Sommer in Wiesbaden,

11. April 2011

leere Kleiderschränke und Merkwürdiges aus der Handelskammer.

Gestern war der Stoffmarkt in Wiesbaden. Mme Ouvrage und Frau …äh … Mutti trafen die allerbeste Freundin und kauften Stoff. Letztes Jahr kostete der Meter Vichy-Karo einen Euro weniger, kann ich beanstanden. Ansonsten sind sehr viele Meter sehr schönen Stoffes in meine immer praller werdende Tasche gehüpft und als die Tasche ganz voll und der Geldbeutel beinahe ganz leer war, erstand ich noch anderthalb Meter japanischen Stoff mit Punkten und Leoparden, denn ich habe ja nur zweiundzwanzig Röcke im Schrank. Nach dem Einkauf saßen wir in strahlendem Sonnenschein neben dem Rathaus und tranken einen Radler. Sommer im April, schnell genießen, wer weiß, wie der Juli wird.

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Ich klagte neulich bereits mein Leid über Töchter, die nächtens zwei Kleidergrößen emporschießen. Heute morgen wollte ich rasch ein paar kurze Hosen und einige hübsche T-Shirts für das Töchterlein zur Auswahl einkaufen. Doch hier auf dem Land scheint dies ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Shirts mit HalloKatze drauf oder glitzerigen Totenköpfen hätte es ausreichend gegeben, was Schlichtes in schöner Farbe nicht. Kurze Hosen gab es erst ab Größe 46 und diese Größe wäre doch zu sehr auf Vorrat gekauft. Bleibt also doch nur ein Besuch der Stadt, irgendwann in den nächsten drei Tagen, irgendwie zwischen diversen Terminen und Proben und Veranstaltungen. Es ist wieder an der Zeit für den Stoßseufzer, den ich womöglich irgendwann bereuen werde: würde das Kind nur endlichendlichendlich gerne selbst Klamotten einkaufen gehen.

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Seit ich hochoffiziell ein Gewerbe angemeldet habe, um brav Steuern für verkaufte Täschchen zahlen zu dürfen, geschehen seltsame Dinge. Zuerst einmal hatte ich keine Lust mehr zum Nähen, diesen Zustand konnte ich aber überwinden. Dann gingen nach und nach alle Nähmaschinen kaputt, was aber von fachkundigen Menschen wieder ins Reine gebracht werden konnte. Mein neuestes Vergnügen bereitet mir die Handwerkskammer, die mich offensichtlich als neues Mitglied gewinnen will. Ein mehrseitiges Schreiben wollte ausgefüllt werden. Dies gelang mir nach Rückfragen auch. Am Freitag erreichte mich ein dicker Brief, der mir mitteilte, ich sei nun Mitglied der Handelskammer, als Stricker und als Damen- und Herrenschneider. Anbei zwei wichtig aussehende Plastikkärtchen und eine Rechnung über 200,- Euro.
Ich bin etwas gestresst, denn mit Ämtern habe ich nicht so gerne zu tun. Doch eine äusserst geduldige Sachbearbeiterin beantwortet heute morgen meine vielen Fragen und ich bin äusserst gespannt, ob ich aus dieser Sache jemals wieder rauskomme, ohne doch noch stricken lernen zu müssen.

 

15 Kommentare zu “Sommer in Wiesbaden,”

  1. nette sagt:

    Nun, das mit der handwerkskammer habe ich schon öfter gehört…. ich glaube , es kommt auf die Wahl der Begriffe an, die man in seinem Gewerbeschein hat…
    bei mir steht „Textilkunst“ und „Unikate aus Stoff“… die Begriffe NÄHEN und Schneidern habe ich tunlichst umgangen… vielleicht ist das der Trick und die Handwerkskammer zu umgehen…?
    Hier hat es auf jeden Fall so funktioniert…
    Vielleicht klappt das bei Ihnen auch…
    Liebe Grüße

  2. Antje sagt:

    Wie, selbst beim gelben Ungetüm mit dem Indianer gabs nix – naja wundern täte es mich nicht …

    Übrigens sehr schickes Spiegelbild :)

  3. Frau Suppenklar sagt:

    …und Sie wollten nur das Dach ernähen! Ich finde es äußerst merkwürdig, wie schwer einem bürokratisch das selbstständige Erarbeiten der Lebensgrundlage gemacht wird und wie teuer es wird, wenn man das freiwillig zugibt.

    So haben Sie sich das bestimmt nicht vorgestellt! Bitte verlieren Sie trotzdem nicht die Motivation, „Mutter und Tochter“ ist so eine tolle Idee!

    Liebe, liebe Grüße
    Frau Suppenklar

  4. Peggy sagt:

    Warum kaufen Sie nicht online für das Tochterkind ein? Das mache ich nur so, bevor ich mir den Einkaufsstress mit Kindern antue ;-)

    Peggy

  5. fraumutti sagt:

    Peggy, ich kaufe eigentlich nur online ein, diesmal ist es aber zu knapp dafür, sie braucht den Kram anziehfertig bis Freitag. :/

  6. Smila sagt:

    Oh, das kommt mir bekannt vor und ich kann Sie nicht trösten…
    Mit etwas Pech kommt auch noch die Berufsgenossenschaft und die GEZ. ;-) Nutzen Sie ihren PKW auch beruflich? Materialeinkauf z.B.? Ja, dann muss das Autoradio extra angemeldet werden. Und was ist mit ihrem PC, nutzen Sie den beruflich? Kann man damit auch Musik z.B. über einen Videostream hören? dito. …so der freundlicher Herr von der GEZ, der eines Tages vor meiner Tür stand.
    Und die Berufsgenossenschaft will einen ja nur vor schrecklichen Unglücken bewahren…in meinem Fall vor ein paar Jahren: das unerhörte Unfallrisiko beim digitalisieren von Stickmustern und dem Versenden per Mail sollte abgedeckt werden. ???
    Von den Beiträgen zur Handwerkskammer/IHK und Berufsgenossenschaft kann man sich aber befreien lassen, wenn die Arbeitszeit und/oder der Gewinn ein bestimmtes Maß nicht übersteigt.

    Jetzt aber nicht aufgeben!

    Liebe Grüße, Smila

  7. andrea sagt:

    nein, die handwerkskammer befreit nicht von den beiträgen! dieses macht nur die ihk- das durfte ich an eigenem leibe erfahren…und es ist auch nicht einfach bei der handwerkskammer wieder rauszukommen. ich habe es ehrlich gesagt aufgegeben (denn dann müsste ich mein gewerbe ummelden und mir wurde gesagt, falls ich nähe und die mich erwischen wird das teuer).
    die hwk erlässt aber existenzgründer die ersten 3 jahre einen prozentsatz- ich glaube man zahlt dann die 50 euro anstatt 200.
    und der berufsgenossenschaft habe ich erklärt, dass ich ein ein-mann-betrieb bin und somit musste ich da kein mitglied werden. kopf hoch frau mutti, das wird schon ;0)
    lg, andrea
    p.s. ein bisschen neidisch bin ich auf ihren besuch in wiesbaden (meine heimatstadt)

  8. dierotefee sagt:

    Einfach mal den Steuerberater fragen. Der hat mich schon vor derartiger Post gewarnt und gesagt: Das braucht man nicht! Also, schnell den Steuerberater anrufen und nachfragen! Sie haben ja sicher auch nur ein Kleingewerbe angemeldet, oder?

    Und für´s Töchterlein kann ich den H.asi und M.ausi Onlineshop empfehlen. Da kann man alles in verschiedenen Größen bestellen, online Rabattgutscheine ergoogeln und bei Nichtgefallen alles wieder zurück schicken…

  9. Melanie sagt:

    Es ist tatsächlich abhängig von der Formulierung in der Gewerbemeldung. Bei mir heißt es „…Herstellung von Deko-Artikeln und Accessoires und deren Verkauf…“ Also kein „Nähen“ erwähnt, „Damen- & Herren Oberbekleidung“ musste ich explizit ausklammern, da es sonst super kompliziert wird. Dann muss man scheinbar die Quelle jedes Stoffes und dessen Schadstofffreiheit nachweisen (also nix mehr mit Stoffmarkt-Schnäppchen…). Gleiches gilt für Kinderkleidung. Und ich bin aus der Handwerkskammer raus, weil ich keine Gardinen nähe (wozu auch ?). Würde ich Gardinen nähen, wäre das Handwerk (Dekorateurs-Handwerk) und dann wäre ich Beitragspflichtig.
    Trösten Sie sich – irgendwann wird’s weniger mit der Post…
    Alles Gute und viel Erfolg,
    Melanie

  10. Lies von Lott sagt:

    Ich drücke die Daumen, dass sich das Behördenchaos (Handelskammer gehört für mich dazu) schnell legt und sich die frisch gewonnene Selbstständigkeit fröhlich leben lässt.

  11. Klasse-Kleckse sagt:

    Bei der Berufsgenossenschaft unbedingt SOFORT befreien lassen, denn rückwirkend ist da nicht!!!

    Mich hat das für drei Monate ca. 100 € gekostet!

    Lieben Gruß und viel Erfolg beim weiteren Formulare ausfüllen…irgendwann wird das weniger!

    Uschi

  12. skizzenblog sagt:

    Damen- und Herreschneider bitte hierlängs:
    http://skizzenblog.claus-ast.de/?p=7878
    http://skizzenblog.claus-ast.de/?p=7882

  13. Cati Basmati sagt:

    Würde Gestricktes irgendwie wasserdicht sein können, könnten Sie das mit dem Dach selbst erledigen und sicher irgendwie auch von der Steuer absetzen! Oder gleich die Handwerkskammer bezahlen lassen.

  14. anke sagt:

    Achja, Herzlich Willkommen bei den Selbstständigen und gute Nerven wünsch ich. Es war und ist für mich auch heute noch nach 3 Jahren sehr erstaunlich, wer da Alles aus seinen Löchern kommt und die Hand aufhält. Um die Handwerkskammer kommt man nicht herum, da ist FRau ja per Gesetz Zwangsmitglied-wobei ich definitiv nicht weiß, wofür das gut sein soll bei 1,5 Personen in der Firma. Die Berufsgenossenschaft kommt dann erst mal für den Inhaber kostenlos (nach Antrag),für den etwagigen Angestellten wird natürlich gelöhnt. Aber man bekommt tolle Hochglanzbroschüren und dann kann man ausknobeln wer in der Firma den Lehrgang für den Sicherheitsbeauftragten und den Gefahrgutbeauftragten machen möchte – wir haben sowas tatsächlich bekommen…
    Aber nicht unterkriegen lassen, mit der Zeit lernt man damit umzugehen.
    Liebe Grüße von Rügen
    Anke Brüdgam

  15. Garnprinzessin sagt:

    Das Angebot meinerseits steht ja noch… :-)

    (Verspätetes Kommentar wegen einem Schwung Arbeit, welcher mich vom ständigen Bloglesen abhält – aber natürlich nicht dauerhaft abhält.)

    Liebe Grüße von der

    Garnprinzessin