Dear Mister Weather,

20. Mai 2006

es wäre wirklich nett, wenn Sie sich entscheiden könnten.
Ich meine, mal ganz ehrlich, es ist schon recht verwirrend, wenn VOR dem Haus (Blick aus dem Küchenfenster) die Sonne lacht, während HINTER dem Haus (Blick auf die Terrasse) ziemlich viele Regentropfen fallen. Zwischen vor und hinter dem Haus liegen 12 Meter und schätzungsweise genau so viele Grad Temperaturunterschied.
Nein, ich jammere fast nicht. Auch wenn ich nicht weiß, wieviel wärmende Hüllen die Familie und ich heute letzlich benötigen.
Ich weise lediglich darauf hin, dass heute ein Schulfest stattfindet. Im Schulhof, so wie das diese Feste im Allgemeinen tun. Das letzte Schulfest seiner Art endete mit orkanartigen Böen und einem Platzregen, der die hübschen Pavillons, so der Sturm sie nicht gefällt hatte, in die Knie zwang. Heute vielleicht das andere Wetterextrem: Hitze, Sonne, nur ein laues Lüftchen? Damit der Schulelternbeirat seine 800 Liter Getränke unters Volk bringen kann, OHNE sie vorher mit Zimt und Nelken erwärmen zu müssen.

Also – los – entscheiden Sie sich. Zu meinen Gunsten.

Neue Viecher

19. Mai 2006

der Kokosnusszertrümmerdino wohnt auf´m Regal im Wohnzimmer, seit Muttertag:

Auf dem Küchtentisch, harmonisch zwischen Mittagessen und Nähmaschine im Kugelglas: vier Schnecken (Schnecki, Lecki, Potilla und Igraine). Seit vorgestern:

Heute vor elf Jahren

19. Mai 2006

– war das Wetter ähnlich bescheiden wie heute: Regen, Sturm, dazwischen kurz die Sonne
– wog ich genausoviel wie heute; mit dem Unterschied, dass ich damals nicht allein war
– musste ich nicht kochen
– verärgte ich die Komillitonen des besten Vaters meiner Kinder, weil ich keine Blumen durch die Gegend warf
– hatte ich ziemlich viel Reis im BH
– erzählte mir ein wildfremder Mann von der zarten Blume Liebe, die gehegt und gepflegt werden müsse
– ließ ich mir einen schmalen, goldenen Ring an den Finger stecken
– legte ich meinen Mädchennamen ohne Wehmut ab
– biss ich mir die Wangen blutig, um nicht haltlos durch die Gegend zu kichern
– trug ich einen unförmigen, geblümten Lappen
– waren meine Haare so lang wie jetzt, aber mit viel und noch viel mehr Henna gefärbt
– wurde ich über eine Schwelle getragen
– gab es ein paar wirklich hübsche Geschenke
– durfte ich nur ein halbes Glas Sekt trinken
– endete wie viele Tage, ohne Sex, aber mit einem Kuss.

Und den geben wir uns immer noch jeden Abend.

(und jeden Morgen. Und Mittags. Und zwischendrin. Und wann immer es passt. Hoffentlich die nächsten dreissig, vierzig, fünfzig Jahre auch noch)

Tach, Frau Reuter!

19. Mai 2006

sagt die Klassenlehrerin von Töchterlein zu mir.

So heiß ich zwar nicht, aber immerhin weiß sie, welches Kind zu mir gehört. Wobei das Kind ja mit Nachnamen so heißt wie ich.

Ich wundere mich ja nur.

Zeugungsunfähig

18. Mai 2006

„Oh, ist das aufregend“, bibberte Frau … äh … Mutti, vor Saal 207 stehend, in dem sie ihre Zeugenaussage tätigen sollte. Die Aussage, die alles verändert, die für Gerechtigkeit im Land sorgt und für den Weltfrieden.
„Ob man mich im Zeugenschutzprogramm aufnehmen wird?“, fragte sie sich und freute sich auf ihre neues Leben auf den Seychellen. Oder auf den Malediven, da ist sie nicht wählerisch.

Der beste Vater meiner Kinder war zur Begleitung angereist. Und natürlich um Bericht zu erstatten, Zeugen dürfen nämlich nicht im Saal sitzen, sondern werden aufgerufen. Doch bevor Frau … äh … Mutti den Saal verlassen musste, wurde sie, genau so wie im Fernsehen, ich schwöre, belehrt. Nix Unwahres sagen, weil man sonst bestraft wird. In strengem Ton mit ernstem Blick über die Halbbrille hinweg. Nun aber raus, die Verhandlung beginnt.

Frau … äh … Mutti saß also auf der kalten Metallbank, zusammen mit den beiden anderen Zeugen. Eingeschüchtert, frierend und nur leicht durch einen netten Flirt ein informatives Gespräch mit dem Anwalt des folgenden Verfahrens getröstet.
Die Tür zum Saal ging auf und Rechtsanwalt samt Kläger traten, die Köpfe tuschelnd zusammen gesteckt, in den Flur. War nun der große Moment gekommen? Frau … äh … Mutti im Zeugenstand? Frau … äh … Mutti plötzlich verstummt, mit eiskalten, feuchten Händen und sehr wackeligen Knien. Anwalt und Kläger gingen in den Saal zurück. Drei Minuten später kamen sie erneut heraus, gefolgt vom besten Vater meiner Kinder, der grinsend „das war´s, wir fahren heim“ sagte.

Ich bin empört. Ich habe nächtelang wachgelegen, an meiner Aussage herumgefeilt. Habe dramatische Augenaufschläge und dezentes Erröten geübt. Habe meine Atemtechnik verfeinert und und meine Stimmmodulation geschult. Für nix. Für eine halbe Stunde im kalten Flur.

Gegenstand der Verhandlung (Frau … äh … Mutti wirft lässig mit Juristenausdrücken um sich) war übrigens der Einspruch bei einem Bußgeldverfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit mit Sachbeschädigung. Der Richter befand, dass die Schuld eines anderen nicht die eigene Schuld aufhebt. Ich persönlich finde, dass heute einige Menschen ihre Zeit vergeudet haben. Aber immerhin werden mir in den nächsten Wochen meine Auslagen in Höhe von 9,10 Euro erstattet.

(und keiner kam in Handschellen oder GING in Handschellen und niemand hat um Gnade gefleht. Aber der Stacheldraht um das eine Gebäude mit den vergitterten Fenster war schon sehr beeindruckend.)