Mutti kocht am Besten?

10. April 2014

Eine Zeitschrift mit diesem Titel konnte ich nicht im Regal stehen lassen, das verstehen Sie sicher.

Beim Durchblättern dachte ich, dass ich Ihnen direkt was dazu erzählen könnte, so wie damals zur flow.

Das Deckblatt ist – glaube ich – ein Versuch, so viele grafische, gestylte, durchdesignte Elemente auf einmal zu zeigen. Da sind mindestens sechs Schriftarten, zehn Schriftgrößen, kreuz und quer mit Pfeilen und so-tun-als-ob-Soßenklecks. Ich hab ziemlich schnell den Versuch aufgegeben, den Inhalt der Zeitschrift anhand dieses Deckblattes einzuschätzen. Aber der abgebildete Burger … den hätte ich mal umgehend gegessen.

Mit dem Namen „Mutti kocht am Besten“ habe ich ein Problem. Mein kleines, feines Blog heißt deshalb „Frau … äh … Mutti“, weil die Hebamme damals schlicht meinen Namen vergessen hatte und auf´s allgemeintaugliche „Mutti“ umschwenkte. Meine Kinder nennen mich nicht „Mutti“, ich denke, das ist auch etwas Regionales. Hier in Rheinhessen gibt es die „Muddi“, das ist eine eher abschätzige Benennung, gerne mit „dick“, „doof“ oder „alt“ kombiniert. „Mutti“ hat so etwas Altbackenes, Trutschiges, Dauerwelliges, Kittelschürziges. Wahrscheinlich will der Titel mehr in Richtung „Altbewährtes“ und „alte Kochtricks“, das funktioniert bei mir nur eben nicht, wahrscheinlich weil ich schon kochen kann.

Und damit wäre ich schon beim zweiten Punkt: für welche Zielgruppe ist denn eine solche Zeitschrift? Sie gehört zur „Lecker!“-Familie. Deren Zielgruppe ist klar: wir. Wir bloggenden, twitternden, facebookschreibenden und Instagrambilder zeigenden Menschen. Ich habe die „Lecker!“-Zeitschrift in „normalsterblichen“ Haushalten bisher nicht entdeckt, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

„Mutti kocht am Besten“ soll eventuell jüngeer Menschen ansprechen, solche, die gerade anfangen, das Kochen für sich zu entdecken. Das wäre dann womöglich eine Erklärung für die unzähligen Anglizismen und die doch eher sehr einfachen Rezepte. Und die „hektische“ Aufmachung. Denn der Rest der Zeitung hält, was das Titelbild verspricht. Es geht wild und durcheinander weiter, drüber, drunter, kreuz und quer, in bißchen Bravo-Love-Story und ein paar kleine Artikel, die informativ sein sollen. Dazwischen eine Menge YOLO, Baking Bread und #organized_squares. Wer sich im Netz bewegt, kennt den Stil der Bilder und die Anspielungen, so richtig witzig finde ich das nicht.

Was die Rezepte anbelangt: wie gesagt, was revolutionär Neues ist nicht dabei, aber wo soll das auch her kommen, das Rad wird sicherlich nicht mehr neu erfunden. Die Burgerrezepte beispielsweise fand ich super, die werde ich ausprobieren, die Brotrezepte werde ich dem besten Vater meiner Kinder rüberschieben, er ist der Brotbäcker im Haus. Vielleicht ist ja was dabei. Den Rest … kenne ich, Manches könnte ich mal wieder kochen. Bei keinem Rezept kommt der „muss ich jetzt sofort nachkochen“-Impuls hoch, allerdings habe ich beim Durchblättern ein Streuselchen gegessen, das mag abgelenkt haben.

Vegetarische und vegane Rezept gibt es auch, genauso wie den Bericht über wirklich gutes Fleisch und wo es an der Kuh wächst: „Unsere Fleischkarte zeigt dir, was Mutti aus Rind alles macht und mit welchem Teil des Tieres du es zu tun hast.“ Ich werde als Leserin also auch direkt geduzt. Da fühle ich mich doch gleich viel jugendlicher.

Wer am Anfang einer Kochkarriere steht, findet im Heft sicher nette Rezepte. Warum die so bemüht „gestyled-witzig-jugendlich-fresh“ daher kommen müssen, ist vielleicht einfach Trend und meine Abneigung so ein „ich bin eben alt“-Ding. Was mir aber ganz gewaltig auf den Senkel geht, ist der kleine Ausrutscher in die „wir teilen Lebensmittel in Jungen und Mädchen“-Kategorie. Das Männerbaguette und das Tussi-Couscous (Tussi! Allein das Wort!) hätten gerne vermieden werden dürfen und Rezeptnamen wie „Fixe Tortelloni alla erste Sahne“ gewinnen bei mir auch nicht den Preis für die eleganteste Formulierung.

Letztendlich verbleibe ich

mit großem Fragezeichen im Gesicht. Warum? Für wen? Und wie oft werde ich das Heft auf Instagram noch sehen?

17 Kommentare zu “Mutti kocht am Besten?”

  1. Kiki sagt:

    Interessante Zusammenfassung, insbesondere, wenn man gerade fünf Minuten vorher die von Stevan Paul gelesne hat, hihi: http://nutriculinary.com/2014/04/10/neu-am-kiosk-mutti/

  2. Frau Mutti sagt:

    Das ist ja witzig! Das genaue Gegenteil.

  3. Tin@ sagt:

    „Dazwischen eine Menge YOLO, Baking Bread und #organized_squares.“

    An dieser Stelle habe ich drei Mal „breaking bad“ gelesen – ich bin eben auch alt.

  4. Frau Mutti sagt:

    Tin@ das soll auch genau diese Anspielung sein.

  5. Annette sagt:

    Ich bin ein bekennender Foodmagazinjunkie (sicher auch weil ich in kleinen regionalen Magazinen im Food und Restaurantbereich mitarbeite), aber das magazin durfte heute nach erstem Durchblättern doch gleich im Supermarktregal bleiben. Mir ist das zu wirr, nix neues und einfach hektisch.
    Bin mal gespannt, wie lange es erscheint. Und den Titel finde ich naja….

    LG
    Annette

  6. anabel sagt:

    Ich bräuchte hier jetzt den *gefälltmirButton* ;)
    Danke für die tolle Zusammenfassung!

    LG anabel

  7. Dörthe sagt:

    Ich hab die Zeitung noch nicht, weiß auch nicht, ob ich sie mir kaufe (obwohl ich doch Koch-/Backzeitschriften-Junkie bin…).
    Sehr sehr gelacht habe ich bei der Begriffserläuterung von „Mutti“. Wer mich mal so richtig ärgern will, sagt „Mutti“ zu mir. Das hasse ich wie die Pest, weil ich damit eben Dauerwelle, Kittelschürze, begrenzt dörflichen geistigen Horizont assoziiere.
    Viele Grüße aus der Altmark, Dörthe

  8. Brigitte sagt:

    Wobei der Schriftzug „Mutti kocht am besten“ durchaus retro wirken soll, oder? Keine Ahnung, für wen die Zeitschrift gemacht wurde – vielleicht hatte irgendein Presseheini mal wieder einen kreativen Einfall oder so, nachdem das „Land-Irgendwas-Thema“ nun schon überbesetzt ist. Vielleicht ist ein zweiter Titel mit dem Thema „Haushalt kann Mutti am besten“ schon in der Planung mit praktischen Tips zum Wäsche waschen und zum Frühjahrputz. ICH hätte heute aus Gründen die Zeitschrift „Windows 7 – leicht gemacht für den gemeinen Anwender“ gebraucht – aber ist ja immer so: was frau wirklich braucht, gibt es nicht. :-(

  9. creezy sagt:

    Ich komme über den Titel nicht hinweg. Und auch nicht über die gewählte Typo von „mutti”, das ist so oll irgendwie!

    Vielleicht sind wir aber auch in der Zeitschleife hängen geblieben.

  10. stauffi_berlin sagt:

    Sicher regional bedingt (Nord-Ost) sag ich „Mutti“ und finde es auch gut. Für mich trifft zu „Mutti ist die Beste!“ Das sind Frauen, die die Mehrfachbelastungen des Alltags meistern.

    Mama und Mami gehen für mich wirklich nur bei kleinen Kindern. Und Mutter ist sicher erwachsen und emanzipiert, aber irgendwie nicht so richtig liebevoll.

    Trotzdem brauche ich das Magazin nicht. Dafür bin ich wohl zu alt.

  11. elbequeen sagt:

    Obwohl ich Zeitschriften liebe und kaum am Zeitungsladen vorbei gehen kann, hat mich diese Zeitschrift (wie auch schon die „deli“) überhaupt nicht angesprochen, sah sie doch schon auf den ersten Blick sehr aus wie „gewollt und nicht gekonnt“. Und der Titel…naja. Da bleibe ich lieber bei der klassischen „Lecker“ und vor allem ihren Backsonderheften.
    „Mutti“ kenne ich ansonsten auch, aber persönlich sage sowohl ich zu meiner Mutter als auch meine Kinder zu mir „Mama“. Und bei Ihnen? Das haben Sie oben gar nicht verraten ;-)
    Liebe Grüße zum Wochenende!
    Regina

  12. Ev sagt:

    Also erst mal: Ich bin einen Tacken älter als Sie (die „Mutti“ spar ich mir jetzt mal, weil ich nicht will, dass Sie das evtl. negativ aufnehmen könnten – s.o.). Und somit auch nicht das von Herrn Paul beschriebene Ziepublikum (aber ich schließe mich ihm vollkommen an). Gekauft habe ich mir das Magazin irgendwann letzte Woche. Erstmal weil auch mich der Burger vorne drauf angesprochen hat und beim weiterblättern, da hat mich auch der Rest angesprochen. Schlicht: Die Zutaten für den Vorne-drauf-Burger und das Tussi-Couscous liegen schon in der Küche und die süß/salzigen Himbeer-Brownies, die machen mich auch sehr an. Kurz: Ich mag die Lecker-Hefte, nicht alle, sondern immer die, die es schaffen, mich beim Blättern innehalten zu lassen. Ich glaube, dafür kann ich nie zu alt werden.
    Liebe bunte Schmunzelgrüße!

  13. minibar sagt:

    Oh ich war lange nicht hier, Frau Mutti ist erblondet, wow!

  14. Myriam sagt:

    Ha! Dabei war ich doch überzeugt davon, daß der Titel von einer Erzieherin herrührt und ein Versprecher von einem der Kinder war.

    Schade drum, die Lecker lese ich sehr, sehr gerne, aber für besagte Zeitschrift bin ich wohl echt nicht die Zielgruppe.

  15. Birgit B. sagt:

    Die Lecker und vor allem die Backzeitschriften mag ich sehr, aber ein Heft mit diesem Titel würd ich aus Prinzip schon nicht kaufen.
    Danke für die tolle Beschreibung, habe mal wieder laut lachen müssen.
    Und das Blond find ich klasse!!!
    LG Birgit (die auch mit 54 immer noch Mama zu ihrer Mutter sagt und auch so von ihrer Tochter angesprochen wird ;-) )

  16. Lily sagt:

    Oha. Mutti. Abgesehen von Ihrem Blognamen, verehrteste Frau M., erinnert mich „Mutti“ wie auch „Vati“ an widerlich süß daherkommende 50-er-Jahre-Filmchen, daher krieg ich Plaque, wenn mich jemand so nennt. Man darf Mama sagen, Mutter, oder mich gern auch mit dem Vornamen anreden. Aber bei Mutti muss ich mich in einem Faß Kellergeister ertränken. Die Zeitschrift hingegen würde sowas von im Regal bleiben. Nicht nur wegen der Betitelung,auch wegen des hektischen Designs, das ich als billig und geprutscht empfinde (geprutscht = gewollt, aber eher nicht gekonnt, falls der Ausdruck regional sein sollte). Trotzdem: Kochen Muttis Tussi-Couscous? Muttis kochen Spargelröllchen aus Dosenspargel, das ist meine Assoziation dazu. Hmpf.

  17. Ilka sagt:

    Mutti finde ich für mich ganz furchtbar, ich werde bitte danke für immer Mama genannt werden, auch noch im hohem Alter. :D