Ein berechtigter Vorwurf der Tochter, denn das mit der Bloggerei fließt nicht so recht bei mir. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich nicht so wunderbare Geschichten wie die Tochter zu erzählen habe, mein Alltagstrott reißt ja nun so wirklich keinen vom Hocker.

Bevor Sie jetzt widersprechen, hier eine Zusammenfassung des heutigen Tages. Schnallen Sie sich an, es wird spannend.

Wer früh schlafen geht, ist früh wach. Um elf Uhr schlafen zu gehen ist eine prima Sache für mich, denn der Wecker brüllt montags um zwanzig vor sechs. (Montags und donnerstags bedeutet das quasi ausschlafen, denn sonst brüllt der Wecker schon um zwanzig nach fünf.) Den Jüngsten trifft es hart, sein Arbeitsbeginn ist sechs Uhr. Montag und Donnerstag hat er Berufsschule und könnte deshalb theoretisch länger schlafen. Unglücklicherweise ist die Berufsschule in Ingelheim, was von Nierstein aus eine kleine Weltreise ist. Zuerst nach Mainz, dort dann umsteigen.

(Kleine Anekdote am Rande: bei den ersten Fahrten zur Berufsschule hat sich mein verteiltes Kind prompt verfahren, weil es den Fahrplan schludrig las. So fuhr er nach Nieder-Olm, statt nach Nierstein, was einem Umweg von etwa zwei Stunden bedeutete. Ein bißchen Sorgen machte mir das schon, aber hey, die Zeiten, in denen er seinen Schulweg während der Sommerferien vergaß, sind vorbei.)

Der beste Vater meiner Kinder steht auf, ich darf liegen bleiben, doch schlafen kann ich nicht mehr. Um das traute Morgengebrummel in der Küche nicht zu stören, warte ich bis die Haustür ins Schloss klappt, bevor ich aufstehe, mir einen Kaffee koche und den gar nicht mehr so kleinen Hund mit Frühstück versorge. Der beste Vater meiner Kinder schläft bis acht Uhr auf dem Sofa, ich trinke meinen Kaffee manchmal bei ihm, heute ging ich zurück ins Bett. Ich bin nämlich schrecklich krank, ein unbarmherziger Schnupfen quält mich und ich habe ein kleines déjà-vu, denn auch letztes Jahr hatte mich eine fiese Erkältung vor der re:publica niedergestreckt.

Der beste Vater meiner Kinder verabschiedete sich, ich steckte Lola ins Hundegeschirr und wählte für heute eine etwas dickere Jacke für die Hunderunde. Eine weise Entscheidung, denn obwohl da draußen ein fröhlicher Wolken-Sonne-Mix war, pfiff ein kalter Wind. Die Hunderunde war heute eine äußerst arbeitsintensive für Lola, denn ich übe gerade mit ihr, dass sie nicht sofort lossprinten darf, so wie sie etwas Interessantes sieht. Mit Schleppleine und der Hälfte der Futteration arbeiteten wir eine gute Stunde und marschierten eine knappe weitere Stunde wieder heim. Ich war der platt, der Hund aufgewärmt und bereit für weitere Abenteuer.

Kurz nach zehn kam ich heim. Das passte prima, denn Oma Eis hatte sich für halb elf angekündigt. Nach wie vor haben wir Montags unserem Mutter-Tochter-Tag und normalerweise machen wir die Hunderunde zusammen. Oma Eis hat aber ihre eigene Frau Knie und deshalb derzeit keine Möglichkeit mit uns zu laufen. Übernächste Woche wird operiert und danach sollte es bald wieder klappen.

Der große Sohn schleppte sich aus dem Bett und wir spätstückten zu dritt. Nach einem gemütlichen Schwätzchen, bei dem sämtliche Neuigkeiten ausgetauscht wurden, verabschiedete sich Oma Eis, mein Schnupfen und ich gingen mit den Zähnen klappernd auf’s Sofa unter die dicke Decke. (Mit Hund und Kater als Wärmflasche) Der große Sohn nahm seinen eigenen Schnupfen mit ins Bett, montags hat er nur am Abend eine Vorlesung und die schwänzt er sowieso. (Er studiert ja nur noch ein bißchen zum Spaß, denn am ersten September beginnt seine Ausbildung zum Chemielaboranten.)

Ich schlief quasi umgehend mit hübschen, wirren (Fieber)Träumen ein und wurde erst um halb drei wieder wach, als der Jüngste heim kam. Wir tauschten uns aus, bevor der Jüngste in seinem Zimmer verschwand. Ich fühlte mich äußerst erfrischt und beschloss eine Kröte zu killen. Der Berg der „muss ich reparieren oder verändern oder irgendwie anders machen“-Kleidung passt mittlerweile nicht mehr auf einen Stuhl, weswegen ich die Nähmaschine und die Overlock herbeiräumte und mich ans Werk machte. Fünf alte Sommerröcke sind nun wieder stadtfein, drei Oberteile passen und gefallen mir nun endlich und ein Pullover des besten Vaters meiner Kinder hat kein Loch mehr unter dem Arm. Ein paar ausgerissene Knöpfe und ein einige angefangene Sachen liegen da jetzt noch und vielleicht habe ich morgen ja nochmal einen Anfall von „aus alt mach neu“.

Eigentlich hätte ich heute keine Zeit für Nähereien gehabt, eigentlich wäre heute Sprachunterricht dran gewesen. Der findet aber seit letzten Montag nicht mehr statt, denn „mein“ Syrer (16) und ich haben gemeinsam beschlossen, dass Lernen zwar nach wie vor super wichtig ist, derzeit aber das ausreicht, was in der Schule passiert. Dort ist er mittlerweile im Fortgeschrittenenkurs und auch in seiner Freizeit ist er sehr fleißig, das läuft also. Hm. Es ist ein bißchen schwierig, aber eben auch Zeit. Als er vor einem halben Jahr zu mir kam, sprach er kein Wort Deutsch, jetzt können wir uns gut unterhalten. Jetzt hat er hier Freunde, syrische, kurdische und auch deutsche. Es ist gut, ihn ziehen zu lassen. Und vielleicht nimmt er mein Angebot der stets offenen Tür ja gerne an. Mit „meinem“ anderen Syrer (33) findet schon lange kein Unterricht mehr statt, er will nicht lernen und da kann ich nix machen. Das Internetcafé läuft aus. Zuletzt saß nur noch ein sehr fleißig Lernender dort, dem ich dann letztlich einen der gespendeten Rechner mitgegeben habe. Die alten Aufgaben laufen aus, mal sehen, welche neuen demnächst kommen, Arbeit gibt es immer.

Der Jüngste übernahm die Abendhunderunde, so konnte ich an der Nähmaschine sitzen bleiben.

Der beste Vater meiner Kinder kam heim, ich telefonierte mit der Freundin, die mich nächste Woche nach Berlin begleitet und irgendwann um acht war dann Feierabend.

Jetzt sitze ich mit Tee, Orangen, dem besten Vater meiner Kinder und dem weltschlimmsten Schnupfen auf dem Sofa, höre mir Sprachnachrichten der Tochter an und schreibe vor mich hin.

Ich glaube, dass diese Twitter-Sache meiner Bloggerei nicht gut tut. Es ist nicht so, dass ich den ganzen Tag alles,was ich zu erzählenhabe, dort in 140 Zeichen quetsche. Es ist eher so, dass mir das Lesen dort wirklich oft schlechte Laune bereitet, weil wieder irgendeine Sau durchs Dorf getrieben wird, weil schöne Dinge, nur noch getan werden können, wenn man unsagbar ironisch darüber spricht und vielleicht auch nur, weil ich selbst nicht diszipliniert genug bin, um sinnlose Diskussionen einfach links liegen zu lassen, statt sensationslüstern nachzuforschen, wer jetzt schon wieder nicht mit wem kann, wer dies oder das gesagt hat und das geht ja gar nicht, das wissen wir doch alle. Vielleicht endet mein Twitterdings dann so wie diese Facebooksache: ich geh erstmal nicht mehr hin.

10 Kommentare zu “Mama? Ich blogge ja öfter als du!”

  1. Renate Reinbold sagt:

    Liebe Frau Mutti, genau aus diesem Grund habe ich mich schon lange von Facebook ab- und nie bei Twitter angemeldet …

    Aber Sie liegen völlig falsch: Ich habe mit Interresse Ihren Tagesablauf gelesen. Und ich vermisse Ihre regelmäßigen Blogeinträge sehr. Es wäre schön, wenn Sie wieder hierher zurückkommen würden.

    Ihre treue und Sie vermissende Leserin
    Renate

    Achja: Gute Besserung

  2. steffi sagt:

    auch ich liebe ihren Tagesablauf..
    Er ist so anders als meiner und gerade das packt mich. ich werd gleich mal versuchen meinen ollen Tag zu beschreiben.

  3. Britta sagt:

    Moin,

    würde -ich- twittern, hätte ich die ganze Zeit den Gedanken „Meine Güte, wayne interessiert’s?“. So wichtig dürfte das für andere kaum sein.
    Bloggen ist für mich Seelenhygiene, die ich für mich und weniger für andere benötige.

    Volles Verständnis für Sie,

    Gesundheit und Grüße

    Britta

  4. Birsch sagt:

    Ich freue mich sehr, wieder von Ihnen zu lesen. :-)
    Gute Besserung!

  5. aprikaner sagt:

    ich wünsche gute Besserung und finde der Tag klingt doch recht spannend! Twitter habe ich wieder abgemeldet, das frisst zuviel Zeit und Facebook gehe ich wie Sie manchmal einfach nicht hin ;D

    liebe Grüße aus Dresden
    anja

  6. Elke sagt:

    Für den weltschlimmsten Schnupfen Gute Besserung :)

    Ansonsten bleiben Sie wie Sie sind und berichten uns von Ihrem Leben, ich nehme sehr gern daran teil.

    Gut das Sie wieder da sind….

    Liebe Grüße Elke

  7. Evi sagt:

    Kriegte ich für jedes auf die Seite von Frau Mutti schauen, ob sich e was geschrieben hat, einen Euro, wäre ich jetzt eine reiche Frau.? Sie wissen ja gar nicht wie sehr Sie uns fehlen. Wen’s langweilt, der braucht ja nicht zu lesen. Es gibt genug, die das sehr, sehr, sehr gerne tun.
    LG vonSchnupfennase zu Schnupfennase

  8. Carina sagt:

    Liebe Frau Mutti,

    tun Sie mir bitte, bitte bloß nicht an, Ihren Blog wg. FB und Twitter rangmäßig nach hinten zu stellen.
    Ich bin weder bei dem einen noch dem anderen sogenannten sozialen Netzwerk und halte das auch durch !
    Durch Zufall bin ich mal auf Instagram gelandet, wo ich mit Entsetzen sehe, wie Leute sich zur Schau stellen.
    Davon erholen kann ich mich nur bei guten Blogs wie dem Ihren und dem derzeitigen Tagebuch der Tochter. Die ich übrigens sehr für ihr Durchhaltevermögen bewundere. Zeigt es doch, dass man sehr viel schaffen kann, wenn man den festen Willen dazu hat.

    Ich freue mich auf Ihren nächsten Tagesablauf und drücke Anne weiterhin die Daumen für ihren Weg ;-))
    Lieben Gruß Carina

  9. Madame Mim sagt:

    Wissen Sie, Frau Mutti… Ihr Blog ist einer der wenigen, bei dem ich mit Begeisterung mitlese, auch wenn der Beitrag länger als 140 Zeichen hat. Oder besonders dann.
    Sie schreiben schön. Es macht einfach Spaß. Mal, weil es so anders ist als das eigene Leben, mal weil es so gleich ist. Und ab und an ist es für mich ein Ausblick auf das, was da kommt. (Das x-fache Durchschneiden der Nabelschnur, beispielsweise.)

    Sicher, ein Blogbeitrag ist immer nur ein Blick durch ein Schlüsselloch auf einen noch dazu sehr kleinen Teil eines Lebens. Trotzdem fühlt man ja auch ein bisschen durch den Text durch und mir gefällt, was ich dahinter sehe: Eine lebenskluge, kreative Frau, die sicher auch mal besorgt, genervt und gefrustet ist, aber trotzdem im Großen und Ganzen zufrieden mit sich und ihrem Leben. Und die für sich, ihre Familie und die Welt in der sie lebt Verantwortung übernimmt und einfach… tja… Dinge „geschissen bekommt“, statt nur zu reden.
    Das ist in einer Welt, in der ständig Säue rumgetrieben werden und in der alle nur like klicken, statt auch mal was zu machen, verdammt selten geworden. Und noch sehr viel seltener sprechen die Leute so angenehm, humor- und liebevoll darüber.

    Noch mal kurz: Ich lese hier gerne mit. Ich finde Sie inspirierend und erfrischend.

  10. Antje sagt:

    Chacune à son gout.
    Beim bloggen habe ich nie meine Sprache gefunden. Bei Facebook nie verstanden wozu das gut sein sollte. Aber Twitter ist meins. Und inzwischen das Netzwerk das mir soziale Beziehungen schenkt .
    Also: chacun(e) à son gout