Aller guten Dinge

7. Februar 2008

Frau Antonmann sieht mit dem Dritten besser (sehr warmherzig, übrigens) und Frau IneS kommt ins Grübeln, ob zwei Kinder reichen.

Mir reichten sie nicht.

Unser Lebensplan, so man denn von einem sprechen kann, sah zunächst überhaupt kein Kind vor. Ein angeblich nicht stattgefundener Eisprung machte uns dann aber recht schnell schnell und sehr jung zu Eltern und die Frage, wieviele Kinder es denn so nach und nach werden sollen, kam auf. Ich bin Einzelkind und mochte das nicht, wollte immer mindestens vier Kinder. Der beste Vater meiner Kinder hat immerhin einen Bruder und ließ sich vom Kinderreichtumswunsch seines Weibes anstecken. Es gab zwei Pläne: zwei Kinder gleich, eine Pause von drei, vier, fünf Jahren und dann nochmals zwei Kinder, in kurzem Abstand. Oder drei Kinder direkt hintereinander weg.
Der beste Vater meiner Kinder schrieb seine Diplomarbeit, als unsere Tochter geboren wurde, 22 Monate nach der Geburt unseres Sohnes. Beide Geburten waren leicht, die Schwangerschaften eigentlich auch und ich hätte direkt weitermachen können.
Unsere Wohnung wurde zu klein und wir fanden ein entzückendes Backsteinhäuschen, dem besten Vater meiner Kinder winkte ein Festanstellung und irgendwie … fehlte da nur noch ein weiteres Kind. Wir waren ja so drin, beherrschten das Wickeln, das Stillen klappte großartig, Babykleidung, Kinderwagen – alles vorhanden. Also Plan B, drei hintereinander.
17 Monate nach dieser Entscheidung hielten wir unseren jüngsten Sohn im Arm, übrigens wunderbar gemütlich auf dem Sofa im Backsteinhäuschen entbunden. Kurz vor der Geburt erbte ich eine Menge Geld und wir verabschiedeten uns kurz nach der Geburt vom Backsteinhäuschen, schweren Herzens zwar, aber – HEY! – die Grüne Villa wartete.

Drei Kinder also. Fertig. Oder doch nicht?

Ich war es nicht. Ich wollte vier Kinder, denn wo drei satt werden, wird es auch ein Viertes. Da wo Platz und Liebe für drei ist, passt auch noch ein Viertes. Ich redete und argumentierte, doch der beste Vater meiner Kinder wollte kein weiteres Kind mehr. Schon eine komische Situation und ich war oft unglücklich. nicht dass ich nicht ausreichend ausgelastet war oder mich gar gelangweilt hätte … Kinder kriegen war halt etwas, das ich einfach gut konnte.
Als der Jüngste zwei war, wurde ich schwanger. Ungeplant, selbstverschuldet. In der 10. Woche kam die Fehlgeburt, es waren Zwillinge.
Fehlgeburten hatte ich bereits erlebt, zwischen den anderen, den erfolgreichen Schwangerschaften. Doch da kam nach der Fehlgeburt immer die Gewissheit: wir probieren es nochmal, es wird ein weiteres Kind zu uns wollen.
Diesmal eben nicht, denn der beste Vater meiner Kinder wollte kein weiteres Kind.
Letztlich beschlossen wir entgültige Maßnahmen zur Verhütung, denn eine an den Bettpfosten gehängte Unterhose des Mannes an meiner Seite hätte früher oder später zur nächsten Schwangerschaft geführt. Dieser gnadenlose Schritt stürzte mich in ein Loch, ich war allen vernünftigen Argumenten zugänglich, aber der Bauch, ach der Bauch und das Herz, die litten.

Der Kummer verging.

Heute bin ich sehr froh, dass wir „nur“ unsere drei haben. Das jüngste Kind, unser Sorgenkind, unser Nicht-Norm-Kind, fordert uns. Das älteste Kind, unser Kluger, unser schusseliger und immer wieder antriebsloser Sohn, fordert uns. Unsere Mittlere, unsere Ehrgeizige, unsere oft so verunsicherte Tochter, fordert uns. Oft über meine Kräfte hinaus, denn meine Ansprüche an mich und meine Rolle als Mutter sind hoch.
Das konnte ich damals nicht überblicken, ich war eben, ich schrieb es bereits, „so drin“. Schwanger sein, gebären, stillen. Babys pflegen, betüdeln und meine Nase in ihrem Nacken versenken. Ich sah nichts anderes, glaubte, nichts anderes zu können.

Drei sind prima. Drei können gegen die Eltern zusammenhalten, drei sind nur manchmal einer zuviel, wenn zwei sich gegen einen verbünden.
Ich glaube, dass drei kein finanzielles Problem sind, doch der Kraftaufwand ist erheblich größer. Man kriegt eine gewisse Routine bei den pflegerischen Sachen, man verzichtet auf´s Wiegen nach dem Stillen, weiß, dass das Kind nicht krank wird, wenn es Karottenflecken auf dem Lätzchen hat und horcht nicht alle fünf Minuten nach, ob das Kind noch atmet.
Dafür multiplizieren sich andere Dinge. Drei Kinder mit Kotzerei oder Läusen oder schlichtem Schnupfen können an den Abgrund bringen. Drei Kinder bedeuten später drei unterschiedliche Elternabende, allerdings alle drei an einem Abend. Drei Kinder, die neue Winter/Sommerschuhe brauchen, aber alle drei haben unterschiedliche Geschmäcker und mindestens eins hat komische Füße, an die nur besondere Schuhe passen. Drei Kinder bedeuten noch etwas später drei Pubertierende, die abwechselnd ihre Eltern oder ihre Geschwister hassen. Oder sich selbst.

Liebe IneS,
ich kann nicht raten.
Ich würde es nicht anders machen. Nur manchmal.

13 Kommentare zu “Aller guten Dinge”

  1. Doris sagt:

    Ach Frau…äh…Mutti,
    das lass ich jetzt mal sacken und lese es mir später nochmal durch, ganz für mich und mit mir allein….und wenn ich meine Tränchen weggewischt habe, sage ich mir ganz laut: Da hat sie wieder mal sooo Recht!!
    Liebe Grüße,
    Doris

  2. Tanja aus WN sagt:

    Liebe Frau…äh…Mutti,
    wunderschön geschrieben. Ihre Kinder sind zu beneiden.

  3. Ines sagt:

    Liebe Frau… äh… Mutti!

    Wundervoll. Danke für diesen Einblick in Ihr Leben mit drei hinreissenden Bestien. Mir rennt die Hühnerhaut grad rauf und runter…

    Ja, es stimmt schon, sehr ähnliche Gedanken hatte ich auch: Endlich mal etwas, das ich kann :D Wobei der spätere Aspekt ja das eigentlich Entscheidende ist- quasi.

    (Um bei den Worten meiner lieben Schwiema zu bleiben: Man sollte in der Lage sein, allen vorhandenen Kindern die gleichen Grundlagen- sprich Studium oder was auch immer- bieten zu können. Gleiches Recht für alle sozusagen. An genau diesen Aspekt hatte ich beispielsweise NIE gedacht und das lässt mir nun ein lockerflockiges „Aber klar noch ein Drittes!“ mal eben nicht so lockerflockig über die Lippen sausen…)

    Hach, alles nitt soo oifach, gell? Aber die Zeit wirds schon zeigen, denke ich…

    Danke nochmal für Deine schönen Zeilen!

  4. jana sagt:

    „Ich würde es nicht anders machen. Nur manchmal.“

    (punkt.)

    lieben gruß aus berlin, jana

  5. Sabine sagt:

    Ach Frau … äh … Mutti! Ich schlucke gerade, Zwillinge, Fehlgeburten!
    Ja, ich hätte auch gerne mehr Kinder gehabt, Romy würde wer weiß was geben für ein Schwesterchen.
    Aber auch ich habe einen Schnitt gemacht. Wir sind zu alt. Mein Schatz ist 11 Jahre älter als ich und hat 3 Kinder. Also ist Romy auch kein Einzelkind. Beim Nächsten wäre er über 60 bei der Einschulung und ich 53 …
    Aber bei 20 Geburten würde man 20 völlig verschiedene Kinder bekommen. Und ich würde da stehen und staunen, was für unterschiedliche Menschen aus einem schlüpfen können.
    Ich hätte wahnsinnig gerne noch ein paar (pflegeleichte) Kinder gehabt …

  6. Namu sagt:

    Ach Frau Mutti…wie herrlich beschrieben…wenn es nur nach dem Gebären und Stillen ging…..hätte ich mindestens wenn nicht noch mehr.

    Tatsächlich habe ich 2…bin seit 7 Jahren alleinerziehend mit einem mittlerweile 15jährigen ADSHler….und fühle mich manchmal überfordert.

    Ich bin unsäglich stolz auf meine beiden, so unterschiedlich sie sind, aber tatsächlich auch froh, dass es bei den 2en geblieben ist (ich wollte immer 4….)

    Zum „Kinderkriegen“ gehört eben nicht „nur“ gebären und stillen….eigentlich schade….

    meint dat Namu

  7. Svenja sagt:

    Diese Zeilen hab mich grad sehr nachdenklich gestimmt.
    Ich bin ja noch recht jung, und in meinem jugendlichen Leichtsinn sage ich: natürlich möchte ich Kinder.
    Ich hab grade darüber nachgedacht wie das ist, wenn man das ganze Jahr, jeden Tag mit Kindern arbeitet, ob man dann noch eine gute Mutter sein kann.
    Ich denke (hoffe) ich wäre eine, aber grad kriecht so die Angst in mir hoch, dass mein Beruf aus mir zwar später eine gute Sozialpädagogin macht, aber vielleicht eine schlechte, überfürsorgliche sozialpädagogen Mama.
    Komisch, darüber hab ich mir noch nie Gedanken gemacht.
    Ich husche jetzt in mein Bett und denke weiter darüber nach. Über Profession und Familie. Über Kinder als „Aufgabe“ und Kinder als Lebensinhalt. Und ob das alles trennbar ist.
    Passt gar nicht so zum Thema „kinderanzahl“ aber das sind die gedanken die grad in meinem Kopf sind.
    Was so ein Blogeintrag alles „anrichten“ (und das meine ich ganz wertfrei) kann.
    Svenja

  8. Chrizzo sagt:

    Hach. *seufz*

  9. Wörmchen/Sandra sagt:

    Ach ja… wie schön geschrieben. Wir stehen zwischen Plan A bis G … mindestens. Oder auch: Wir haben keinen Plan :) In Anbetracht der Tatsache, dass ich dieses Jahr 31 werde, sollten wir aber mal langsam einen haben. Weil eines weiß ich: Mir reichen 2 sicherlich auch nicht *g*

    Wir werden sehen…

    Liebe Grüße
    Sandra

  10. Jeanie sagt:

    Wie wunderbar und herzlich geschriben… Sie finden immer die richtigen Worte!

    Nur, daß drei Kinder kein finanzielles Problem sind, kann ich nicht unterschreiben… mich stürzt der Gedanke, an dreimal Schullandheim in Mai in leichte bis mittlere Verzweiflung, an dreimal neue Schuhe usw…

    Ansonsten sind drei Kinder das größte Glück der Welt (auch wenn ich das manchmal beinhae vergesse)

  11. Louffi sagt:

    Wollte nur mal wieder loswerden, dass ich – wenn ich auch selten kommentiere – fast täglich bei dir lese, weil ich deine Art zu schreiben und deine Art, wie du einfach bist, absolut liebe.

    *knutsch*

  12. Eva sagt:

    3 Kinder machen einen furchtbar stolz. Auch wenn sie einen an den Rand des Wahnsinns treiben, weil sie alle nur 2 Jahre auseinander sind.
    Ich geniese es, und ich hasse es manchmaaal. Aber nur manchmal ;) Es ist so anstrengend! Und nochmal eine Trotzphase halt ich nicht aus. Deswegen keine Nummer 4.
    LG Eva und danke für diese wunderbare Offenheit, die mich dazu bringt, auch was drüber zu bloggen

  13. Alex sagt:

    Hallo Frau …äh…Mutti,

    danke für die schönen Gedanken. Mir graut es auch schon wieder vor 4mal Sommerschuhen und bei vieren hat man halt nur eines mehr das einem „Sorgen“ macht. Hergeben würde ich deshalb auch keines mehr, auch wenn es um einiges friedlicher ist wenn man gerade nur drei zu Hause sind. Noch mal vielen Dank.
    LG
    Alex