Essen und wenig mehr.

17. Januar 2016

Die Kindelein hatten uns zu Weihnachten ein Rätsel geschenkt:

raetsel

Falls Sie nichts entziffern können – nicht schlimm. Die allerwichtigsten Worte im Buchstabensalat sind „Brunch“ und „Hunderunde“. Bedeutet: die Kindelein bereiten ein gigantisches Frühstück zu und übernehmen die Morgenhunderunde, wir schlafen aus. Und weil das Verwöhnprogramm der allerbesten Freundin auch heute noch weitergehen sollte, lösten wir diesen Gutschein ein.

Ausschlafen ist ja seit Lola bei uns lebt nicht mehr ganz so einfach. (und das ist wirklich ganz schön dämlich, denn nachdem ich gefühlt Jahrzehnte lang im Morgengrauen Bilderbücher vorlas oder Briobahnschienen zusammensteckte, hatten sich die Kindelein mit der Pubertät einen neuen Schlafrhythmus zugelegt: so lange, bis sie geweckt werden, am Wochenende gerne auch erst nachmittags. Statt diesen Zustand nun einfach zu genießen und bisweilen etwas rachsüchtig die Kindelein vor zehn Uhr zu wecken, holten wir diesen Frühaufsteherhund in unser Leben. Die Tage beginnen jetzt also wieder kurz nach sechs, weil der gar nicht mehr so kleine Hund dann aufstehen möchte. Um auf dem Sofa bis um neun weiterzuschlafen, am Liebsten in der Kniekehle des Menschen, der mitaufgestanden ist.) Und so erwachte ich heute morgen um 6:19 von einem tiefen, leicht grollenden „Wrrruff!“, das übersetzt etwa „Mensch, beweg dich, füll mir Futter in die Schüssel. Jetzt, sofort, ich kann es nicht mehr aushalten.“ bedeutet. Der beste Vater meiner Kinder geleitete Lola in die Küche und weckte die Tochter. Danach kletterte er wieder ins Bett. Und ich war wach. Noch wacher war ich dann, als die Tochter mit den Vorbereitungen des Frühstückes begann und ein Blech durch die Küche schmiss. Ich holte mir einen Kaffee ins Bett und las ein bißchen, in die Küche durfte ich nicht. (auch ganz schön, ausschlafen wird überbewertet.)

Der Jüngste zog mit Lola los, die anderen beiden brutzelten, kochten und buken. Kurz nach zehn wurden wir an den Frühstückstisch gebeten und Sie müssen mir jetzt einfach glauben, denn ein Bild zeige ich Ihnen nicht, es war großartig! Vielseitig und viel und sehr lecker.

Leider ist man irgendwann satt und leider geht das immer schneller, als man alles kosten kann. Jedenfalls muss ich jetzt zwei Tage lang nicht kochen, weil es so viele Reste gibt.

Die Kindelein räumten die Küche auf, wir schleppten uns aufs Sofa und bewegten uns und unsere Bäuche die nächsten Stunden nur sehr wenig.

Am Nachmittag brachen der beste Vater meiner Kinder und die allerbeste Freundin zur Hunderunde auf, ich ging ins Café Welcome, dort war ich mit „meinen Syrern“ verabredet. (an dieser Stelle, weil ich bei „meine Syrer“ gerade daran denken muss: Herzlichen Dank für die tolle Post mit Malbuch und Schokolade, das passt ganz genau!) Das Café Welcome lädt einmal im Monat Menschen aus allen Ländern ein. Es gibt Kaffee und jede Menge leckeren Kuchen. (wenn man in Nierstein viele Kuchen braucht, dann wird die Kuchenkette angeleiert. Die Kuchenkette funktioniert seit vielen Jahren und ja, wenn man einmal dabei war, dann ist man lebenslänglich verhaftet.) Für die Kinder gibt es eine Mal- und Bastelecke, für alle spielt immer Live-Musik. Man sitzt zusammen und schwätzt. Oder versucht zu schwätzen, denn meistens ist die Sprachbarriere doch noch sehr groß. Allerdings gibt es internationale Zeichen für „Hallo!“, „Der Kuchen ist lecker!“ und „Schön, dass wir hier zusammensitzen“ und die muss man gar nicht lernen, die sind von alleine da. Ein bißchen Organisatorisches wird nebenbei abgeklärt und Kontakte werden geknüpft. Als alle satt waren, stand ein junger Syrer auf und ergriff das Mikrophon. „Ich muss das jetzt sagen, weil wir hier zusammen sind“, sprach er, „wir alle haben gehört, was in Köln passiert ist. Das entspricht nicht unserer Kultur. Kein menschliches Wesen darf so behandelt werden, kein menschliches Wesen darf so handeln. Wir sind hier um zu lachen, zu leben und zu lieben. Und weil wir Frieden wollen.“ Nicht ganz so fließend, wie ich das hier geschrieben habe, aber fast. Danach wiederholte er seine Rede auf Arabisch und Englisch. Ich hatte ein bißchen was im Auge. Und damit war ich nicht allein.

Zeit heim zu gehen, bevor ich bei zu vielen anstehenden Aufgaben „HIER!“ rufe und mich dann komplett verzettele. (dieses Helfersyndrom ist nicht immer nur eine tolle Sache)

Mittlerweile habe ich Frühstücksreste als Abendessen verspeist und klicke mich durch einen Online-Deutschkurs, um herauszufinden, ob der etwas taugt. Am Freitag öffnet das Internetcafé in der Grünen Villa für die angehenden Studenten, die auf das C1-Zertifikat hinarbeiten, zum ersten Mal. (außerdem kochen am Freitag „meine Syrer“ und sie wollen mir weder verraten, was es gibt, noch darf ich einkaufen. Nur das Nötigste im Haus haben.) Viel mehr passiert hier heute nicht mehr, das Verwöhnwochenende läuft lässig aus. (Und hoffentlich ist die allerbeste Freundin gut daheim angekommen und nicht vom drei-Flocken-Schneesturm verweht worden.)

2 Kommentare zu “Essen und wenig mehr.”

  1. Ulla S. sagt:

    Immer wieder schön bei Ihnen zu lesen.
    Danke dafür. :-)

    LG Ulla S.

  2. die allerbeste Freundin sagt:

    Ist sie. Nur etwas verkühlt und immer noch satt!