Ruhig. Gaaaanz ruhig.

28. August 2008

Eigentlich bin ich die Ruhe in Person.
Ich habe wirklich viel Geduld mit den Kindelein.
Ich brülle sehr selten.
Ich knalle so gut wie nie die Türen hinter mir zu und kann mir den allergrößten Scheiß überdurchschnittlich lange anhören, bzw. – sehen.

Aber jehetzt – jetzt ist genug.

Im Zimmer der Mittleren sitzt die Mittlere samt allerliebster Freundin, eifrig damit beschäftigt sich gegenseitig in hysterische Panikattacken ob des anstehenden Aufsatzes morgen zu steigern. Ausserdem besteht die Möglichkeit, dass entweder in Englisch oder in Französisch ein Vokabeltest geschrieben wird. Oder in beiden Fächern. Und man kann ja nix. Keine einzige Vokabel. Noch nie gekonnt. Wie aus dem Kopf gepustet.
„Wir haben sooo Angst!“, winseln die beiden und „Darf ich heute bei euch übernachten zum Läääärnen?!“
„Haha.“, sagt Frau … äh … Mutti, „Vergesst es.“

Im Zimmer des jüngsten Kindes haben es sich das große und das jüngste Kind auf dem letzten freien Platz (auf dem Kopfkissen) gemütlich gemacht, um ein Auto aus Fischer Technik zu bauen. Rings um sie verstreut liegt der Lego-Weltraumschrott aus allen sechs Sternenkriegen, die Bausätze für einen mittelgroßen Fuhrpark und ein kleiner Kater, der genüßlich am Bein von Darth Vader nagt.
„Aufräumen!“, so lautet der strenge Befehl der Frau … äh … Mutti. Zehn Minuten später erhebt sie die Stimme und es passiert tatsächlich. Der Kater verlässt beleidigt das Zimmer.

„So´n Kack.“, sagt das große Kind, „Die Lateinarbeit ist auf Montag verschoben und das bedeutet, dass ich jetzt am Wochenende, wenn wir weg sind, Latein lernen muss.“
„Musst du nicht“, klugscheisst Frau … äh … Mutti, „Lerne einfach heute so, als würdest du morgen die Arbeit schreiben. Dann reicht es, wenn du Sonntag abend nochmal drüber schaust.“
„Ok“, sagt das große Kind und verschwindet in seinem Zimmer. Fünfzehn Minuten später verlässt er dieses pfeifend und singend: „Ich kann jetzt alles.“ Selbstüberschätzung, klassisch. Frau … äh .. Mutti beschließt, ihn auflaufen zu lassen.

„Hast du deine Hausaufgaben gemacht?“, fragt Frau … äh … Mutti das jüngste Kind.
„Ich soll nur Bilder von Kartoffeln machen.“ antwortet dieses, „Eins, zwei, drei, zehn oder zwanzig.“
Großes Unverständnis zeichnet sich auf dem jugendlichen Antlitz der Frau … äh … Mutti ab und das jüngste Kind erklärt erneut, dass es eins, zwei, drei, zehn oder zwanzig Bilder von Kartoffeln braucht. Wir einigen uns auf ein gemaltes Bild (das jüngste Kind schmiert einen braunen Klecks mit schwarzen Punkten auf´s Papier) und ein Photo der Schüssel mit den Minikartöffelchen (das jüngste Kind balanciert auf dem Stuhl vor der Schüssel, knippst ein Bild und kräht: „Fertig mit den Hausaufgaben!“).

Der beste Vater meiner Kinder sitzt im Home Office und taucht seit einer Stunde alle zehn Minuten auf, nur um mir mitzuteilen, dass er gleich Feierabend macht. Der andere kleine Kater kotzt, der große Kater traut sich nicht ins Haus und maunzt jämmerlich und in einer Stunde sitze ich auf einem Elternabend, obwohl ich dazu kein Quentchen Lust habe.

Sie lasen zwei Stunden aus dem wundervollen Leben der Frau … äh … Mutti.

5 Kommentare zu “Ruhig. Gaaaanz ruhig.”

  1. Kerstin sagt:

    Kleine Kinder, kleine Sorgen…große Kinder,…
    wieder seeehr unterhaltsam berichtet! :-)

    Lg Kerstin

  2. Jeanie sagt:

    Ich danke Ihnen für diesen wunderbarsten Eintrag ;-))

    Also gehts in der grünen Villa echt genauso zu wie im Hexenhaus (mit dem Unterschied, daß die Hexenhaus-Chefin (hahaha, guter Witz) KEINE Geduld hat und ziemlich schnell losbrüllt)

    Im Ernst – auch SIE brüllen mal???

    Ich liebe Ihren Schreibstil!! Einfach toll – ich hab immer das Gefühl so richtig mittendrin zu sitzen ;)

  3. zaraffel sagt:

    Oha..da bin aber jetzt so was von übermässig selig…das es nicht nur mir so ergeht…nur mit dem brüllen das muß ich noch üben… :D , in solchen Momenten werd ich meistens schon übertönt. ;)

  4. tshalina sagt:

    :( Ich möchte nicht tauschen mit dir. Du hast mein vollstes Verständnis.

  5. Astrid sagt:

    Wieder mal herrlich, diese alltäglichen Beschreibungen, mußte reichlich schmunzeln – aber ab Montag wird es hier wohl nicht viel anders zugehen, die Ferien sind leider zu Ende!