal bietet da eine Hülle und Fülle an Anleitungs- und Erklärvideos.
    Ich wünsche Ihnen dabei ebenso viel Spaß, wie ich ihn gerade habe!

  5. Petra sagt:

    Ach du lieber Himmel. Und ich dachte, die Dame, mit der ich vor einiger Zeit beruflich zu tun hatte, sei nur besonders exaltiert. HSP also. Hm, ja. Wieder was gelernt, danke für die Info.

  6. patty sagt:

    ..als ich den Blog-Eintrag (nicht) genannter Bloggerin las und dann später noch die Kommentare, dachte ich auch „Aha..AD(H)S ist nun wohl out, HSP ist in“..

    Frau…äh…Mutti, kurz ist nicht wirklich Ihr Ding, aber das ist auch gut so!! :)

  7. annie sagt:

    ich bin auch so eine HSP- Mutti… bzw. habe ein etwas anderes Kind und versuche, das zu verstehen und damit gut umzugehen. Mir selbst fällt auf, dass ich große Probleme damit habe, dem Ganzen den einen Namen zu geben und dann ist gut… das Schlimme ist eigentlich, dass damit das Problem wirklich nicht gelöst ist, sondern (zumindest bei mir und für mich) ein Signal gesetzt wird, das zeigt: hier funktioniert einfach was nicht, hier komme ich mit den alt hergebrachten und gesellschaftlich anerkannten Methoden nicht weiter. Man kann das von außen leicht belächeln, aber hinter dem Suchen eines Namens (sei es HSP oder was auch immer) steckt oft viel mehr als bloße Ausrede.
    Viele Grüße

  8. mama06 sagt:

    ich musste bei HSP ziemlich breit grinsen, denn das was sie schreiben ging mir durch den Kopf als ich den Blog las.
    Was ich auch dachte, sie hat etwas voran sie sich festhalten kann und ist ihrem letzten Satz den sie an die Mama richten sehr ähnlich.
    Ich wünsche ihnen viel Spaß beim häckeln lernen und auch sonst alles Gute.
    Liebe Grüße
    Stephanie

  9. Nette sagt:

    HOLY COW, was für ein Text und das kurz vor dem zu Bette gehen !!! Also ICH !!!
    Jetzt muß ich echt noch was googlen….
    Herzliche Grüße !!!

  10. Kat sagt:

    Ein sehr guter Blogeintrag!

  11. Sunni sagt:

    Liebe Frau Mutti, ich wollt`aber schon fragen „Sie meinen nicht die Pokerfreunde…?“ Besten Gruß, Sunni

  12. Antje sagt:

    Ich wollte eigentlich etwas über den Unterschied zwischen Katzen- und Hundebesitzer schreiben. Da ich dazu aber zuviel erklären bzw. schreiben müsste damit es keine Missverständnisse gibt wie genau ich das meine, lass ich es und geh jetzt nach HSP googeln. Möchte ja nicht dumm sterben und ggf. mitreden können ;)
    Einen schönen Donnerstag!

  13. Antje sagt:

    Ach, da kann ich ja schon lange mitreden und kannte nur die Abkürzung nicht ;)
    Mein kleiner Großer hat das mit 14 „diagnostiziert“ bekommen und nach einem halben Jahr Gesprächstherapie ganz toll in den „Griff“ bekommen! Hätte man es früher gewusst … (hätte, hätte, Würstchenkette) … wer weiß … ;)

  14. Klaudia sagt:

    .. Ich bekomme gerade auch ganz große Lust aufs Häkeln, bin schon gespannt, was Sie demnächst hervorzaubern werden. Häkeln ist ist nervenberuhigender als Stricken, sag ich nur, da können einem die Maschen nicht gleich ein Paar Stockwerke runter purzeln. Viel Spaß :-) Danke noch für die Martinsgeschichte, bei uns würde es auch so sein, bei fünf Freigängern kann man nie kontrollieren, was sie so nebenbei noch fremd konsumieren, von der Naturfutterstelle im angrenzenden Feld und den Gärten mal abgesehen! Schönen Frühlingsbeginn, wenn auch ein wenig verspätet, aber ich finde, jetzt schießt er gerade so richtig ein!

  15. Andrea sagt:

    Zum HSP und anderen ..bei SWR2 Wissen gibts einen interessanten Podcast zum Thema „Kinderkrankheiten“ (30.3.).
    Sonst sende ich nur ganz liebe Grüße
    Andrea

  16. Jutta sagt:

    Häkeln habe ich in der Schule gelernt. Schreiben hingegen nicht. Nicht so wie Sie zumindest..
    danke dafür,
    Jutta

  17. Tellerränder sagt:

    Ich will „Frau Mutti“ nicht ändern, ich will, dass sie bleibt wie sie ist. Eine Frau , die ganz oft Worte findet, die mir fehlen.

    Thema Troll: “ Was stört es denn die stolze Eiche, wenn ein Schwein sich an ihr kratzt.“

    Liebe Grüsse von Tellerränder, die jetzt häkeln geht

  18. aprikaner sagt:

    dann hoffe ich auf Häkelbilder demnächst!
    und google gleich mal

    Liebe Grüße
    anja

  19. Sternenkind sagt:

    Hallo Frau Mutti,

    sonst lese ich fast nur still mit und auch Onkel Google ist mir durchaus bekannt, aber ein Hinweis über HSP wäre es wert gewesen ausgeschrieben zu werden. Wenn man HSP sucht, bekomme ich als erstes Suchergebnis die „Hamburger Schreib-Probe“ und wie man darunter leiden kann… naja, so hab ich wenigstens noch etwas zu lachen gehabt am Abend.

    Ich wünsche Ihnen alles Gute für ihren Garten und alles was da noch kommt in der grünen Villa.

  20. Sylvia sagt:

    Ach, HIER macht „Praline“ weiter ! Ich fürchte, ich kenne sie – oder einen Klon von ihr.

    Ich musste kürzlich von einer kinderlosen „Praline“ seitenweise lesen, dass ich ALLES falsch mache mit meinen Kindern und SIE das sehr wohl beurteilen kann, da sie im Gegensatz zu mir nicht betriebsblind ist. Woher sie ihr Wissen über meine Kinder hat, weiß nur sie selbst….

    Die Bemerkung „es ist nur ein Tier“ ist wohl für manche Menschen unerträglich. Traurig, wenn man so extrem auf seine Tiere fixiert ist – oder sein muss mangels menschlicher Zuwendung. Und das sage ich als Zoodirektorin ;-)

    (Sorry, ist wohl etwas off topic !)

  21. Frau aus Berlin sagt:

    O je…!
    Das mit dem Martin hab ich ja jetzt erst mitbekommen…

    Ganz liebe Grüße aus Berlin

    Susanne