Eine schnelle Mittagspause (Käsebrot und diesmal Früchtetee) führt mich nach einem sehr erfolgreichen Einkauf wieder in die Wohnung.
Das Teuflische am Euro ist, dass alles immer irgendwie so günstig ist. Dank Euro war mein Einkauf bei der wunderbaren Frau Tulpe nicht dreistellig.

Übrigens bewege ich mich mittlerweile so lässig durch die verschiedenen U-Bahn-Stationen, dass mich lästige Touristen als Einheimische erkennen und mich nach dem Weg fragen. Einmal konnte ich sogar weiterhelfen.
U-Bahn fahren ist so toll! Zum Beispiel vom Herrmannplatz aus mit der U8. Jeder U-Bahnhof bis zum Rosenthaler Platz ist in einer anderen Farbe gekachelt. Ich finde das irre! Herrmannplatz zum Beispiel hat graue Wände und leuchtend gelbe Säulen und stuckähnliche Abschlussborten. Die Schönleinstraße ist gar nicht so schön, ein eher schmutziges graugrün, doch die Säuen zeigen sich in topmodischem petrol. Das Kottbuser Tor ist altrosa mit Graffiti, der Moritzplatz sehr pastellig, mintfarben, mit Abstufungen ins helllila und hellblau. Danach wird´s wieder altrosa, allerdings etwas intensiver. Dann pistaziengrüngelb, türkis, zartlila/blassblau und schließlich, ich wartete so sehr darauf: leuchtend orange. Allerdings wohl gerade in der Renovierungsphase und das Orange verschwindet bestimmt für immer.
An der Wand zwischen zwei Stationen sah ich im Vorüberfahren Schilder. Schilder, die wie Bahnhofsschilder aussahen, weiß mit dunklem Rand. Auf dem ersten stand „überirdisch“, dann folgten „übermütig“ und „überdrüssig“ und noch einige „übers“. Kann mir jemand von den wirklichen Einheimischen sagen, was das bedeutet? Irgendwo in der U8, ich glaube noch vor dem Alexanderplatz.

In der U-Bahn sah ich einen direkten Nachkommen von Dschingis-Khan, der mir unter buschigen, schwarzen Augenbrauen hervor feurige Blicke zuwarf. Jedenfalls bis zu dem Moment, da wir gleichzeitig die Bahn verlassen mussten und er feststellen musste, dass ich ihn um zwei Köpfe überragte. Er trug´s mit Fassung, zwirbelte seinen Schnurrbart und eilte von dannen.
Ausserdem sah ich eine blaurote, dick geschwollene Zunge mit einer silbernen Perle. An der Zunge dran hing ein junges, sehr blasses Mädchen, das fürsorglich von einer Freundin gestützt wurde und das verzweifelt versuchte, einigermaßen klar artikuliert die Freuden des Zungepiercens zu schildern.
Und ich sah, dass irgendjemand Mandy so lieb hat, dass er/sie es an die Fensterscheibe schreiben musste. Und irgendjemand wollte Mandy einen Kaugummi schenken, zartrosa und ziemlich angetrocknet.

So, Käsebrot aufgegessen, jetzt noch eine kleine Mittagspause und dann … mal sehen.
Abspülen geht leider nicht, da der Wasserhahn kein Wasser mehr ausspuckt. Entweder hat der Schwager da eine Rechnung nicht bezahlt oder es wird irgendwo, irgendwas repariert. (hoffentlich Letzteres).

Heute abend inspiziere ich eine aufgeräumte, aber nicht geputzte Wohnung und esse beim Mexikaner. In sehr netter Gesellschaft, auf die ich mich arg freue.

7 Kommentare zu “allein in der Ferne, Teil 7”

  1. tanja sagt:

    Wasser haben wir heute auch nicht wegen Arbeiten an der Leitung für die neugebaute Schulkantine.

    Haben Sie denn bei Frau Tulpe rosa Cord gekauft?

  2. sabine sagt:

    …ich liebe ihre berichte von der hauptstadt- genauso habe ich sie voriges jahr auch mal wieder entdeckt…u-bahn fahren ein einziger schöner spaß, die leute, teilweise tolle geschäfte …..dieser großstadtflair….ein bischen ists mir, als würde ich sie begleiten…..
    viel spaß noch- und wenn sie morgen noch da sind- unbedingt die flohmärkte abklappern….
    lg sabine

  3. Wilma sagt:

    Wie süüüüß, habe gerade bei Hier klicken reingeschaut und den passenden Stoff (mit Prilblumen im 70er Look) zu meinem Namen gefunden. Vielleicht haben Sie ja,liebe Pia, ein paar Meter „Wilma“ eingepackt und machen eine schöne Pompadura draus…. ;) Dann können Sie mich schon mal auf die Bestellerliste setzen.. Liebe Grüße aus dem Bonner Verkehrsministerium an die Kollegen in Berlin….

  4. Ines sagt:

    Mist, ich bin viel zu spät. Schade. Denn sonst hätte ich ganz arg gebettelt, ob Du mir was von Frau Tulpe mit bringst *gg*.

    Viel Spaß weiterhin!

  5. Frau Suppenklar sagt:

    Über die eigene Geburtsstadt so schönes und aufregendes zu lesen, macht wirklich Spass. Ich hab all die kleinen Sachen erst mit meinem kleinen Murkel wiederentdeckt, man rennt jeden Tag vorbei und schaut doch nicht mehr hin. Genauso würde ich über eine kleine Stadt schreiben, sie als Abendteuer sehen und begeistert jedes Detail in mich aufsaugen.
    Viel Spass noch in der City Frau Mutti

  6. Iris sagt:

    Ja, U-Bahn-Fahren in Berlin ist wirklich interessant. Da kann man nicht nur bunte Bahnhöfe sehen, sondern auch viel buntes Volk.
    Den Laden von Frau Tulpe werde ich mir auch mal ansehen, kannte ich noch nicht.
    Ich wünsche Dir weiterhin vel Spaß!

    Liebe Grüße von Iris

  7. Gartenfreundin sagt:

    Guten Morgen liebe Frau Mutti!
    Ich wünsche ihnen auch heute viel Spaß in Berlin! Wie war es beim Mexikaner? Läuft das Wasser wieder? Bitte ,bitte weiterschreiben! Liest sich sehr spannend. Als wäre ich live dabei! Ehrlich!