Mensch, BENCH!

12. September 2008

„Es muss diese eine Fleecejacke sein“, seufzt die Freundin, die nie Zeit hat. Etwas anderes will die Tochter nicht tragen. Bench heisst die Marke der Begierde.
„Kenne ich nicht“, muss ich gestehen und auch die Mutter der Tochterfreundin ist ahnungslos.

Wir sind ja so uncool. Wir wissen nicht, dass Fleecejacken von Bench so cool sind, dass jede zweite Schülerin des Gymnasiums sie trägt. 80 (!) Jacken hat die Tochter auf dem Schulhof gezählt. 70 Euro kostet sie, die coole Fleecejacke. Aber die muss es sein. Nur die. Weil sie unauffällig macht, die coole Uniform.

Man will ja nicht dumm sterben und deshalb bemühte ich Herrn Gugel. Der empfahl mir „Bench : the official clothing site“ und ich klickte. Musik dröhnte und man wollte, dass ich mich anmelde. Nee, ich wollte doch nur die coole Fleecejacke betrachten und nicht meine Seele verkaufen. Herr Gugel empfahl auch noch andere Seiten und tatsächlich fand ich sie, die coolen Bench-Klamotten. Grau. Schwarz. Die Jacken mit einer Art Lätzchen, das man bis zum Kinn hoch schließen kann. Zum Verstecken von Knutschflecken wahrscheinlich. Das Lätzchen hatte die Freundin, die nie Zeit hat bereits erwähnt, ich konnte mir nichts darunter vorstellen. Auch jetzt scheint es mir weitestgehend zweckfrei, das Kinn zu verhüllen, wenn die Nieren frei sein dürfen. Huch. Ich höre mich alt an. Und uncool.

Es ist so eine Sache, die Sache mit den coolen Uniformen. Bei mir waren es früher die Adidas-Turnschuhe, diese bestimmten, knöchelhohen in weiß mit dunklen Streifen. NUR die. Keine anderen. Oder Chucks. Die aber nur, wenn man gleichzeit auch Kutten trug. Und Sweatshirts von Marc´O Polo, mit riesengroßem Aufdruck auf dem Rücken. Und die Schulternähte hatten so eine bestimmte Form, so dass Plagiate leicht zu enttarnen waren. Es zählte nur das Original. Ernesto oder Sash trugen die Prolls. Die Coolen, die ECHT Coolen trugen Levi´s. Schon immer. Wurden damit geboren. Und Socken von Burlington. Eventuell auch Fruit of the Loom, allerdings nur passend zu den Socken.
Ich besuchte keine elitäre Privatschule. Ich trabte jeden Tag in ein Gebäude, das zwei Gymnasien und drei Berufsschulen beherbergte. Und als größter Drogenumschlagsplatz von Rheinland-Pfalz galt. Schüler des „normalen“ Gymnasiums trugen andere Klamotten, als die des altsprachlichen Gymnasiums. An ihrer Kleidung sollst du sie erkennen :-)

Das ist heute wohl nicht anders als damals. Heute heißen die Kleider eben anders. (bis auf die Chucks, die sind wohl wirklich zeitlos). Bench kannte ich noch nicht, ich dachte, dass die Kinder immer noch von Ed Hardy begeistert sind. Heute sind die Klamotten wohl vergleichsweise teuer wie damals. Die Adidasschuhe kosteten um die 80 Mark. Früher sehr viel Geld, für 40 Euro bekomme ich ein Langarm-Shirt auf dem Bench steht. Meine Mutter fand die Adidasschuhe nicht schön, ich finde die Benchsachen nicht schön.
Vielleicht ist das so, dass Mütter die coolen Sachen nicht schön finden. (ich bin sehr froh, dass meine Kinder (noch) nicht modebewusst/markenversessen sind)

Was macht man, wenn die Kinder nur noch dann einen Sinn im Leben sehen, wenn sie, beispielsweise, die Fleecejacke von Bench anziehen können? Sagt man:

a) Aber klar doch, kauf dir gleich zwei, damit du verschiedene Farben hast!
b) Vergiss es, das sehe ich nicht ein.
c) Kauf dir den Kram selbst, wenn du meinst, du müsstest so herumlaufen.
d) ok, du legts aber die Hälfte drauf.
e) Kannst du dir ja zu Weihnachten wünschen (vielleicht ist es bis dahin wieder out).
f) eine Mischung aus allem oder etwas ganz anderes: …

Und ausserdem: Wer bestimmt, was cool ist? Gibt es derzeit eine Musikgruppe, die nur Benchjacken mit Latz trägt?
Weia. Ich hatte mir geschworen, dass ich auf dem Laufenden sein möchte, dass ich Verständnis haben möchte, für Musik und Geschmack der Kinder. Aber irgendwie – geht das nicht. Vielleicht kommt mir da mein eigener Geschmack in die Quere. Oder meine Erfahrung. Mein Wissen, dass das Glück im Leben eben doch nicht vom richtigen Lätzchenjäckchen abhängt. Und dass man wirklich erwachsen werden kann, ohne cool zu sein. Aber auch, dass es wahnsinnig schwer ist, wenn man nicht cool ist. Und dass man dann Manches vielleicht auch als Erwachsene nachholt. (quietschrote Chucks, zum Beispiel)

Noch zerbreche ich mir „fremd“ den Kopf, noch ist es die Tochter der Freundin, die nie Zeit hat. Aber die war vorgestern doch eigentlich auch noch klein und hat hinter der Schultüte hervor gegrinst.

(Wirres zum Wochenende)

20 Kommentare zu “Mensch, BENCH!”

  1. Anouks Frauchen sagt:

    Ja!

    Aber was sind Chucks?

    uncoole (?) Grüße, Katrin

  2. syvi25 sagt:

    na toll. Offensichtlich bin ich noch nicht aus dem Alter raus – ich habe die Jacke eben gegoogelt und will auch eine! Bitte in grau oder schwarz.

    (kann mich noch gut erinnern an die Sache mit den Jeans, die einen weißen Streifen an der Seite hatten, man was hab ich die mir gewünscht & dann hat meine Omi die mit Bügelfalten versehen, die auch nach 1000 Wäschen nicht mehr richtig rausgegangen sind)

  3. Anouks Frauchen sagt:

    Ach so (danke Herr Gugel), die mag ich auch, die heißen hier aber nicht so. Ich dachte immer an Docs und dass die doch Docs heißen, oder Undergrounds..
    Aber Chucks heißen hier Stoffturnschuhe. Fertich.

  4. an.na sagt:

    Das sind doch die Jacken mit den coolen Daumenlöchern im Ärmel. Extrem praktisch!

    Ich würde die Punkte c, d und e irgendwie „mischen“ … – bloß weil Mama die Marke nicht kennt und andere Prioritäten setzt, muß die Tochter doch nicht auf ihr Wunschobjekt verzichten müssen. :)

  5. jette sagt:

    Also meine Kollegin, die hat ja auch so eine.

  6. Bettina sagt:

  7. Bettina sagt:

    Ups, zu schnell mit den kleinen Fingerchen gewesen.

    Habe mir grad die Jacken mal angeschaut (sorry, ich habe zwei völlig modedesinteressierte Jungs) und kann zu dem Lätzchen nur sagen: Gibt wenigstens nen warmen Hals. Ist doch auch was wert, oder?!

  8. Anke sagt:

    An meine Adidas-Schuhe kann ich mich noch gut erinnern. Musste ziemlich lange betteln, bis ich welche bekam. Als ich sie dann hatte, wurden sie mir gleich drauf wieder vor der Haustüre gestohlen. Und ich heulte wie ein Schloßhund.

    LG von Anke

  9. Celeritas sagt:

    Bewährt hatte sich bei meiner Tochter (jetzt 22) die Variante eines Festbetrages für eine Jacke, Hose, etc. Der Rest mußte dann selbst drauf gelegt werden, wenn es denn dann unbedingt die In-marke sein sollte. Eigenverantwortung hat sich bei meinen Kindern bewährt.

    lg celeritas

  10. EausP sagt:

    Chucks sagt mir ja so gar nichts.
    Aber nachschauen hat geholfen, die Teile laufen hier nur unter All Star, waren diesen Sommer wohl auch in der Klasse meines Sohnes in.
    Nach den Jäckchen muss ich jetzt aber auch mal schauen.

  11. svenja sagt:

    Ich liebe Benchjacken. Sie sind unheimlich praktisch (gar nicht hüftfrei) Der „Latz“ kann auch offenbleiben, wenn er zu ist hält er schön warm. Und es gibt sie in allen Farben. Und sie haben Löcher für die Daumen- verhindert ein Hochrutschen der Ärmel und es weht beim Radfahren kein Wind rein.
    Ich mein das alles ganz ernst, ich finde bench auch. Mit Sicherheit hätte ich auch so eine…
    …wenn diese Jacken nicht nur für dünne Menschen konzipiert wären.
    Herzliche Grüße,
    Svenja

  12. Heike sagt:

    Ich finde die Jacken klasse…alleine dieser tolle hohe Kragen ist für meinen immer frierenden Hals einfach nur genial…und in der Länge reichen die Jacken locker weit genug um auch mein Rücken noch zu bedecken..gruß HEike

  13. Frau Suppenklar sagt:

    Gott sei Dank, dass ich auf einem Gymnasium namens „John Lennon“ war, auf dem es IN war, Second Hand Klamotten zu tragen und Led Zeplin zu hören. Darf ich bitte die Pubertät MEINER Tochter überspringen – BITTE! So langsam krieg ich Angst, wenn ich das hier immer lese…

  14. Budenzauberin sagt:

    Genau solche Jacken /Fleece, mit „Daumen-Loch“ habe ich gestern noch bei H&M gesehen (ich kaufe da immer nur Shirts. In der Schwangeren-Abteilung. nein, ich bin nicht schwanger.), für *ich_glaube* 29,- Ocken oder so. Vielleicht tun die's ja auch?

    (Ich mochte die ADIDAS-Allround nicht, ich war ein Trophy-Träger. Und halte derzeit wieder nach denen Ausschau, bei Ebay.)

  15. FantaFünf sagt:

    Hmmm – wenn ich das so lese, bin ich dankbar, dass ich Jungs habe,die zum Glück auch in keinster Weise irgendwelchen Modetrends anhängen (bis jetzt – man weiß ja nie ;) ).
    Außerdem hänge ich noch (bis zum Beweis des Gegenteils) der Hoffnung an, dass das Vorleben der Eltern auch etwas bewirkt. Ich brauche kein bestimmtes Modelabel zum Glücklichsein und wenn mir ein Teil nicht passt/gefällt/entspricht, dann ist es mir egal, welcher Name daraufsteht – und diese Einstellung habe ich/wir meinen/unseren Kindern (bis jetzt) mit Erfolg vermitteln können.
    Natürlich mache ich mir auch Gedanken, ob, wann und wie der Gruppenzwang auch bei meinen Jungs anschlägt … dann werde ich vermutlich einen Mittelweg aus Alternative d) und e) wählen (wenn der Leidensdruck sich nicht übermässig gestaltet … :cool: ).

  16. Anna sagt:

    Bei uns gab es auch einen Festbetrag fuer verschiedene Kleidungsteile und wir konnten dann mit Taschengeld, Weihnachtsgeld drauflegen.

    Ansonsten, ich finde ja das grau-schwarz-olive ziemlich langweilig der Benchjacken, aber das „Laetzchen“ mag ich durchaus, und trage es schon seht lange zB an orange-roten Strickjacken. ;)

  17. Christine sagt:

    Drei Söhne in unterschiedlichen Phasen pubertierend lehren mich: es ist egal was ich trage, Hauptsache meine Eltern können an Farbe, Form, Stil oder was auch immer etwas zu meckern finden. Der Älteste trägt superkurze Jacken, weite Jeans die viel zu tief hängen und unmögliche Shirts – Stirnrunzeln garantiert. Der Mittlere ist auf der verzweifelten Suche nach Extremen im Hippie-Style um endlich auf Widerstand zu stoßen (so habe ich mich halt früher auch angezogen…). Die kaputten Schuhe waren es dann. Der Jüngste provoziert durch augenschädigende Farbkombis.
    Teure Markenklamotten gehen nur mit Selbstbeteiligung. Aber da sind Buben vielleicht bedürfnisloser als Mädchen.

  18. StBGmvzvF sagt:

    Mein Großer hat bis vor kurzem keinen Wert auf Marke gelegt – er hat nur spezielle Marken abgelhnt, z.B. Jack Wolfskin – diese Tatze fand er als 5 jähriger schon schrecklich.Chucks wollte er partout nicht tragen – dann hat er angefangen mit Skateboerd fahren und Snowboarden.Seit ca. einem halben Jahr steht er auf Marken Burton, Billabong, es, etiens uvm.Preislich hält sich das alles noch im Rahmen, die Winterjacke die er sich ausgesucht hat soll zum Beispiel 70,-€ kosten – natürlich gibt´s bei H&M billigere – aber oftmals ist die Qualität auch mehr als fragwürdig.Und wenn die T-Shirts jetzt etwas teurer sind als früher , gibt es einfach nicht mehr so viele und somit muß auch nicht mehr Geld ausgegeben werden.Ich kaufe auch für den rest der Familie lieber Markenklamotten, habe dann aber auch gewisse Ansprüche an die Qualität – und wenn z.B. eine Doppeljacke mal 100,- € gekostet hat, aber dann von 3 Kindern getragen werden kann – dann sind mir auch die 100,-€ nicht zuviel.Ich habe damals mein komplettes Geburtstagsgeld ( 100,-DM) für die Allround-Schuhe ausgegeben – aber ich fand die echt super – und meine Eltern konnten dann auch nichts sagen als ich sie innerhalb von Minuten mit Edding “ verschönert “ habe. :D

  19. sue sagt:

    Die oberen Eintragungen habe ich stirnrunzelnd gelesen… (auch ich kenne das und kämpfe seit Jahren damit. Inzwischen sind aus drei Kindern altersbedingt zwei geworden und ganz viel geht besser, aber es holt einen immer mal wieder ein – vorzugsweise wenn äusserlich auch noch was schief läuft. Möge es bald besser sein!)
    ähm…
    Aber hier habe ich breit gegrinst. Das älteste Kind ist dem Haushalt entfleucht und da beobachte ich seit längerer Zeit, das er inzwischen doch mehr Wert auf Marken legt. Darf er gern, denn jetzt muss ich darunter nicht mehr leiden. Die beiden Verblieben legen bis heute keinen Wert auf uniforme Marken und es ist tatsächlich auch ein 18-jähriges Mädel dabei. Die Pubertät war über Jahre anstrengend, aber um Klamotten gingen die Machtkämpfe auch in der Zeit nie. Der Jüngste (13) trägt Klamotten, die manch 30-jährigem zu langweilig wären. Für den darf ich gern bei en*bers einkaufen… das ist cool genug *gg*
    Beide haben olle Handys ohne Schnickschnack, kommen mit 15 Euro Prepaid drei Monate aus und tragen Klamotten, die ich ohne Stirnrunzeln ansehen kann. Ich weiß auch nicht, was ich tun sollte, wenn hier dieses Anspruchsdenken und Coolseinmüssen Einzug halten würde.

    Wir werden älter… das wurde mir vor drei Wochen schlagartig klar, als ich den ersten Enkel auf dem Arm hatte. Aber noch kollidiert mein Geschmack nicht mit dem der Kids. Wir sind aber irgendwie auch jünger geblieben als die eigenen Eltern – noch immer hält man mich manchmal für Freundin oder Schwester des ältestenh Sohnes. Bis heute hab ich höhere weiße Turnschuhe an den Füssen. Nicht die mit den 3 Streifen, solche hatte ich nie, aber weiß muss noch immer sein… :D

    Meine Kinder sind manchmal schrecklich konservativ – und/oder ich bin ein Stück weit Kind geblieben. Und mir wurde beim Lesen mal wieder bewusst, wie froh ich sein darf, dass meine Kinder so sind, wie sie eben sind.

  20. schussel sagt:

    Ich selbst war nicht so sehr verrückt nach Marken und modischem Schnickschnack (war eh der Außenseiter, da wars dann auch schon egal). Bei meinen Geschwistern, die da mehr dafür waren, galt: entweder zu Weihnachten/Geburtstag wünschen (notwenige Klamotten gab es sonst einfach so, nie als Geschenke), oder es wurde festgesetzt, was eine „nicht-coole“ Hose kosten würde, und der Restbetrag musste dann selbst übernommen werden. Wenn schon genug Hosen vorhanden, dann ganz selber kaufen. Meine Schwester hat sich einiges so gekauft.