Es war mir von vornerein klar: ich würde die beste Gastmutter aller Zeiten sein. Immerhin hatte ich mein Nähzimmer zur Verfügung gestellt, dieses nicht nur ordentlich aufgeräumt und mit neuen Vorhängen aufgerüscht, sondern auch noch einen Strauß duftender Pfingstrosen aus dem Garten hineingestellt. Ich hatte ein hübsches Namensschildchen für das Handtuch im Bad gebastelt und einen Kuchen gebacken. (= backen lassen,vom besten Vater meiner Kinder einen Käsekuchen, von der Tochter einen Schoko-Nuss-Kuchen). Das Haus blitzte und blinkte und ich war mir völlig sicher, dass ich/wir der amerikanischen Austauschschülerin eine wunderbare, unvergessliche Zeit bereiten würden.

Hochmut kommt vor dem Fall. Diese blöden, alten Sprüche, in denen meist mehr als ein Körnchen Wahrheit steckt. Es kam nämlich alles ganz anders.

Als die Tochter mir kurz vor Anreise der Gasttochter erzählte, dass deren Haus nicht nur etwa dreimal so groß wie unseres, sondern auch eher schnickeldifrei sei, war ich kurz in Versuchung, ein paar Umzugskartons zu befüllen und in der Halle zwischenzulagern. Tat ich nicht, so sieht es eben bei uns aus: ein bißchen viel Kram überall, Liebgewonnenes, Erinnerungsträchtiges und dazwischen die Sachen, die da halt stehen.

Die Gasttochter reiste an.
Der Jet-Lag ist eine fiese Socke, wir zeigten ihr ihr Zimmer samt dem Bett, in welches sie dankbar sank. Gegen 16:00 Uhr allerdings schmiss ich sie unsanft wieder raus, immerhin sollte sie in unseren Rhythmus rutschen. Fand sie doof, kann ich verstehen. Ich erklärte ihr, dass sie vor 20:00 Uhr besser nicht mehr schlafen solle und die Tochter schleppte sie, nach einem Teller Spaghetti Bolognese, auf einen kleinen Spaziergang zum Rhein, die Hochwasserreste bestaunen. Danach gab es einen Film und kurz nach 20:00 Uhr durfte sie endlich wieder in ihr Bett.
Bis dahin hatten wir ca. fünf Sätze neben den erklärenden und vorstellenden Worten gewechselt.

Und sehr viel mehr ist es bisher auch nicht geworden. Die Gasttochter ist eher still und zurückgezogen, auch räumlich. Wenn wir sie nicht zu Unternehmungen zerren, liegt sie auf ihrem Bett. „I’m fine!“, sagt sie. Oder „I don’t care.“ „I’m not hungry.“, was ich ihr nicht glaube, ich denke, es schmeckt nicht. Weder die Tochter noch ich dringen zu ihr durch. sie interessiert sich für nichts,stellt keine Fragen, hat keine Wünsche. Und wir hampeln immer mehr, um ihr eine Reaktion zu entlocken.
Die Tochter ist mehr als erstaunt und äußerst verunsichert, denn sie hat sie in Amerika als ganz anderes Mädchen kennengelernt. Und sie schrieben sich beinahe täglich mails. Jetzt scheint da … nichts … zu sein.
Gestern trafen wir Tochters Freundin, bei der ebenfalls eine Austauschschülerin wohnt. „Ich hab keine Ahnung, was ich mit ihr noch machen soll, sie hat macht alles mit, hat aber eigentlich auf nix Lust.“, erzählte diese, genauso verunsichert wie die Tochter. Die beiden amerikanischen Mädchen zogen gemeinsam los, die beiden gastgebenden Mädchen ebenfalls und der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib blieben etwas ratlos zurück. Gemeinsam mit der Tochter haben wir Dinge ausgesucht, die uns Spaß machen und die wir gerne teilen möchten. Doch weder die Stijlmesse in Mainz, noch das örtliche Parklichterfest oder das mittelalterliche Treiben in Oppenheim trafen den Nerv.

Es passt überhaupt nicht zusammen.

Immerhin bin ich so weit, mich nicht mehr schuldig zu fühlen. (nur noch ein bißchen)

Heute reist sie mit 20 weiteren Ausstauschschülern und -schülerinnen, Richtung Süddeutschland bis Salzburg, Freitag kommt sie wieder. Danach gibt es von der Schule ausgesuchtes Programm, uns bleiben letztlich nur noch fünf Tage, die wir mit „so leben wir“ füllen können.

*****

Ich kann mich gut daran erinnern, als ich nach Amerika reiste. Ich war zwanzig und war in St. Louis mit einer Klassenkameradin verabredet, mit der ich bei deren ehemaligen AuPair-Eltern wohnen sollte. Nach einem sehr holperigen Flug mit viel Aufregung und Warterei und Rennerei zum Anschlussflug, nach knapp 23 Stunden Reisezeit, fiel ich dort ins Bett und kam etwa drei Tage nicht mehr heraus. Überwältigt von Müdigkeit und Fremdfühlen, von Unsicherheit und einer Sprache, die so anders klang als die, die ich in der Schule gelernt hatte.
Heimweh hatte ich keines, doch seit dem habe ich mich nie mehr irgendwo so fremd und fehl am Platz gefühlt.

Wenn es meiner Gasttochter genauso geht, dann tut sie mir von Herzen leid und ich hülfe ihr so gerne raus aus diesem Loch. Wenn sie das möchte.

21 Kommentare zu “Frau … äh … Gastmutti”

  1. Schneckchen sagt:

    Da beschreiben Sie genau das, was wir vor vielen Jahren mit einer franzoesischen Austauscchuelerin erlebt haben.
    Teils ist es Heimweh, teils die Unsicherheit „bei Fremden“ zu sein….zuhause ist jeder entspannter als wenn man selbst irgendwo zu Gast ist.

    Ihre Gasttochter wird den Aufenthalt bei Ihnen aber sich im Nachhinein als sehr schoen empfinden!

  2. Frische Brise sagt:

    Ach ja, das kommt mir alles sehr bekannt vor.

    Ich hatte mich so auf unsere Austauschschüler gefreut. Ich wollte es ihnen nett machen und wollte ihnen ein schönes Stückchen von unserem Leben zeigen. Wir hatten einen Schüler aus Frankreich und einen aus den Niederlanden. Beide waren sehr still und es waren ihnen keine Gefühlsäußerungen zu entlocken. Der Niederländer hat immerhin mal gelacht, als wir eine Radtour gemacht haben und er mit vollem Karacho an mir vorbeigerollt kam.

    Ich war dann ganz froh um das straffe Programm von der Schule. So hatten wir letzten Endes nicht viel Zeit zu füllen.

    Ich fand es schade, habe meine Erwartungen nun aber für zukünftige Aufenthalte zurückgeschraubt.

  3. Kirschbluete sagt:

    Das ist wirklich schade. Unsere damalige fränzösische Austauschschülerin war ein aufgewecktes, flippiges Ding, die charakterlich total zu mir passte und auch nicht auf den Mund gefallen war.
    Als wir (Klasse und ich) vorher zu Besuch in Frankreich waren, war ich allerdings in einer anderen Familie untergebracht und dort konnte ich mich auch nur schwer einfinden und war eher so wie Eure jetzige Austauschschülerin.
    Bei mir lag’s an Schüchternheit und der Angst um peinliche Verständigungsprobleme. Auch wenn ich gefragt wurde, ob ich zu diesem oder jenem Lust hätte, habe ich immer dankend abgelehnt, um keine Umstände zu bereiten, um sich nicht verständigen zu müssen (da hatte ich echt ein Problem mit) um… was auch immer.
    Ausserdem waren die beiden Jungs dort 4 Jahre jünger als ich und hatten so gar kein Interesse daran, sich mit mir bzw. gemeinsam mit der Familie zu beschäftigen (die haben lieber mit Lego und Playstation gespielt)

    Wie lange wird sie denn bei Ihnen bleiben?

  4. Kirschbluete sagt:

    Das ist wirklich schade. Unsere damalige fränzösische Austauschschülerin war ein aufgewecktes, flippiges Ding, die charakterlich total zu mir passte und auch nicht auf den Mund gefallen war.
    Als wir (Klasse und ich) vorher zu Besuch in Frankreich waren, war ich allerdings in einer anderen Familie untergebracht und dort konnte ich mich auch nur schwer einfinden und war eher so wie Eure jetzige Austauschschülerin.
    Bei mir lag’s an Schüchternheit und der Angst um peinliche Verständigungsprobleme. Auch wenn ich gefragt wurde, ob ich zu diesem oder jenem Lust hätte, habe ich immer dankend abgelehnt, um keine Umstände zu bereiten, um sich nicht verständigen zu müssen (da hatte ich echt ein Problem mit) um… was auch immer.
    Ausserdem waren die beiden Jungs dort 4 Jahre jünger als ich und hatten so gar kein Interesse daran, sich mit mir bzw. gemeinsam mit der Familie zu beschäftigen (die haben lieber mit Lego und Playstation gespielt)

    Ich wünsche Ihnen, dass sich das Blatt doch noch wendet. Wenn nicht, nehmen Sie’s, wie’s ist und fühlen Sie sich nicht schuldig.

  5. Christina sagt:

    Liebe Frau Gastmutti,

    ähnlich erging es mir mit unserem ersten Austauschkind im März 2011. Ich hatte früher selbst einige Austausschüler aus Frankreich, Italien und Amerika und es sind teilweise echte Lebensfreundschaften entstanden.
    Auch eine Internetbekanntschaft wegen Ahnenforschung hat mir eine liebe Freundin beschert, die vor 4 Jahren hier als blinddate war, und weil es ihr so gut gefallen hatte blieb sie 2 Wochen, und ist sie im letzten Jahr nochmal mit Eltern und Nichte angerückt.
    Immer habe/hatte ich wunderschöne Erinnerungen daran.

    Als unser französisches Gastkind kam (ähnlich wie bei euch, Tochterkind war zuerst dort und total zufrieden) hatte ich mir auch solche Mühe gegeben, Blumen, Obst, Wasser und Süßigkeiten auf ein Tellerchen plaziert, den GG genötigt auch die letzten Stückchen Fußleisten endlich anzubringen und alles tiptop saubergefeudelt. Auch die Bettwäsche erst am Anreisetag aufgezogen, damit sie nach „frisch gewaschen“ riecht.

    Naja, wir hatten scheinbar die einzige erwischt, die nur auf Shoppen, Stylen und Party aus war. Leider konnten wir hier in der Gegend nur mit Natur dienen und das gefiel ihr gar nicht. Zu keinerlei Unternehmungen hatte sie Lust, ging zwar mit aber es war ihr anzusehen, wie doof sie es fand.

    Die Krönung war, sie hat die Bettwäsche abgezogen und auf Kissen und Inlet nach Flecken gesucht. Da war ich echt von den Socken. Glücklicherweise waren ja keine drauf, aber ich fand es schon schlimm das sie suchte.
    Sie hat auch alle Schränke im Gästezimmer durchgewühlt, also ich war echt bedient.
    Und meine Tochter war total enttäuscht. Hatten sie sich doch in Frankreich super verstanden. Allerdings merkte sie im Nachhinein, das die Schwester und die Mutter sich eigentlich mehr mit ihr beschäftigt hatten, bzw. die Freundinnen als sie.

    Naja, so war das erste Mal. Beim zweiten Mal hatten wir ein supernettes Mädchen aus Mexico, die etwas für die „blöde“ Französin entschädigte. Demnächst kriegt mein Sohn einen Austauschschüler aus Polen, vielleicht wird auch das besser?

    Wäre die Mexikanerin ähnlich drauf gewesen wie die Französin, ich hätte meine Karriere als Supergastmutter beendet. Aber ich hoffe immernoch darauf, das wir noch mal so jemand kriegen, wie meine damals waren. Und da gab es gar keinen extra Luxus und trotzdem hat es ihnen gefallen.

    Vielleicht taut sie ja noch auf und ansonsten sind es ja nur noch 5 Tage.
    Trotzdem schade.

    Eine Bekannte die schon viele Austauschschüler aus Südamerika hatte (auch über Monate) macht überhaupt keine Extras mehr mit ihnen, das mache ja die Schule sowieso, und außerdem verabreden sich die Schüler untereinander sowieso ständig, so das Familienprogramm eigentlich gar nicht gewollt ist.
    Die hatte z.B. einen Schüler aus Chile der sie mit den Worten „Ich weiß, das ihr alles N a z i s seid“ begrüßte und nach 3 Tagen das Bad von oben bis unten vollgek*tzt hatte, weil er die deutsche Gastschwester unter den Tisch trinken wollte. Da fand ich unsere Französin echt erträglich gegen.

    Trotzdem glaube ich, das es früher alles etwas einfacher war. Heutzutage sind die Ansprüche so hoch (wahrscheinlich von beiden Seiten) das es eigentlich unwahrscheinlich ist, das es so wie gewünscht wird.

    Auch die Handys tragen nicht unbedingt dazu bei, das gute Kontakte entstehen. Die Mexikaner hatten sich z.B. untereinander schneller verabredet, als die Gasteltern gucken konnten.

    Desillusioniert, aber immernoch mit etwas Hoffnung schicke ich beste Grüße

    PS.: Da fällt mir noch etwas ein, könnte sie vielleicht auch ein „Mädchenleiden“ haben, das hat unsere Tochter bei Freunden in Frankreich im letzten Jahr auch für 2 Tage ausgenockt. Da wollte sie auch nix sehen und hören, traute sich aber nicht der Familie zu sagen, was sie hat und der Vater dachte, die hat ja gar kein Interesse an irgendwas. Erst die Mutter (die gut deutsch spricht) konnte das dann mit mir klären.

    Christina

  6. Petra sagt:

    Liebe Frau Mutti, nach etlichen Begegnungen mit diversen Gastschülerinnen aus aller Herren Länder kann ich Ihnen und Ihrer Tochter nur raten : Stay cool ! Be nice ! Don`t run ! Leider neigen wir deutsche Gasteltern dazu, uns viel zu viele Gedanken um das fremde Kind zu machen, umgekehrt waren unsere Kinder im fernen Land tagelang irgendwo allein im Haus/in der Wohnung und keiner hat sich gekümmert (USA / Brasilien/ Frankreich, Italien…)Zum Glück haben wir die Austauschzeit ohne grössere Schäden überstanden und sind um ein paar Erfahrungen reicher geworden.
    Liebe Grüsse. Petra

  7. Ilsa sagt:

    Ich glaube, in diesem Alter interessiert man sich einfach noch nicht dafür, wie die anderen leben. Man ist unsicher, fühlt sich fremd, will das alles aber nicht zugeben und sehnt sich nach dem Vertrauten. Irgendwelche Sehenswürdigkeiten oder Bräuche im fremden Land sind einem völlig egal. Das kommt erst viel später.
    Ich selbst war mit sechzehn für drei Wochen in England in einer Familie. Ich war stumm wie ein Fisch und immer nur froh, wenn ich mit meiner mitgereisten Freundin oder der deutschen Gruppe zusammensein konnte.
    Meine Söhne haben sich in dem Alter einem Auslandsaufenthalt sogar komplett verweigert, obwohl das in der Schule sehr gefördert wurde. Dafür zogen sie dann nach dem Abitur alleine los in fremde Länder. Freiwillig und sehr kommunikativ und interessiert.
    Alles braucht seine Zeit, und die Pubertät ist nicht die beste Zeit.
    Liebe Grüße, Ilsa

  8. Ulrike sagt:

    Wie alt ist die Schülerin? Pubertät? Ganz ehrlich, ich würde mir da keine Gedanken drüber machen, wahrscheinlich ist sie gerade in der Nullbock-Phase, der Austausch erfolgte vermutlich nicht aus eigenem Wunsch heraus, sondern ist eine Aktion der Schule und dann macht man halt mit … Ihr Problem, wenn sie den Austausch nicht nutzt und ich würde das Verhalten nicht überbewerten. Ja, es ist undankbar, aber in dem Alter denkt man darüber nicht nach und Erwachsene nerven halt ;-)

  9. Inge sagt:

    Petras Erfahrungen kann ich komplett unterschreiben! Aber es enttäuscht auch noch beim 10.Mal – aber lieber eine von der „Null-Bock-Fraktion“ als eine, die nur Party, Jungs und Alkohol im Kopf hat. Fragen Sie mal Lehrer mit mehrjähriger Austauscherfahrung. 5 Tage gehen vorbei, schön einen Tag nach dem anderen angehen!
    Lieben Gruß. Inge

  10. Kirschbluete sagt:

    @Petra: Jetzt wo Du es sagst, es stimmt, damals in Frankreich war ich, waren wir (meine Klassenkameradinnen in den anderen Familien) auch oft allein zu Haus. Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht.
    Die Gastfamilie wohnte auf einem alten Hof, hatte Pferde, Katzen und einen schönen Teich, da schlich ich oft rum, wenn gerade keine Schulveranstaltung anstand und die Gasteltern nicht da waren.

  11. Ursula sagt:

    Ach Frau Mutti, hadern sie nicht. Ich würde sagen, so sind die meisten. Etwas überfordert von dem ganzen. Am besten kamen wir klar mit den Austauschschülern, wenn wir in der Gruppe etwas unternommen haben. Also immer andere Freunde mit Austauschschülern mitgenommen. Da fühlen sie sich nicht allein und gehen mehr aus sich raus. Kommt aber auf das jeweilige Kind an. Manche sind forscher, andere fühlen sich einfach fremd.
    LG Ursel

  12. Ursula sagt:

    Ähmm…überfordert bezieht sich auf die Schüler.

  13. Britta sagt:

    Genau das habe ich damals als Schülerin mit 14 bzw. 15 Jahren auch erlebt – sowohl mit meinem englischen als auch meinem französischen Pendant! Ich war jeweils zuerst dort und habe mich sehr wohl gefühlt in den Familien, und beide Mädchen waren munter und wir hatten sehr viel Spaß. Und die Gegenbesuche waren jeweils ein Desaster, als hätte man beide Mädchen mit einer 3-Wochen-Ration Valium abgefüllt! Meine Mutter hat damals auf Heimweh getippt und hatte wahrscheinlich Recht…
    Hilft alles nix – am besten, wie Petra schreibt: locker bleiben, nett und freundlich sein….
    Gruß, Britta

  14. Alltagsheldin sagt:

    Ohje, das ist ja wirklich schade. Ich wünsche Euch, dass sie vielleicht noch ein wenig auftaut und Ihr gemeinsam was unternehmen könnt, wo auch sie mit Feuereifer dabei ist…

    Liebe Grüße
    die Alltagsheldin

  15. Needle little Balance sagt:

    Aus Erfahrung (als Gastkind, als rückbesuchtes Gastgeberkind und später als Gastkindbetreuerin) kann ich nur sagen: relax. ;) Man möchte soviel „bieten“, dabei reicht der exotische Alltag oft völlig. Euer Gastkind muss erst einmal den totalen Kulturschock verdauen. „Unsere Amis“ (und Italiener, Algerier, Norweger, Mexikaner, Finnen, Luxemburger…) waren immer am glücklichsten im Rudel, also holt man sich am Besten zumindest ein weiteres Gastkind samt Gastgeberkind ins Haus und lässt die Mädels dann einfach machen.

    Wirf alle „gutes Essen“ Vorsätze über Bord und eine Packung TK-Pommes ins Backrohr, ein paar englischsprachige DVDs in den Player und wenn das Gastkind irgendwann bereit ist, selbstgemachten Holundersaft zu verkosten, verbucht das als absoluten Vertrauensbeweis! :-D

    Wenn ihr Brötchen und Erdnussbutter daheimhättet, wäre das auch hilfreich. Damit ist uns noch nie ein amerikanisches Gastkind verhungert, wenn es das seltsame selbstgekochte Essen bei uns nicht mochte.

  16. Brigitte/Weserkrabbe sagt:

    Oh oh, das erinnert mich doch glatt an die Austauschschülerin, die mal bei meinem Bruder zu Gast war. Das war auch nicht anders. Mein Bruder hat mit seiner Familie alles mögliche aufgestellt, ist mit ihr sogar an den Rhein gefahren und hat versucht ihr Deutschland zu zeigen und zu erklären. Aber außer, dass sie ihre Augen mal kurz im Auto geöffnet hat, um ein Foto vom Rhein zu machen, kam da nicht viel.Auf der anderen Seite habe ich eine junge Dame in der Verwandttschaft, die in Amerika zu Gast war und die sich genauso daneben benommen hat. Da haben die Gasteltern sich sehr bemüht, um ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen und sie hat es mit Lästerei und Undankbarkeit gedankt. Also, ist es wohl schwierig mit der Jugend von heute richtig umzugehen.

    lieben Gruß
    Brigitte die Weserkrabbe

  17. Brigitte sagt:

    Grämen Sie sich nicht, auch bei uns war es wie bei Ihnen. Ich habe rückblickend das Gefühl, die französische Austauschschülerin hat ihre Zeit überwiegend in unserem Bad verbracht und ich war in dem festen Glauben, es würde ihr bei uns überhaupt nicht gefallen, bis sie auf dem Weg zum Abschiedsabend im Auto Rotz und Wasser heulte, weil sie nicht weg wollte. ???????????????? So kann man sich täuschen im Leben.

  18. walküre sagt:

    Oh. Ich habe Ihren Tweets schon entnommen, dass die Chose nicht so ganz rund läuft, meine aber, Sie sollten sich wirklich keine Vorwürfe machen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Sie eine schlechte Gastgeberin sind.

  19. Christiane sagt:

    Schade, vielleicht wird´s ja noch entspannter! Wenn nicht, versuchen Sie´s doch beim nächsten Mal mit einer Austausch-Mutti aus dem Bloggerland. Ich bin mir sicher, das entschädigt Sie für Vieles ;O)
    Liebe Grüße,
    Christiane

  20. Kirschbluete sagt:

    Wie steht’s denn inzwischen mit der deutsch-amerikanischen Freundschaft? Gab es noch Annährung?

  21. Ringelstrümpfe sagt:

    Es hat nichts mit Ihnen zu tun, Frau Mutti. Sie, Ihre Familie, die Schule, das Land, die Natur, alles ist anders, as Ihre Gasttochter es erwartet hat. Fuer die Mehrheit der Amerikaner ist Deutschland gleich Bayern. Und zwar Bilderbuch-Bayern. Frauen tragen Dirndl, Männer Lederhosen und ueberall gibt es Almen, Berge und Schloesser ala Schwanstein. Getrunken wird Bier und gegessen Sauerkraut und Haxe. (Ich habe manche unserer Nachbarn bis heute nicht davon ueberzeugen koennen, dass Nordfriesland sehr wohl ein Teil Deutschlands ist und dass, ja, ich Deutsche bin. Auch wenn ich noch nie ein Dirndl getragen habe und noch nie im Leben eine Schweinshaxe gegessen habe!)
    Ihre junge Gasttochter „wusste“ genau, was sie erwartet – und nun ist alles anders. Vielleicht macht das Angst. Vielleicht fuehlt sie sich betrogen. Ihre Familie und Sie sind moeglicherweise gar keine „echten“ Deutschen.
    Ausserdem ist das Leben von Amerikanischen Jugendlichen wirklich ganz anders als das Deutsche. Schule ist bis um 3.30. Danach hat man Sport, Marching Band, Concert Band, oder andere Neigungsklassen in der Schule. Freizeit haben die kids eigentlich kaum. Und wenn sie Freizeit haben, dann treffen sie sich in der Mall, essen Pizza, daddeln oder ziehen einfach durch die Geschaefte. Auf dem Land, wo es keine Malls gibt, trifft man sich vor der Tankstelle, auf dem Parkplatz der Schule und trinkt Cola und knabbert Popcorn oder faehrt einfach im Auto durch die Strassen.
    Familienausfluege sind eh unueblich, aber wenn das Kind ein Auto hat, hoeren sie ganz auf.
    Wenn unser Sohn Besuch hat und ich frage, ob sie hungrig sind, bekomme ich auch immer die Antwort, I’m fine oder I don’t know oder I don’t care. Und waehrend unser Sohn alles moegliche zu Spielen vorschlaegt, kommt vom Besuchskind oft nur Schulterzucken und manchmal baut der eine mit Lego und der andere liest ein Buch. Und trotzdem hoeren wir am naechsten Tag von den Eltern immer iweder, wie toll es hier war und wieviel Spass sie hatten. (Hattem sie? Hab ich nicht gemerkt. Sahen eher gelangweilt aus.)

    All will be well. All will be well. All will certainly be well!

    Es sind halt nur zwei sehr verschiedene Kulturen, die da aufeinander prallen. Da die meisten Amerikaner glauben, es sei auf der ganzen Welt genau so wie in den USA, ist es oft schwierig, ueberhaupt zu verstehen, dass eine Kultur anders sein kann. Und auch fuer uns Deutsche, ist die Amerikansiche Kultur oft fremd.

    Ich hoffe, die letzten Tage waren dann doch noch ertraeglich.

    Liebe Gruesse von der anderen Seite,
    Ringel