Sie sehen den Jüngsten. Das Bild ist ziemlich alt und es ist mir eines der Liebsten, weil das Kind so wunderbar strahlt.

Ich habe dieses Bild früher im Internet nicht gezeigt, weil:

1. Die „Entenfüße“. Frau Mutti, achten Sie mal drauf, dass Ihr Kind seine Schuhe richtig trägt, die jungen Knochen verformen sich noch so leicht.

2. Das äußerst schmuddelige Äußere des Kindes lässt Rückschlüsse auf meine Fähigkeiten als Mutter zu.

3. Die Frisur. Das sieht selbstgeschnitten aus. (war es auch) Und ist das jetzt ein Junge oder eine Mädchen?

4. Die Umgebung. Kaputte Fliesen in denen Grünzeug wächst. Diverse Eimer. Ein Kübel, in dem auch nur Unkraut wächst. Und die Farbe blättert von der Wand. Schreiben Sie nicht immer von der Grünen Villa, Frau Mutti? Villenhaft sieht das wahrlich nicht aus, sondern fast ein bißchen gefährlich.

5. Der Wäscheständer. Waschen Sie Helles und Dunkles nicht getrennt? Und die BHs hätten Sie für das Bild ruhig abhängen können, die muss ja keiner sehen.

So oder ähnlich wären die Kommentare damals gewesen. Mindestens einen hätte ich lesen dürfen.

Heute schriebe man zu dieses Bild: „mitten aus dem Leben“, „so sieht ein glückliches Kind aus“ und „toller Schnappschuss!“ (und würde sich vermutlich seinen Teil zu der Umgebung denken, per dm ein bißchen über das schmuddelige Kind lästern)

Ein „ordentliches“ Bild, das saubere Kinder in aufgeräumter Umgebung zeigt, ist nicht wie damals erstrebenswert, sondern eher verpönt, denn „unrealistisch, gestellt, niemand lebt so.“

Ich habe damals manchmal mit dem Arm über den Tisch gewischt, damit der fotografierte Ausschnitt hübsch aussah. Das gefiel mir besser. Heute knippse ich gerne den gesamten Tisch mit seinem Sammelsurium darauf, weil er unser Familienmittelpunkt ist und das Leben so schön spiegelt.

Ich kenne eine Frau, deren Haus trotz kleiner Kinder jederzeit die perfekte Fotokulisse ist. Sie lebt einfach gerne so, stressig und unecht wären für sie Kekskrümel auf dem Tisch und Bananenmatsch am Kind. Wenn sie Bilder zeigt, unterstellt man ihr, sie habe extra fürs Bild aufgeräumt.

Die Ansichten ändern sich, die Leben unterscheiden sich, wir sind alle irrsinnig tolerant und aufgeschlossen, doch noch immer kacken sich Frauen gegenseitig ins (virtuelle) Wohnzimmer. Schlimm.

16 Kommentare zu “Geschönt, ungeschönt und echt. Stichworte.”

  1. Sarah sagt:

    .

  2. Maufeline sagt:

    Ich hab extra jedes Mal zurück gescrollt um die schröcklichen Dinge im Bild zu sehen ^^ Die BHs wären mir gar nicht aufgefallen ;-)

    Ich glaube, denjenigen, die gerne ins Wohnzimmer kacken, kann man sowieso nix recht machen, egal was man tut. In Blogs und im echten Leben…

    Liebe Grüße
    Katha

  3. Mathilda sagt:

    Ich habe nur das Lachen des Kindes gesehen und mich gefreut.
    Es könnte ein Foto von meinen Kindern sein, die hatten auch lange von mir geschnittene Haare und nicht die schönste Kleidung, denn sie waren meistens draussen, am Bach oder Wald oder spielten mit dem Hund fangen.
    Lg Mathilda

  4. Monika sagt:

    .

    (was Maufeline sagt. Und Mathilda.)

    Ich verstehe diese mummy-wars irgendwie nicht, aber vielleicht bin ich einfach zu alt. Unterschiedliche Ansichten über Erziehung oder Nicht-Erziehung oder was auch immer gabs ja schon immer, und bei mancher Kindfreundes-Familie fand ich deren Erziehung auch befremdlich. Tat aber einem höflichen Umgang miteinander (so man die Eltern denn kannte) und vor allem dem Umgang der Kinder miteinander keinen Abbruch.

    Leben und leben lassen.

  5. Frau Budenzauberin sagt:

    Ich mag dieses Foto da oben so unglaublich sehr.

    Weil es den meinen so unglaublich ähnlich sieht. Und vielleicht lachen unsere Kinder ja auch gerade deshalb so strahlend? Wer weiß. ;-)

  6. Isa sagt:

    Boah,ist das so kompliziert!!?!

    Ich kapiere das nicht wirklich.

    Das Bild ist großartig.

    LG Isa

    P.S. Ich habe auch so’n Kübel

  7. Helga sagt:

    Hatten Sie keine Angst, dass das Kind sich mit der Wäscheklammer verletzt? Und die Hose ist doch gewiss auch noch viel zu groß, wenn sie so umgekrempelt werden muss.

    Ein tolles Bild! Ein glückliches Kind. Mir sind die BHs übrigens auch nicht aufgefallen und auf meinem Wäscheständer hängen oft dunkle und helle Wäsche zusammen. Manchmal sogar 30- und 60-Grad-Wäsche! (Leben am Limit)

    Haben Sie einen schönen Tag und erfreuen Sie uns gerne weiterhin mit so tollen Kinderbildern.

    Beste Grüße aus DK.
    Helga

  8. creezy sagt:

    Also die Außenhaut vom Haus hättet Ihr wirklich noch mal schnell verputzen können für das Foto. Ernsthaft.

    (Okay, ich liebe dieses Blogpost.) ,-)

  9. Sigrid sagt:

    Diesem Text und den Kommentaren ist nichts hinzuzufügen.

  10. rona sagt:

    Auch ich scrollte immer hoch.

    Insgeheim dachte ich mir: hier wäre ich gerne Kind gewesen (!!!! – und das mit fast 60 Jahren).
    Die Phantasie und Kreativität kann sich entfalten
    – in einem Garten, auf den nicht aufgepasst werden muss
    – mit Eltern, die behutsam begleiten
    – usw. usf.

    Irgendwann einmal habe ich zurückgelesen und oftmals die Tränen der Verzweiflung nachempfunden.
    Umso mehr begeistert mich dieses strahlende Kind.

    Danke, fürs Teilhabenlassen.

  11. Sabine sagt:

    Und das Kind hatte keine Realitäts/Regenbogen-Problematik wegen der Ernie und Bert T-Shirts? :)))
    Einfach weiteratmen. Und vielleicht werden Facebook und Co ja irgendwann wieder abgeschaltet, lol.

  12. Corina sagt:

    Liebe Frau Mutti,

    ich liebe Ihr Blog!!!
    Fühle mich verstanden und angenommen!
    Weiter so!

    Ich muss mal schauen, wo meine entsprechenden Bilder sind.

    Herzliche Grüße
    Corina
    (Mutter von 2 Jungs, inzwischen 26 und 24 Jahre. Ich freue mich auf die Bilder meiner noch nicht vorhandenen Enkelkinder)

  13. Martina sagt:

    Was ich auf dem Bild sehe: ein gut gelaunter Minimann im Garten, Mutti hat Wäsche aufgehängt, es wächst irgendwas Grünes. Hätte so ähnlich in meinem Garten vor 20 jahren sein können, nur mit Minimädchen. Alles normal würde ich sagen ;)

  14. aprikaner sagt:


    wunderbar! Danke!

  15. Croco sagt:

    Auch ich musste immer wieder Hochschulen, das kommt davon, wenn man bei einem bezaubernden Lachen dahinschmilzt und nicht weiteres Mahr wahrnimmt (BHs und so -ist das ein Beweis dafür, dass ich kein Mann bin ? :-) )
    Nur die Fassade der Grünen Villa, die hatte ich glatt als Rasen wahrgenommen.
    Ansonsten – hier jetzt fehl am Platz, aber ich habe ein Wochenende lang Daumen gedü chr und freue mich sehr!

  16. Kerstin sagt:

    An sich kann man über deinen Artikel einen neuen schreiben, aber das Grundgefühl dabei ist ganz einfach.. DANKE! Dass Realismus so schön sein kann :D