Zeig mir dein Bad

27. August 2009

und ich sage dir, wer du bist. Oder so ähnlich.

Als ich eben voll hausfraulichem Eifer das Bad schrubbte, sogar das Fenster samt Rahmen einer gründlichen Reinigung unterzog und nach getaner Arbeit meinen Blick wohlwollend über mein Werk schweifen ließ, wurde mir klar, dass „klar“ und „schlicht“ Adjektive sind, die nicht zu mir passen. Das mag jetzt keine so wahnsinnig neue Erkenntnis sein, doch irgendwie beeindruckt sie mich immer wieder, die Erkenntnis. Ich finde „klar und schlicht“ nämlich schön. Weiße Wände, weiße Möbel und ein ausgewähltes, geschmackvolles Bild an der Wand. Sehr entspannend. Und schön.

Bei mir wird jeder Raum früher oder später rumpelig (=vollgeräumt mit Kram). Und bunt. Und voll. Auch das Bad:

Dies ist das Kinderbad. Was eigentlich nicht stimmt, denn seit der letzten Haus-Umräum-Aktion nutzen auch der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib dieses Bad wieder und der große Sohn hat als einziger im-Keller-Schläfer das ursprüngliche Elternbad ganz für sich allein, der Luxusknabe.

Als wir einzogen, war das Bad weiß. Weiße Fliesen auf Wand und Baden, Rauhfasertapete an der Wand. Das Bad wirkte trotzdem winzig, was wahrscheinlich daran lag, dass wir einen riesigen Wickeltisch und einen Küchenoberschrank für Windeln, Babykleidung, Handtücher und sonstiges Gedöhns hinein geklemmt hatten.

Auf dem Wannenrand balancierten diverse Schiffe, Boote, Quietschentchen, Wannenmalkreiden, agekaute Pixiebücher und ab und zu auch mal ein halber Zwieback. IN der Wanne lag all das, was eigentlich im Kinderzimmer von den Kindern ordentlich hätte weggeräumt werden sollen.

Die Kindelein wurden größer, der Wickeltisch verlor seine Notwendigkeit und flog raus. Der Küchenoberschrank musste zugunsten eines zweiten Waschbeckens weichen, unter die Waschbecken kamen praktische Unterschränke aus dem blaugelben Möbelhaus. Und als Oma Eis den Kindelein lustige Fisch-, Seestern- und Muschel-Fliesenaufkleber schenkte, war klar, dass das Bad „maritim“ werden müsse. Ich strich die Rauhfasertapete türkis, klebte Fliesenaufkleber dahin, wo dekorationswütige Kinderfinger hinzeigten und hängte so ein Perlengebammsel an die Wand, weil das sah irgendwie „unterwasserig“ aus. Im blaugelben Möbelhaus gab es eine Packung Fingerpuppen in verschiedenen Fischformen, die nagelte ich ins Perlengebammsel.

Nach etwa zwei Jahren waren die angenagelten Fische hoffnungslos zugestaubt und der Versuch, sie mittels Staubsauger im Polsterabsaugmodus zu reinigen, führte zum Verlust eines blauen Hais. Sehr tragisch. Die Deko musste weg.

Ein türkisfarbenes Bad ohne Fische  ist langweilig und ausserdem war türkis mittlerweile nicht mehr meine Farbe. Rot. Dunkelrot, eine grandiose, dramatische Farbe! Küche, Wohnzimmer und Nähzimmer waren bereits mit mindestens einer dunkelroten Wand versehen, warum nicht auch das Bad?

„Igitt!“, schimpften meine Söhne, „In einem roten Bad können wir nicht duschen!“

Höchst grausam und die Bedürfnisse meiner Kinder nicht ernst nehmend, nutzte ich die Abwesenheit der Familie und  überpinselte türkis mit dunkelrot, laut betend, dass sich die Tapete nicht von der Wand lösen möge.

„Gar nicht sooo schlecht“, befanden die Söhne und griffen auch noch im roten Badezimmer regelmäßig zu Duschgel und Zahnpflegeprodukten.

Nach und nach hat sich das Bad nun mit Schnickeldi gefüllt. Aus einem  Regalbrett über der Handtuchstange wurden zwei. Darauf stehen diese herzallerliebsten Stoffkistchen aus dem blaugelben Möbelhaus, weil sich darin so undekorative Dinge wie Damenhygieneartikel und der Föhn verstecken lassen. Der Ableger von der Grünlilie, den das jüngste Kind mir vor Jahren zum Muttertag überreichte, wird ab und zu gegossen und ist trotzdem glücklich dort in der Ecke. Im Einmachglas eine ganz besondere Orchidee. Ein Kerzenhalter mit rustikal-wachstvertropfter Kerze für romatische Badeerlebnisse zu zweit und daneben eine alte, rote Blechkanne. Der Boden ist durchgerostet, aber es steht „Heisswasser“ drauf, deswegen gehört sie ins Bad. Lavendelherzen von Oma Eis in Bad-Farben als Lufterfrischer und die Ampelmännchenschwämme sind ein tolles Geschenk aus der großen Stadt.

Sie sehen: das ganze Gerümpel ist irgendwie wichtig und kann nicht weichen.

Bleibt natürlich im Umkehrschluss die Frage: wo bewahren Menschen, die klar und schlicht leben, ihre Erinnerungen und Schätze auf?

Und dann möchte ich Ihnen noch einen intimeren Blick auf die Badlektüre gewähren:

von links nach rechts:

Die Scheibenwelt von A-Z

Gregs Tagebuch „Jetzt reicht´s“

Hägar, drei Bände in einem

noch ein Hägar

Ralph Caspers: Scheiße sagt man nicht!

Dieter Nuhr: Wer´s glaubt, wird selig

Wilhelm Busch: Eine Auslese

Deutsche Balladen

bisweilen finden sich dort auch Schleich- und Legokataloge, Micky-Maus-Taschenbücher oder ein halber Bionicle.

Und bei Ihnen so?

*****

Nachtrag: Das Bad ist nicht mal sechs Quadratmeter groß.

(weil Sie schrieben, dass Ihr Bad zu klein für mauschelig ist)

22 Kommentare zu “Zeig mir dein Bad”

  1. Babs sagt:

    Liebe Frau…äh…Mutti,
    ich danke Ihnen dafür, dass sie mir so offenherzig beweisen, dass ich nicht die einzige bin, die Lektüren im Bad hat….und wissen Sie was? Auch bei mir sind drei Bände Hägar mit von der Partie ;-)

    LG aus München,
    Babs

  2. Webschaf sagt:

    Mein Bad kann ich nicht zeigen. Also das richtige, das große. Das ist ganz gruselig Bahamabeige, von den Fliesen an der Wand über die Keramik bis hin zur Klobürste.
    Aber das Gäste-WC, das wäre sehenswert, aber sie wissen das ja. Und eigentlich muss man das selbst gesehen haben.

  3. Carryboo sagt:

    Bei uns liegt gar nichts zum Lesen im Bad :)
    Ich lese höchstens in der Wanne mal was, aber danach nehme ich die Lektüre dann auch wieder mit raus und lese sie woanders weiter ;)
    Ansonsten? Siehe hier :)

  4. jo sagt:

    Bei mir auch eher winzig und rumpelig und so. Und das obwohl ich auch eher klar und schlicht mag… Aber geht klar und schlicht überhaupt mit 3 Kindern? MEIN Bad in der weil-zu-klein-verlassenen Wohnung war bunt und schön, wenn auch trotzdem winzig und rumpelig. Aber das neue, gemietete Bad ist blau und nur noch winzig und rumpelig, nix mit schön :-(
    Euer Stil gefällt mir sehr.

  5. DieSchwestervomheutigenGeburtstagskind sagt:

    Ich liebe den Toilettenpapierhalter der in das Regalbrettchen integriert ist – sehr praktisch!
    Marke Eigenbau oder ebenfalls blaugelbes Möbelhaus?

  6. fraumutti sagt:

    Liebe SchwesterderliebstenTochterfreundinMutter, sowohl der Halter als auch das Brettchen sind vom Möbelschweden. Ersterer ist allerdings arg alt un dich weiß nicht, ob´s den noch im Sortiment gibt. Da war mal eine Glasplatte eingeschoben. Das Brettchen ist aus der Küchenabteilung.

  7. DieSchwesterderliebstenTochterfreundin sagt:

    Ja, also ne… Geburtstagskind war dann wohl schon etwas veraltet! :-D

  8. silke sagt:

    … dass frage ich manchmal auch, wenn manch eine bloggerin wunderschöne bilder von einer fast leeren wohnung postet. dann denke ich immer, bin ich denn bekloppt, mit so viel „kruscht“ den wir zu hause haben zu wohnen?!
    zugegeben, ich schaue mir unheimlich gerne dieses wohnungen an, vielleicht haben besagte bloggerinnen auch noch 2-3 extra zimmer, die sie niemals zeigen, und wo sie all ihre bastelsachen, bücher, zeitungen, deko, nippes und dergleichen aufbewahren? ich hab leider nicht mal ein zimmer extra und deshalb sieht es bei uns dann halt auch etwas „gemütlicher“ aus.

    liebe grüsse silke

  9. Javea sagt:

    Klar und schlicht ist toll… aber auf 4m² Bad, wovon 2m² durch Waschmaschine und Dusche blockiert sind, kann man das auch vergessen. Also besser keine Fotos :D

  10. smila sagt:

    *lach*
    Doch das gibt es auch im wirklichen Leben: mein Bad ist weiß. Mit etwas dunkelgrau. Ohne viel Schnickschnack. Der Krusch ist in einem Schrank, auch weiß, mit Milchglastüren. Und wenn es unordentlich ist, ist der Schrank eher leer und der Rest eher voll. ;-)
    Aber im Prinzip, ja: klar und schlicht.

  11. babska sagt:

    Ich bin so eine aus der Fraktion klar und schlicht. Dementsprechend vollgestopft und messiehaft sind unsere 2 Kellerräume und unser Dachboden. Aber Hauptsache in der Wohnung bleibt’s schön übersichtlich.

  12. Marie-Luise sagt:

    Ich wage es ja kaum zu sagen, aber in fast jedem Raum liegen bei uns Mathebücher – Hunderte – und ein paar auch immer mal im Bad als …Lektüre. Ich bin immer schon so schnell wieder dort raus, dass es sich nicht lohnen würde, dort zu lesen. Der Liebste an meiner Seite ist allerdings zahlenbesessen. Hat er auch mal studiert. Ansonsten sind wir aber ganz normal – meine ich jedenfalls und unser Bad ist NEU!! schick, ohne Kinderkram, denn die sind schon ausgezogen – aber seniorengerecht ist es auch nicht, nur putzintensiv – manchmal denke ich, da haben wir vielleicht einen Fehler gemacht.
    Tschüß aus Kiel
    Simmi

  13. Ute sagt:

    Ja, hier auch eher rumpelig…
    In unserm Bad steht ein Sofa, so ein Ausklapp-Schlaf-Teil. Das musste mal weichen, als aus dem Arbeitszimmer ein zweites Jungszimmer werden sollte; es wurde unter der Renovieraktion kurz mal ins Bad geschoben – und siehe da: es passt wunderbar unter die Schräge neben die Eckbadewanne.
    Man kann morgens wunderbar darauf herniedersinken, wenn man sich nach dem Weckerklingeln schlaftrunken durch den 3-qm-Flur geschleppt hat, und dann noch ein bisschen „nachdösen“. Aber es ist natürlich auch eine seeehr einladende Ablagefläche für die Kinderklamotten. „Räum doch mal deine Sachen vom Badezimmersofa!“ – „Die zieh ich morgen wieder an…“ (drei T-Shirts und 5 Socken???)

    Um das schöne Schnickeldi im Bad beneide ich Sie – vor allem die Heißwasserkanne (die ja farblich anscheinend perfekt zu Wilhelm Busch und den Deutschen Balladen passt?!).
    Ute

  14. Melanie sagt:

    Bei uns sind die Bäder eher winzig, bei den Kinder hängt ein uralt Alibertverschnitt, der IMMER mit Zahncreme beschmiert ist. Für Deko haben wir leider so garkeinen Platz, weil mega winzing und voll mit den Dingen die man und Frau so braucht und vorallem die Kinder brauchen oder gebraucht haben und dann liegen lassen. Als Lektüre bei uns übrigens ganz weit vorn : Asterix und Obelix sowie ADAC.
    Lg Melanie

  15. Sabine sagt:

    Ja Babska, ja. So sieht es bei uns auch aus. Und in meinen Keller darf nienicht einer reinschauen! Unser Bad hätte ich machmal aber gerne mauscheliger, ist aber zu klein dafür.

  16. Beate sagt:

    Unser Bad ist dann wohl auch eher der Fraktion „schlicht und klar“ zuzuordnen, dank einem großen Hängeschrank für Handtücher & Co. und einem Spiegelschrank über dem Waschbecken fliegt nix rum (es hätte sowieso keinen Platz). Sehr übersichtlich das Ganze und ohne Lektüre. Von einer Wellnessoase allerdings auch meilenweit entfernt…

  17. Corinna sagt:

    Wow… Noch ein Bad in dem ein Stück Scheibenwelt rumsteht.
    Wobei… bei uns steht es nicht, bei uns liegt sämtliche Lektüre (für jeden Bewohner was dabei, aber auf jeden Fall immer ein Pratchett) auf einem mittlerweile fast kniehohen Stapel zwischen Waschbecken und Toilette in einem ansonsten sehr klaren, blauen, aufgeräumten und schlichten Bad.

  18. Zimtapfel sagt:

    Unser Bad ist so ein Mittelding aus vollgekruscht und klar und schlicht. Was aber nur daran liegt, das wir erst 1 1/2 Jahre hier wohnen. Das wird noch!
    (Und die Leute, die alles klar und schlicht haben, die haben bestimmt heimlich riesige, im Boden versenkbare Schrankfächer, in die sie immer alles reinstopfen)

  19. Jule sagt:

    Vermelde 4 qm und Umbauzustand. Montag kommt statt Badewanne die Dusche, statt Fliesenboden Pseudo-Holzboden, statt 38jähriger Toilette-Waschbecken-Wasserhahn-Heizung alles neu: schlicht und klar!

  20. Jeanie sagt:

    Ein schönes, gemütliches Bad haben Sie da liebe Frau…äh…Mutti! ICh finde es wunderschön, wenn überall „Krimskrams“ rumsteht… schöne Erinnerungen, was zum Gucken, zum Fühlen, zum „An-was-Besonderes-Denken“

    Mein Bad ist mal wieder nicht vorzeigbar, weil total zugestellt mit gefühlten 200 Wäschekörben und -Kisten…. Ein kleiner Trampelpfad läßt grade noch den Weg zum Waschbecken zu…. Aber irgendwann kommt dann mal meine Badezimemrvorführung ;-)

  21. cocolina sagt:

    schlicht und klar…. gefällt mir auch sehr. ist aber schnell steril.
    gemütlicher ist: schlicht und klar – und dann kommt das leben mit seinen siebensachen vorbei :-D

    ((wieso müssen bäder eigentlich immer so winzig klein sein? unseres auch. lang und schmal, kaum platz fürn schrank, klo gegenüber waschbecken, also direkt beieinander. für 5 personen. mir graust es vor der pubertät unserer 3 mädels))

  22. Dani sagt:

    hier: eigentlich ein reinweißes hochmodernes und riesengroßes bad mit zwei waschbecken, dusche, wanne…mit schwarzen accessoires, handtüchern und so…und einem riesigen sahm bild….aaaaaber: zwei kleinkinder und daher eher so im urzustand des frau mutti bades…und natürlich nicht foto tauglich…
    aber ich freu mich schon auf mein schwarz weißes bad, wo alles schick in schränken verstaut ist, was der optik schadet (wenn dann mal die kinder aus dem haus sind;))…

    lg, dani