Mittlerweile lebe ich seit fast zwanzig Jahren in Nierstein und bisher habe ich es noch nicht geschafft, das Sironabad zu besuchen. Allerhöchste Zeit, denn auf kleinem Fleck ballt sich da eine Menge Geschichte.
Ein bißchen was erzähle und zeige ich Ihnen heute, allerdings entschuldige ich mich für die eher mäßige Qualität der Bilder, im Bad war es dunkel :)

Am Ortsausgang Richtung Oppenheim auf der rechten Seite liegt das

Ziemlich unscheinbar und vielleicht fahren oder spazieren Sie direkt daran vorbei. Wenn sie vor dem China-Restaurant „Dynastie“ stehen, dann halten sie sich nach rechts, das Bad liegt direkt dahinter.

Zum Bad geht es – immer der Nase nach – eine steile Treppe nach unten.

Das Sironabad wurde von den Römern errichtet, eine Badehalle um zwei Schwefel- und zwei Süßwasserquellen herum. Bis heute hat man nicht den Ursprung der Schwefelquelle gefunden! Manche (Hobby)Historiker glauben, dass diese Quellen ursächlich für die ersten Ansiedlungen waren. Funde aus keltischer und frühgermanischer Zeit könnten dies belegen.

Die Quellen waren jahrhundertelang verschüttet und in Vergessenheit, erst 1802 fiel dem Leibarzt des Großharzigs von Hessen der starke Schwefelgeruch auf. Er empfahl die Errichtung eines Heilbades an der Mineralquelle.

1803 rekonstruierte der Belgier van der Velden die Brunnenanlage nach römischen Vorbild. Dies berichten drei eingemauerte Steinplatten.

Bei den Arbeiten wurden in einem Steinbecken Gipskugeln gefunden, in denen kupferne Münzen steckten. Darauf Protraits römischer Kaiser von 87 bis 267 nach Christi. Diese Münzen können im Museum in Trier besichtigt werden.

Der einzige, „echte“ Fund aus der Zeit der Römer, der im Bad gezeigt wird, ist der Votivstein mit der Inschrift

„Deo apollini et sironae iulia frontina V.S.L.L.M. (votum solvit libenter lubenter meritis)“

„Dem Gotte Apollo und der Sirona erfüllte Julia Frontina ihr Gelübde freudig und nach Gebühr.“

Sirona ist übrigens eine keltische Göttin. Wir erfuhrung bei der Führung, dass die Römer gerne Götter „adoptierten“. Sirona ist die Schutzgöttin der Heilquellen. Die ausgestellte Statue im Sironabad ist eine Nachbildung der Skulptur aus Bernkastel-Wittlich.

Wenn man sich ein paar Minuten im Bad aufhält, gewöhnt man sich beinahe an diesen fiesen Schwefelgeruch: faule Eier, muffig, eklig. (obendrein ist es sehr kühl, die Luftfeuchtigkeit aber erstaunlich niedrig)

Die Quelle enthält Schwefelwasserstoff, salzsaures und schwefelsaures Natron und Eisen. Dieses Gemisch ist gut für und gegen alles, soll aber vor allem Hautkrankheiten heilen, Brust- Unterleibs- und hämorrhoidalen Beschwerden, Rheuma und Gicht.

Obwohl uns keine der oben genannten Beschwerden quälen, als reine Prophylaxe quasi, füllten wir uns einen Becher. Um es nicht spannender als nötig zu machen: grau-en-haft. Was so schrecklich schmeckt, muss einfach gesund sein. Wir fühlten uns gleich sehr viel beschwingter nach einem Schluck faule-Eier-Wasser.

Sehr, sehr faszinierend nicht nur die Geschichte des Bades, sondern auch die feinen Wurzelstränge in einem Raum. Die riesige Platane über dem Sironabad erobert sich ihren Raum.

Das Sironabad ist sehr klein. In einer guten Stunde haben sie wirklich alles gesehen, in einer halben Stunde, wenn gelangweilte Kinder dabei sind. Anschauen sollte man es sich als Tourist in Nierstein trotzdem, weil es, zusammen mit der Weinlage „Niersteiner Glöck*“ zum römischen Erbe Niersteins gehört und Geschichte ist toll!

Nach der Besichtigung kann man (nicht so gut) im Dynastie etwas essen oder (besser) im Café gegenüber einkehren. Oder mit der Fähre über den Rhein fahren und den Geschichtskurs fortsetzen. Davon aber ein anderes Mal mehr.

 

*Die Glöck wurde 742 urkundlich zum ersten Mal erwähnt.

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