Zelten, mal wieder

10. Juli 2013

Lieber Herr Buddenbohm,

Sie sind auf dem richtigen Weg. Zelten ist der weltbeste Urlaub mit Kindern, sogar mit größeren Kindern. Ich weiß das, ich war gerade vier Tage mit zwei eigenen und einem geliehenen Kind, pardon, es sind ja junge Heranwachsende, auf einem Zeltplatz.

Die Gepäckmenge ist erstaunlich. Noch erstaunlicher ist, dass die Dauer des Aufenthalts die Menge nicht beeinflusst. Nach wie vor wird der Kofferraum des Busses vollgestopft, egal ob für vier Tage oder zwei Wochen. (einzig das Alter und somit die Körpergröße wirken sich bei der Menge geringfügig aus, denn anfangs sind die Schlafsäcke kleiner, es reicht ein Kocher und wir schliefen gemütlich zu fünft im Zwei-Kabinen-Familienzelt. Heute brauchen wir zwei Kocher, ein weiteres zwei-Personen-Zelt und einen Stromanschluss am Campingplatz, denn überlebensnotwendiges, technisches Equipement will gefüttert werden.)
Eine vielversprechende Wettervorhersage und erfrischend uneitele Kinder hielten immerhin die mitzunehmenden Kleiderberge in Grenzen, pubertierende Knaben sind auch gerne bereit, eine Unterhose mehrere Tage zu tragen oder auf Schlafzeug zu verzichten, ein T-Shirt, das _einzige_ T-Shirt, tut es auch.
Wir reisten auf den Campingplatz Harfenmühle (ich wünschte, jemand nähme sich dieser Webseite an), wie wir das bereits seit mindestens zehn Jahren tun. Eine gruselige Vorstellung und der Schritt zum Dauerstellplatz mit Jägerzaun drumrum scheint ein kleiner zu sein.

Schon recht früh war uns klar, dass es (unseren) Kindern völlig egal ist, ob sie in heimischem oder sehr ausländischen Sand buddeln, ob das Wasser, das sie dazu brauchen, süß oder salzig ist und ob es unsere oder die spanische Sonne ist, vor der sie mit lästigem Eincremen und Sonnenhut geschützt werden mussten. Ebenfalls egal waren „normale“ Essenszeiten. Kinder die mit dem Sonnenaufgang aufstehen, sind vor dem Frühstücksbuffet hungrig, Eltern, die drei kleine Kinder in einem Speisesaal bändigen, bleiben hungrig oder verlieren kostbare Nerven. Hotelzimmer sind eng, die größeren zu teuer und überhaupt, diese ganze Urlaubssache kann sehr schnell, sehr teuer werden. Nicht drin, wenn eine Grüne Villa sanierungsbedürftig ist.
Verreisen wollten wir trotzdem, denn Urlaub zu Hause, am heimischen Baggersee, ist auch toll, doch dann sollte man noch rasch hier was streichen, dort etwas umgraben und gekocht, gespült, geputzt werden muss auch. Und schon befindet man sich im Alltag, mit einer ellenlangen Liste und ist froh, wenn die Ferien wieder rum sind.
Zelten ist günstig, Zelten ist ein Abenteuer und wenn das Wetter stimmt, ist der Erholungswert groß.
Der beste Vater meiner Kinder suchte und fand diesen Campingplatz Harfenmühle in einem ADAC-Reiseführer, der Campingplätze nach verschiedenen Kriterien sortiert und Sterne vergibt. Wir wollten Sand und Wasser, Wiesen und Bäume, gut erreichbar. Vier von fünf Sternen hatte der Platz, abgezogen war der Stern wegen veralteter, sanitärer Einrichtungen. Damit konnten wir leben.
Noch heute kann ich den Platz uneingeschränkt empfehlen, nicht nur weil es mittlerweile zwei niegelnagelneue Häuser mit Toiletten, Duschen und Waschkabinen gibt. Auch in diesem Jahr schleppte der Platzbetreiber täglich seinen zerbeulten, prall mit Edelsteinbruch gefüllten Blecheimer an den Bach, begrüßte die wartenden Kinder, scheuchte sie ans Ufer „und noch einen Schritt zurück!“ und warf den gesamten Inhalt des Eimers in den Bach. Ans flache Ufer für die Kleinen und hinter ins tiefe Wasser mit der heftigen Strömung für die Großen. Und einen ganz großen Brocken in den See.
Die tägliche Edelsteinsuche zog die Kindere einige Jahre lang dorthin. Und ja, wir haben etliche Einmachgläser und Schatzkisten voller Achate, Amethysten, Onyx und Bergkristalle. Nach wie vor geliebt und gehütet sind die unzähligen kleinen, rundgeschliffenen Edelsteine in allen Farben, die man nur findet, wenn man geduldig im Bachbett gräbt.
Die Edelsteinsuche war dieses Jahr nicht vorrangig, aber eine hübsche Ergänzung, für den See reichte ein Ball und für den Abend am Zelt ein Kartenspiel. Die Tochter hatte für jeden Tag ein Buch dabei, gelesen hat sie aber nur zwei, denn manchmal lagen wir einfach nur rum und schauten in den Himmel. Entspannung pur.
Morgens gab es Müsli, tagsüber bei Hunger Brötchen oder Obst, nachmittags gingen wir Eis essen und abends kochte ich auf zwei Trangia-Kochern ausgewogene Kost. (Tortelllini, Ravioli und Nudeln). Gespült wurde gemeinsam, genau das Programm, das wir seit Jahren so auf diesem Platz erleben.
Und genau das macht für mich den Reiz aus. Am Anfang der Sommerferien reise ich mit so vielen Kindern wie möglich (je mehr Kinder, desto stressfreier!), eigenen und geliehenen, mit deren Müttern oder eben nicht, für ein paar Tage dort hin. Zum Runterkommen, zum Ferienfeiern, zum „früh schlafen und früh aufstehen“-Rhythmus finden. In vertrauter Umgebung und doch weg von daheim, und wo ich trotzdem weiß, dass ich nur diesen Weg hoch muss, um zu den Toiletten zu kommen. Ich freue mich, die Enkel des Platzbetreibers größer werden zu sehen und bin gespannt, wie der Platz wächst und sich verändert. Nächstes Jahr soll es einen Barfußpfad geben. Aber den lernen wir wohl nicht kennen, denn dieses Jahr habe ich beim Abschied „das war das letzte Mal“ gesagt.
Wie letztes, vorletztes und vorvorletztes Mal auch.

Und wie jedes Mal nach dem Zelten empfinde ich es als schieren Luxus, mich auf einen Stuhl zu setzen. Oder ein Sofa! Mein Bett ist der weicheste, glatteste, ameisen- und spinnenfreieste Ort der Welt und dass ich zur nächsten Toilette nur ein paar Schritte, nachts sogar ohne Taschenlampe, gehen muss, macht mich glücklich. Das Spülen übernimmt wieder die Maschine und wenn ich meine Ruhe will, ist eine geschlossene Tür effektiver, als eine Zeltwand.

Schnell genießen, bald geht es wieder los, diesmal dann mit Wanderschuhen und Rucksack. Und auf einen unluxuriösen, steinigen Zeltplatz, ohne Schatten und sehr veralteten Sanitäranlagen. Aber ein gutes Bier gibt’s dort und nach dem Wandern mag ich sowieso nur noch schlafen, notfalls auch auf Steinen.

14 Kommentare zu “Zelten, mal wieder”

  1. Maufeline sagt:

    Ich finde Zelten auch sehr super :-) Dieses Wochenende zelten wir auch, aber in größerem Ausmaß, auch mit einem geliehenen Kind und drei eigenen, außerdem noch mittelalterlichen Klamotten und wir tun so als wären wir lange Zeit in der Vergangenheit ;-)
    Das nennt man dann zwar „Lagern“, aber ist im Grunde auch nix anderes…
    „Richtiges“ Zelten haben wir aus Zeitgründen schon lange nicht mehr gemcht, sollten es aber tun, finde ich, jetzt, wo das Jüngste kein Baby mehr ist…

    Liebe Grüße
    Katha

  2. Birgit B. sagt:

    Das liest sich wirklich gut, was du da schreibst.
    Aber öffentliche sanitäre Anlagen und Krabbeltiere hielten und halten mich vom zelten ab, ich kann mich einfach nicht überwinden.
    Haben dann mal ein Womo gemietet, mit Dusche und Toilette, das war super, teuer und ist nach wie vor mein Traum.
    Maufeline, euer Vorhaben hört sich auch echt romantisch an.
    LG Birgit

  3. Seifenfrau sagt:

    …spontan kommt mir da in den Sinn:
    „Oh, wie schön ist Panama.“

    Machensiesgut!

  4. Uschi sagt:

    Also das mit der Unterhose und dem einzigen T-Shirt beruhigt mich jetzt ungemein!!!

    Ich denke für das Flair eines Campingplatzes muss man etwas über haben…entweder man mag es oder man mag es nicht…wir mochten es auch eine Zeit lang. Inzwischen schätzen wir jedoch eher den Luxus einer Ferienwohnung…da aber auch immer auf ein wenig Individualität bedacht. „All inklusiv“ mag seine Vorteile haben…kommt für uns aber nie in Frage, das ist uns zu vorgefertigt!

    Viel Spaß beim Wandern…ich bin gespannt!

    LG Uschi

  5. Frau_Mahlzahn sagt:

    Oh ja! Genauso ist es!

    Sobald der Gips ab ist und ich wieder halbwegs laufen kann, werden wir uns auch aufmachen zum weltbesten Campingplatz. Unseren kann man sogar mit dem Fahrrad erreichen, ;-).

    So Long,
    Corinna

  6. Maximilian Buddenbohm sagt:

    Jetzt muss nur noch die Herzdame glauben, dass es der richtige Weg ist.

  7. Talamascka sagt:

    Oh, das klingt richtig gut! Wir sind viele Jahre im Urlaub mit unseren Kindern mit Auto und Zelt durch Europa gereist, immer nur ein paar Nächte an einem Fleck. Jetzt, wo sie aus dem Haus sind, genießen wir den Luxus eines Campingbusses (abends angekommen, nur noch das Dach aufzuklappen, ist einfach wundervoll). Wünsche eine tolle Wanderzeit!
    Conny

  8. Esther sagt:

    Liebe Frau Mutti!
    Diese Gelegenheit ergreife ich jetzt mal um mich wirklich recht herzlich für diesen tollen Tipp zu bedanken! Wir waren die letzten zwei Jahre jeweils für eine Woche auf diesem wundervollen Campingplatz, und das nur weil sie so schön darüber geschrieben haben. Danke! Dieses Jahr schaffen wir es leider nicht, was die Kinder ziemlich traurig macht, aber ich hoffe sehr, dass wir im nächsten Jahr wieder ein paar Edelsteine suchen können.
    Grüße
    Esther

  9. minibar sagt:

    Was für ein schöner Bericht über das Zelten.
    ich habe es noch nie getan.
    Lese aber gern solche Berichte.
    Dass Kinder , sorry, junge Leute sich auch sofort einleben ist ja toll.
    Weiter gute Ferien!

  10. Julia sagt:

    Eine schöne Liebeserklärung ans Zelten :-D
    Ich habe mich vor Jahren vom Freund überreden lassen, dies in Südfrankreich zu tun. Meine Vorstellung war nicht so toll … unbequem schlafen, der ganze Aufwand für den alltäglichen Kram (spülen, kochen, Sanitärzeugs …) und dann konnte ich hinterher nur sagen: Nie habe ich mich sooo gut erholt. Beschränkt auf das Notwendigste und den ganzen Tag an der frischen Luft – das ist runterkommen, entspannen, erholen pur, für Kopf und Körper. Und ja, auch das nach Hause kommen ist toll, den ganzen „Luxus“ einer festen Behausung danach wieder zu spüren verlängert das Erholen auch daheim.
    Ich liebe es!

  11. ichbindiegute sagt:

    Frau Mutti, Sie schreiben so schön, da wird einem ja ganz warm ums Herz und man will unbedingt sofort auf einer unbequemen Unterlage mit lauter achtbeinigem Getier liegen und den Mücken beim Summen zuhören. Sie haben doch schon öfter mal übers Zelten geschrieben, aber bei Ihnen kann man gar nicht suchen. Oder finde ich den Suchen-Button nur nicht? Ich würde gern die alten Zelten-Beiträge auch nochmal lesen.

  12. Pia sagt:

    oh.ah. ich staune und jubiliere. das ist gar nicht weit weg von uns und scheint dass zu sein, was wir brauchen. dankedankedanke.

  13. Julchen sagt:

    Eigentlich braucht man nur den Zeltplatz auszutauschen, den Rest kann ich für die letzten Tage so übernehmen. Wir waren auch vier Tage, irgendwo im Nirgendwo, sehr idyllisch, sehr rustikal, leicht alternativ angehaucht, aber noch nicht so sehr, dass es anstrengend wird.
    Und fanden es ganz großartig, aber die zwei Zelte weiter haben beschlosse, sowas bitteschön nie mehr wieder zu machen. Ist nicht für jeden was, lach.

    Sonnige Ferientage!

  14. Beate sagt:

    das hört sich wirklich toll an! ich habe gleich mal die homepage besucht und bin begeistert! vielleicht teilen mann und kind die begeisterung auch, dann könnten wir das nächstes jahr mal ausprobieren. auf jeden fall danke für den tipp!!!