Ich will ihnen eins sagen!

25. Oktober 2008

Die Sonne wagte sich durch die dicken Nebelschwaden und es zog uns nach draußen. Ausserdem musste kontrolliert werden, ob der Cache noch ordnungsgemäß an Ort und Stelle liegt und was die Finder ins Logbuch geschrieben haben.
Etwa auf halber Höhe ließen wir den Nebel unter uns zurück.

Frau … äh … Mutti betrachtet interessiert die Landschaft um zu überspielen, dass sie prustet und schnauft wie eine olle Dampflok. (Frau Jette, Sie wissen schon wo)

Der Cache liegt wohl geborgen dort wo er hingehört, im Logbuch stehen freundliche Worte und keiner traut sich, Trades zu entnehmen.

Auf dem Rückweg liefen wir eine kleine Schleife oben am „Berg“. In strahlendem Sonnenschein.

Und während wir da so standen, der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib, die Nase in die Sonne hielten und uns verliebt ansahen, gesellte sich ein alter Mann zu uns. Er kontrolliere die Mülleimer, das sei sein Job. Schließlich wolle man noch etwas zu tun haben, wenn man schon zum alten Eisen gehöre. Nächste Woche sei sein 87. Geburtstag. „Ich will ihnen eins sagen“, sagte er, „man will wenigstens nützliches altes Eisen sein.“
Eine Stunde später gingen wir weiter. Wir hatten erfahren, warum die Uttrichstraße, ehemals Käsgass, überhaupt Käsgass hieß und dass dieser eine Winzer, der da so riesig neu baut zwei Millionen investieren muss. „Ich will ihnen eins sagen“, sagte er, „der muss gesundbleiben, damit er das schafft.“ Im Krieg sei er gewesen, als Fahrer. Keinen einzigen Schuß habe er abgegeben, dafür aber den Oberst durch die Gegend gefahren. „Ich will ihnen eins sagen“, sagte er, „die sollten Vorbilder sein. Aber das waren sie nicht.“ Wenn er Schriftsteller wäre, er hätte viel zu erzählen, sagte er. Und es wolle niemand zuhören, denn niemand hat Zeit. Und im Altersheim, da würden sich die Leute aufgeben. „Ich will ihnen eins sagen“, sagte er, „die haben keinen Kontakt und bemühen sich nicht.“

Er hatte uns noch viel zu sagen und wir hörten ihm gerne zu. Ich dachte zwischendurch, dass es schön wäre, wenn es ein bißchen wärmer wäre. Und wir uns auf´s Bänkchen setzen könnten, vielleicht mit einem Kaffee. Ich hätte gerne noch ein paar Geschichten aus einem Nierstein gehört, in dem noch Pferdefuhrwerke unterwegs waren und im Haus gegenüber dem unseren Handkäs hergestellt wurde.

8 Kommentare zu “Ich will ihnen eins sagen!”

  1. IneS. sagt:

    Nun bin ich aber auch neugierig, warum die Käsgass nimmer Käsgass heisst. (Dort, wo doch die Frau Sander wohnt :D ). Erzählst Du mir das dann?

  2. jette sagt:

    Tarumhaft, da!

  3. Gartenfreundin sagt:

    Hallo Frau Mutti!
    Wirklich schöne Gegend bei Ihnen!
    Das mit den älteren Herrschaften kenne ich! Ich kenne auch eine ganz liebe alte Omma…und die kann soooo herrlich erzählen! Goldig! :)
    Mal was anderes: Ich vermisse neue Pompaduras im Angebot :D Ist da etwas in Arbeit? Darf ich hoffen?

    Eine stille aber tägliche Leserin

  4. e*lk*e sagt:

    Ein Zeitzeuge, wie schön, da freut sich mein Geschichtslehrerinnen-Herz. Schade, dass diese Generation so langsam unsere Erde verlässt. Bleibt zu hoffen, dass es einige gibt, die sich die Geschichten anhören und aufschreiben.

    Im letzten Herbst traf ich einen solchen Zeitzeugen in Ostfriesland, am Anleger einer kleinen Fähre. Den ganzen Tag hielt er sich dort auf und erzählte von vergangenen Tage und dem Leben hinter dem Deich. Dabei lernte ich u.a. dass Schafe intelligenter sind als Kühe. Schafe bringen sich in Sicherheit, wenn der Deich bricht und sie nasse Füße bekommen. Kühe bewegen sich nicht, auch nicht, wenn ihnen das Wasser bereits bis zum Hals steht. Sie müssen vom Menschen gerettet werden.

  5. oma eis sagt:

    kürzlich trafen wir am Oppenheimer Hafen
    einen älteren Herrn der mit seinem Rollator unterwegs war. Auch er hatte uns viel zu erzählen, u.a. dass die Schwäne die er immer füttert ihm aufs Wort hören.
    So z.B. wenn er sagt:“ na, Schwanemuddische zeig mer doch emol wieviel Aier (Eier) de hoscht“, besagte Schwanenmutti sich vom Nest erhebt und ihn nachzählen lässt.
    Das Ganze konnte er auch noch mit Fotos, die er ständig in seinem Rollator mitführt, beweisen.

  6. Monika sagt:

    Wie schön dass Ihr Euch die Zeit und Musse nehmen mochtet, dem alten Herrn bei seinen – offensichtlich hochspannenden, siehe kalte Füsse und Frösteln – Geschichten zuzuhören. Menschen die sich diese Musse nehmen sind nicht mehr so häufig in diesen Tagen.

    (aber vielleicht brauchte die Frau… äh …Mutti die Zeit auch nur um wieder zu Atem zu kommen *duckundwech*)

  7. Kerstin sagt:

    Ja, alte Leute haben manchmal echt interessante Sachen zu berichten. In meinem Beruf als Altenpflegerin hätte ich auch manchmal lieber mehr Zeit gehabt um noch weiter zuhören zu können! Was die manchmal so durchgemacht haben…
    Lg Kerstin

  8. Eva sagt:

    Am Vormittag fuhr ich durch die sonnendurchflutenden Wengert hinunter ins nebelige Maintal und liebte meine Heimat einmal mehr für diese wunderschön gefärbten Flickenteppiche/ Weinberge.
    Und ich freue mich jedesmal wenn Sie Fotos in Ihrem Blog von „ihren“ Weinbergen veröffentlichen (ich kann das nicht so schön, mal abgesehen davon das es nicht funzt). Das bringt mir die Wengert dann auch ins Wohnzimmer :) Danke!