Gestern morgen bei der Hunderunde habe ich diese Frage meiner Hunderundengesellschaft gestellt. „Manchmal“, antwortete er, „Man ist einfach nicht mehr so spontan, muss mehr planen.“ „Warte mal ab, bis du eigene Kinder hast“, wollte ich antworten, nickte aber stattdessen nur zustimmend, reicht ja auch.

Habe ich es denn schon bereut, dass Lola bei uns eingezogen ist? (eigentlich wäre das ja ein prima Artikel „Ein Jahr Lola in der Grünen Villa“, aber jetzt passt es halt, obwohl sie erst zehn Monate hier lebt.)

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Wenn ein Hund einzieht, dann ist das tatsächlich ein bißchen so wie beim ersten Kind. Sehr viele Menschen haben sehr viele Tipps, aber eigentlich weiß man alles sowieso besser und wird das Tier ganzheitlich, achtsam, windel- und glutenfrei halten und ernähren und alle seine Talente erkennen und selbstredend fördern. Und dann kackt der niedliche Welpe zum ersten Mal auf den Wohnzimmerboden und klaut die Kekse vom Tisch (Babys machen das nicht, Kleinkinder schon), woraufhin das Annehmen von kleineren Ratschlägen durchaus in den Bereich des Möglichen rückt. Und schwupps ist man gefangen im Strudel der gegensätzlichen Ratschläge und muss sich auf gut Glück und mit einer gesunden Portion Bauchgefühl sein eigenes Hundeerziehungsmodell, mit oder ohne getanzten Namen, aussuchen.

Das klappt bei uns ganz prima. Lola ist zum Glück ein sehr kooperationswilliger Hund, sofern ausreichend Leckerlis die Erziehungsmaßnahme unterstützen. Alles läuft also über das Fressen, aber was soll´s. Hauptsache der Hund beherrscht die Grundkommandos wie „Komm!“, „Sitz!“ und „Bleib! … na gut, ich weiß ja wie sehr du an mir hängst und ja, die Leckerlis sind immer in meiner linken Jackentasche“. Damit kommt man überall gut zurecht.

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„Es ist dir schon klar, dass du jeden Tag mehrmals mit dem Hund raus musst?!“, wird einem vorher von allen Seiten mit unheilvoller Stimme zugeraunt. Und ja. Ich muss jeden Tag mit dem Hund raus, morgens und abends. Und da Lola eine explosive Mischung aus Dalmatiner (soll neben Postkutschen her rennen) und Pointer (soll Wild anzeigen) ist, sind das sehr lange Hunderunden voller Übungen und Trainingseinheiten. Lang, damit der Dalmatiner müde wird, Training, damit der Pointer keine Rehe jagt. Ersteres klappt übrigens prima, Letzteres mal mehr, mal weniger. Das Wetter ist meistens gar nicht so schlimm. Es gibt viele, viele Tage, an denen ich ohne Hund nicht mal zum Kompost im Garten gegangen wäre, doch das sind meistens die Tage, an denen ich mich wirklich freue, dass ich raus muss. Weil es toll ist. Unsere Gegend ist schön, die Bewegung ist schön und das Gefühl, wenn man sich hinterher trockene Klamotten anzieht ist super.

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Franz und Lola koexistieren recht friedlich in der Grünen Villa. Franz hat keine Angst mehr vor Lola und haut ihr auf die Nase, wenn sie ihm zu aufdringlich wird. Er hat seinen Sessel im Wohnzimmer zurückerobert und traut sich wieder an das Fußende meines Bettes (vor dem Lola ihren Schlafplatz hat). Lola wird noch lernen, dass das kleinere, rothaarige Ding es nicht mal annähernd toll findet, wenn man ihm die Nase in den Hintern steckt; Franz wird lernen, dass ihn das große, weißhaarige Ding nicht fressen will, wenn es freudig wedelnd zu ihm hinrennt.

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Das Haus ist sehr „voll“ geworden, seit der gar nicht mehr so kleine Hund hier lebt. Irgendwo ist immer ein Tier. Entweder auf dem Stuhl, auf den man sich gerade setzen will oder unter dem Tisch, eifrig nach Krümeln suchend. Beim Essen möchte man weder Hund noch Katze auf dem Schoß oder neben dem Teller oder mit nasser Nase an den Arm stupsend. Deshalb heben wir Katzen von Stühlen, rufen mehrstimmig „nein“, wenn der Hund aufdringlich wird und haben uns damit abgefunden, dass uns nur noch ein knappes Viertel des Sofas gehört.

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Egal was man tut, ein neugieriger, mäßig hilfreicher Hund ist immer ganz dicht dabei. Im Garten kannte ich das schon von Franz, der sich immer genau an die Stelle legte, wo ich gerade jäten wollte. Lola liegt gerne zwischen mir und dem Herd, an dem ich gerade koche, rennt zwischen meine Füße, wenn sie sich vor dem Staubsauger fürchtet (oder nicht oder doch oder nicht …). Beide begleiten Menschen sehr gerne zur Toilette und beobachten interessiert das Geschehen, greifen aber nicht ein. Lola kann nur dann richtig entspannen, wenn mindestens ein Mitglied des Menschenrudels in der Nähe ist. Klammerhund.

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Mein Kleidungsstil hat sich verändert, jedenfalls jetzt im Winter. Ich trage wieder Hosen, weil die bei der Hunderunde doch praktischer sind. Und ich trage diese Hosen auch dann noch, wenn sie mit Schlamm verschmiert sind, sogar in der Öffentlichkeit.

Wir waren noch nie begeisterte Restaurantgänger. Jetzt mit Hund werden wir das auch nicht werden. Lola liegt brav unter dem Stuhl, aber sie riecht, wie so ein Hund nun mal riecht. An Regentagen auch ein bißchen stärker. Ich mag das nicht, wenn ich beim Essen einen nassen Hund riechen muss, deshalb kann ich es anderen kaum zumuten. Wir freuen uns auf die wärmere Jahreszeit, wenn man wieder überall draußen sitzen kann. (letzten Freitag eröffneten wir die Café-Saison)

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Was hat sich noch geändert? Ich bin recht tolerant geworden, was Hundespucke anbelangt :)

Bereut habe ich es nicht. Bedauert manchmal, denn es ist tatsächlich so, dass wir uns unsere neugewonnene Freiheit durch groß gewordene Kinder wieder selbst beschnitten haben, in dem wir einen Hund aufnahmen. Andererseit passt dieser Hund ganz prima zu dem, was wir sowieso gerne machen: in der Gegend rumlaufen, im Garten rumwühlen, auf dem Sofa sitzen.

Ich habe sehr viele Menschen (=andere Hundebesitzer) mittlerweile kennengelernt, mit einigen entwickelt sich da gerade eine schöne, neue Freundschaft. Das ist ein absoluter Gewinn!

Außerdem lache ich sehr, sehr viel. Hund und Katze zusammen sind ein großartiger Gute-Laune-Zauberer, da verzeihe ich die vielen Pfotenabdrücke auf dem Parkett und die Spuren von nassen Nasen auf den Terrassenscheiben. (früher klebte auf dieser Höhe eine Mischung aus Banane und Zwieback, geziert von Kleinkindhandabdrücken, Hundesabber lässt sich leichter wegwischen).

Die Stühle am Esstisch haben nun Filzgleiter aus Hundehaar und der Staubsauger muss jeden dritten Tag geleert werden, weil Dalmatiner wirklich sehr, sehr viel Haare verlieren. (kurze, weiße Haare mit Widerhaken und Superkleber) Obendrein wechselt der Kater gerade von Winterpelz zu leichtem Sommergewand. Vielleicht sollte ich anfangen, Tierhaar zu spinnen, um daraus Pullover zu stricken. Meine Drecktoleranz ist somit auch nochmals ein Level erhöht.

Mit dem Wissen, das ich jetzt habe erneut vor die Frage „Hund ja oder nein?“ gestellt, würde ich vermutlich nein sagen. Andererseits hätten wir dann halt auch keine Lola hier wohnen. Dann doch „Ja! Unbedingt.“

9 Kommentare zu “Uuuund? Schon mal die Hundesache bereut?”

  1. nima sagt:

    Fast Ihren ganzen Beitrag hindurch habe ich genickt – vorallem was das Bauchgefühl angeht bei der Hundeerziehung. Es muss zum Hund und zum Halter passen – und das Bauchgefühl ist dabei am allerwichtigsten.

    Früher mit 2 Hunden und jetzt leider nur mehr mit einem Hund (dafür mit 2 Katzen) weiß ich auch, wieviel Lachmomente das bringt. Da sieht man großzügiger über ein angekotztes Bett oder zerschnetzelte Möbelteile hinweg :-)

    Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Freude mit Lola und dem Franz ♥

    Alles Liebe
    Frau nima

  2. Tanja sagt:

    Wunderbar und treffend geschrieben, ich erkenne mich in großen Teilen wieder. Als unser erster Hund (damals etwa 4jährig, aus dem Tierheim) einzog hat sich nicht viel verändert – Kelly hatte eine Grunderziehung, konnte alleine bleiben. Die einzige Umstellung war tatsächlich die, dass uns eben plötzlich fast überall hin vier Pfoten begleiteten. War total easy.

    Tja – und dann zog Ende April 2015 ein Welpe als zweites ein. Und ab da ging es mir sehr, sehr oft wie Ihnen. Mit einem Unterschied – ich bin kinderlos, hatte also keine Ahnung, wie Nächte mit wenig Schlaf sein können, weil der Welpe oft in den Garten will. Oder einfach so nicht schläft. Oder irgendwas anderes. Ich hatte keine Ahnung, wie sehr es an die Substanz gehen kann, weil man immer, immer, immer für dieses kleine Bündel Fell da sein muss. Wie anstrengend Erziehung und Konsequenz sein können.
    Mittlerweile ist der Babyhund ein Jahr alt, das gröbste ist geschafft.
    Und ich würde es vermutlich wieder so machen. Weil die Momente, in denen einem das Herz vor Liebe zu den Fellnasen überläuft deutlich mehr wiegen als die schlaflosen Nächte.

  3. Milla sagt:

    Ja, unbedingt! Wir sind seit genau zwei Jahren Hundebesitzer und haben noch keinen Tag bereut. (Und alle überrascht, als wir plötzlich zwei + ein Hund waren)
    Der Tag kann noch so Kappes gewesen sein, wenn der
    (auch ziemlich große Hund, sieht Deinem ein wenig ähnlich)
    uns mit seinem Schokokaramelblick anguckt, ist das schon vergessen.
    Freu mich immer über Deine Hundefotos. Liebe Grüße, Milla

  4. Petra sagt:

    Hätte mein Text sein können, nur einses vergessen.So ein Hund und eine Katze können ungemeine Seelentröster sein.
    Liebe Grüße Petra,
    die ab und an an Nierstein vorbeifährt und die Familie sagt im Chor, wenn das Autobahnschild kommt:
    Hier wohnt Frau Mutti :-)

  5. Steffi sagt:

    Ein wunderbarer Tet über das Leben als Hundehalter. An vielen Stellen musste ich schmunzeln und dachte sehnsüchtig an die Zeit, die ich mit meinen Hunden verbringen durfte.
    Diesen Klammerhund, der einen im Garten keinen vernüftigen Schritt machen lassen wollte, hatten wir nämlich auch. Das änderte sich erst sehr spät – als ihr Bart schon sehr grau war.
    In ihrem letzten Sommer hatte diese kleine Hundemaus meine Eltern (ich war inzwischen ausgezogen und nur noch Wochenend-Hundemama) nachts nicht mehr schlafen lassen. Denn tagsüber hat sie so viel Fallobst im Garten gesammelt und mit Wurm und Kern verschlungen, dass sie nachts einfach schon raus musste – die ganzen Mirabellenkerne drückten so sehr. Frecherweise hat sie den Gang in den Garten dann auch noch zum Mitternachtssnack genutzt, so dass die noch häufiger raus musste. Und so wurde auch in diesem Sommer – auch wenn sie ansonsten im Garten keinen Schabernack mehr trieb – die Gartenzeit für den Hund sehr stark beschränkt. Nach dem Ende ser Mirabellenzeit durfte sie aber wieder mehr raus – denn die Äpfel hatten keine so verdauungsfördernde Wirkung.
    Im letten Frühjahr mussten wir dann nach 13 Jahren Abschied nehmen. Und im Herbst gab es dann so viel Apfelmus wie noch nie – da erst haben wir gemerkt wie viel Fallobst vom Hund entsorgt wurde.
    Ich hätte übrigens heute auch noch gerne einen Hund. Aber meine Arbeitszeit verträgt sich damit leider überhaupt nicht. Aber vielleicht ja in einigen Jahren…

  6. Frau Namenlos sagt:

    Liebe Frau Mutti was macht denn die Großbaustelle? Ich bin ja doch sehr neugierig :-)
    LG von Frau Namenlos

  7. Angela sagt:

    Frau Mutti, Sie schrieben mir aus dem Herzen. 12 Jahre lang begleitete uns eine Handvoll Fell, bis sie uns im August leider verlies. Vor 4 Wochen zog hier ein Welpe ein, weil es ohne Hundehaare auf den Klamotten einfach nicht geht. Das Hundekind heißt Lola, weil mir die Tupfenlola bei der Namensgebung im Kopf herumspukte. Und stellt unser Leben und das unserer Katze ganz schön auf den Kopf… Der Unterschied zur Vorgängerin ist enorm. Oder verdrängt man vielleich -ähnlich wie bei Kindern- die unangenehmen Seiten des Großwerdens?
    Ich wünsche Ihnen von Herzen noch viele glückliche Jahre mit den 4beinern. Wir wohnen quasi gegenüber, auf der anderen Rheinseite und denken oft an Ihre Spaziergänge in den Weinbergen.

  8. Frauke Nordlicht sagt:

    Morgens,
    liebe Frau Mutti,
    wie gerne und stetig nickend sowie leise lächelnd habe ich Ihren Artikel gelesen. Wir sind seit 2 Jahren leider, leider hundelos (unsere Jack-Russell-Hündin Lilli musste im Alter von fast 17 Jahren eingeschläfert werden und davor hatten wir mit einer Pause von 2 Jahren dazwischen 12 Jahre lang eine Schäferhündin). Momentan passt die Arbeitszeit (zwar Teilzeit, davon aber 2 Tage ganztags) nicht zur Wiederanschaffung eines Hundes, aber in ca. 3 Jahren (wenn der Göttergatte in Rente geht) – dann wird wieder ein neues Familienmitglied bei uns einziehen. Ich freu mich schon darauf und nehme dafür gerne die haarigen Nachteile in Kauf. Bis dahin mache ich meine Leo-Runden mit einem ‚geliehenen‘ Jack-Russell aus dem Dorf.
    Liebe Grüße vom Nordlicht
    PS: Jack-Russell haben anscheinend genau das gleiche Fell wie Ihre Lola. Weiß oder schwarz – überall gut sichtbar – und z. B. aus den Autositzen nur durch einzelnes abzupfen zu entfernen :-)

  9. Kate sagt:

    Sie geben einem so viel zurück!
    Da ist die Mühe und Sorge vergessen und es macht einfach nur Spaß!
    Klar gibt es anstrengende Zeiten, aber ein Blick in die Kulleraugen entschädigt für alles! ;)
    LG Kate