10. November

10. November 2015

Vor vielen Jahren, als die Kindelein noch klein waren, gab es noch echte, strenge Winter (manchmal, so zwei Wochen lang). Das war ein echter Grund zum Feiern, denn unterhalb des Neubaugebiets, das clevererweise in sumpfigen Gelände entstand (und dessen Bebauung mittlerweile dazu geführt hat, dass jedesmal, wenn eine neue Reihe Häuser gebaut wird, die darüber liegende Schäden im Mauerwerk davonträgt … aber ich schweife ab) befanden sich Entwässerungsbecken. Diese froren während der echten, strengen Winter zu, so dass die eigenen und auch viele fremde Kindelein sehr viel Spaß hatten. Mit und ohne Schlittschuhe, mit und ohne Hockeyschläger. Als die ersten Häuser im Neubaugebiet von jungen Familien bezogen wurden, dauerte es genau zwei Monate, bis ein drei Meter hoher Maschendrahtzaun um jedes Entwässerungsbecken gezogen wurde, inklusive eines sehr dicken Schlosses am Tor. Wegen der sehr großen Gefahr, die von solch einem offenen Gewässer für Kinder ausgeht. Der Spaß hatte damit ein Ende und es blieb eben nur dieses „hach, das war so toll!“, von Kinder- und Elternseite.

Warum mir das jetzt gerade einfällt, wo doch ein strenger Winter zwar erwartet aber noch gar nicht vorstellbar ist?

Dreieinhalb Tage lang war ich in den Niederlanden. Einem Land dessen Gegend und Städte kreuz und quer von Kanälen, Bächen und Grachten durchzogen sind. Am Ufer dieser Kanäle, Bäche und Grachten ist nichts. Kein Zaun, keine Mauer, keine Kette, nicht mal ein Warnschild. Entweder hat man sich in den Niederlanden daran gewöhnt, dass halt ständig Kinder ertrinken (<- das war – möglicherweise unpassender – Sarkasmus) oder man hat sich die Mühe gemacht, den Kindern a) schwimmen und b) einen aufmerksamen Umgang mit diesem Wasser überall beizubringen. Letzteres scheint mir sehr wahrscheinlich und stimmt mich gleichzeitig sehr nachdenklich.

Ist es tatsächlich der richtige Weg, den viele Eltern hierzulande begehen, sämtliche potentielle Gefahren  von den Kindern fernzuhalten? Ich spreche nicht von solchen Sachen wie Fahrradhelmen (die in Holland – für mich völlig unverständlich – keiner trägt) oder Knieschützern zum Inlinerfahren, sondern von den alltäglichen Dingen, die keine Gefahr böten, ließe man die Kinder lernen und üben.

*****

Holland war toll. Bunt und voll mit alten, schiefen Häusern. Es gab köstlichen Fisch und für das Zwischendurchhüngerchen Pommes mit irren Soßen. Freies Wi-Fi ist in Cafés und Restaurants eine Selbstverständlichkeit, davon dürfte sich Deutschland gerne eine Scheibchen abschneiden. Und es wäre sehr großartig wenn „Dille & Kamille“ in Mainz einen Laden öffnen würde. (Vielleicht besser nicht!, schreit mein Geldbeutel) Das Wetter war prima, egal wie es war, denn es gab immer ein Café, in das man sich rasch vor Regen flüchten konnte. Nach dem Tag an der Nordsee hatte ich Sand im BH und Salzkrusten an den Füßen und dieses Grinsen im Gesicht, das nur Wellen, Sturm und Salzluft zaubern können.

Unglücklicherweise ist Holland von uns eine kleine Weltreise entfernt, aber manchmal muss man die eben auf sich nehmen. Für ganz viel Novemberglück auf Vorrat.

9 Kommentare zu “10. November”

  1. DreiPunkteWerk sagt:

    Diese „Sorte“ heißt „Schneepflugeltern“, weil eben alles, was möglicherweise ein Hindernis oder eine Gefahr bedeuten könnte, vorsorglich aus dem Weg geräumt wird ;-)
    Grinsend,
    Kathrin

  2. Uschi sagt:

    Unglücklicherweise ist Frankreich von uns aus eine klitzekleine Weltreise entfernt und Dille & Kamille leider viel zu nah;-)…

    Was die ungesicherten Gräben und Grachten angeht: Ja, ich glaube in den Niederlanden wird mit „Wasser“ ganz anders umgegangen. Wasser war und ist seit jeher eine Gefahr, die mit großen Projekten (wie z.b. die Stormvloedkeering in Zeeland…da müssen wir dann demnächstmal hin!) gebannt wird, die aber auch seit jeher bekannt ist und vielleicht gerade deshalb die Kinder in den Niederlanden sehr früh und ganz anders schwimmen lernen. Unsere Kinder konnte ja in den Niederlanden Schwimmkurse besuchen und was die Beiden dort gelernt haben und mit knapp 6 Jahren bereits konnten, kann so mancher Erwachsener heute hierzulande noch nicht. Daher wünsche ich mir gerade in dieser Beziehung gerne einen Blick über den Tellerrand.

    Was das Tragen von Fahrradhelmen angeht…vielleicht verhält es sich da ähnlich wie mit dem Wasser. Radfahrer können in den Niederlanden sehr schnell sein und eine Gefahr darstellen, vielleicht geht man deshalb rücksichtsvoller mit ihnen um, anstatt sie einfach mit dem Auto umzufahren? Außerdem gibt es ein tolles Radwegnetz auf dem weniger Gefahren lauern…da müssen Radfahrer selten eine Straße mit Autos teilen!!! Vergleichszahlen der Unfallstatistik wären da sicher interessant.

    Gruß Uschi (die sich sehr freut, dass euer Urlaub so toll war!!!)

  3. Brigitte sagt:

    Wo haben Sie gelesen, dass es einen strengen Winter gibt? Ich habe heute das Gegenteil gehört.⛄❄

  4. Barbara sagt:

    Ja, das ist mir in Holland an den Schleusen und Drehbrücken zuerst aufgefallen. Hier in Deutschland wäre alles abgesichert und eingezäunt. Dort nicht. Dort kann sich jeder unvernünftig in Gefahr begeben. Aber auf diese Unvernunft kommt einfach gar keiner. Also keine Gefahr.

    LG Barbara

  5. Marie sagt:

    Guten Morgen!

    —> Fahrrradhelme werden generell in flacheren Landstrichen weniger getragen.
    Ich selbst (aus dem Flachland) sauste unbehelmt während meiner Lehr- und Wanderjahre ;) durch die Kreuznacher Hügellandschaft. Fand ich völlig ok, würde ich heute nicht mehr machen. Hier im Norden trage ich gewohnheitsmäßig keinen Helm.

    In Holland ist der gesamte Verkehr (inklusive der Fußgänger) auf Fahrradfahrer eingestellt und das ist der entscheidende Unterschied. Die Radler sind da. Schon immer. Und länger.
    Das ist einfach so, wird nicht in Frage gestellt und so fährt der durchschnittliche Autofahrer aufmerksamer – was die Anzahl der Unfälle vermindert – zusammen mit dem hervorragend ausgebauren Radwegnetz.

    Kein Plädoyer für oder wider der Helmpflicht – nur eine Zustandsbeschreibung.

    Schönen Gruß

    Marie

  6. Eva sagt:

    Liebe Frau Mutti,
    das mit Dille und Kamille stimmt schon, ich hätte auch gerne einen Laden in der Nähe – zum Beispiel in Stuttgart. Und dann muss ich sagen, dass Sie ja im Vergleich zu uns im Süden richtig nah an Holland sind…von uns aus ist es noch mehr Weltreise, leider.
    Übrigens war Frau landlebenblog.org kürzlich auch in Holland. Sie schrieb sehr nett über den anderen Umgang, z. B. mit Hunden, dort. Daran erinnerte ich mich gleich beim Lesen.
    Etwas mehr „Entspanntheit“ im täglichen Leben, ich glaube, davon könnte man sich eine Scheibe abschneiden.
    Es grüßt herzlich
    Eva

  7. Graugrüngelb sagt:

    Den anderen Umgang mit potentiellen Gefahren bewunderten wir vor Jahren in Island. Da gibt es auch Stellen, wo es sehr tief nach unten geht. Wenn man Glück hat, steht 100 m vorher ein Schild „Gefahr“ – aber ansonsten muss eben jeder aufpassen, wo er hinlatscht.

  8. foerdefaden sagt:

    Was mir in dieser Jahreszeit immer wieder auffällt: KEIN Kind hat mehr eine ECHTE Kerze in der Laterne. Zu gefährlich, aber auch zu unpraktisch – dann muss das Kind die Laterne nämlich vorsichtig tragen, damit die Kerze nicht ausgeht oder die Laterne abbrennt. Da könnte ein Kind glatt ein Trauma davon tragen… Unseren ist es passiert (damals, um die Jahrtausendwende). Klar, war das ein bisschen traurig, aber sie waren schwer beeindruckt und hatten etwas über den Umgang mit Feuer gelernt …
    Schönen Abend!

  9. BeaBehrens sagt:

    Liebe Frau Mutti,
    erst einmal mu0 ich ja sagen, dass ich froh, en Link zum Blog nicht gleich entfernt zu haben, denn siehe es war damals kein Abschied für immer und einiges habe ich ja auch immer gerne nocheinmal „nach gelesen“. Und jetzt bloggen Sie wieder, schön isses.
    Was die Gefahren und das helmtragen anbelangt: Ich war dieses Jahr mit der Tochter auf großer Radtozr durch Schweden. Und habe mir einen Helm gekauft und ihr ebenfalls einen aufgezwungen (und bezahlt, damit die Ausrede „arme Studentin..“ nicht greift). War in Schweden unnütz. Dort hat man ds Ziel „0 Verkehrstote“ und Rad- und Autoverkehr gut entflochten und die Autofahrer geben acht. Wirklich! Ein Träumchen. Da trägt auch keiner einen Helm.
    Ach ja, Frau foerdefaden: ihr ist damals auch eine Laterne abgefackelt. Hat sie auch etwas gelernt über Feuer…