12 von 12 im März

12. März 2016

Zwölf Bilder am Zwölften jeden Monats.

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Vermutlich ist der gar nicht mehr so kleine Hund einfach nur ein fieser Quälgeist. Spätestens um halb sieben möchte Lola nämlich nicht mehr auf ihrer Matratze schlafen. Sie steht dann auf und quengelt so lange herum, bis entweder alle wach und schlecht gelaunt sind oder eben nur einer, der dann mit ihr aufsteht. Sie bekommt Frühstück und schläft dann bis neun Uhr weiter. Oder auch bis zehn. Wir wechseln uns an den Wochenenden mit dem Aufstehen ab, heute war ich dran. Unglücklicherweise kann ich nicht mehr schlafen, wenn ich erstmal wach war und deshalb begann mein Tag sehr früh. Meistens finde ich das dann gar nicht so schlimm, denn wenn alle im Haus schlafen, sitze ich gerne auf dem Sofa, trinke Kaffee und lese. Heute gab es strahlenden Sonnenschein und Vogelgezwitscher als Dreingabe. Vielleicht kann ich nächsten Monat das obligatorische erste Kaffee-Bild schon im Garten machen.

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Der Kater genießt es ganz katzenuntypisch sehr, wenn er durch die Gegend getragen wird. Wahrscheinlich auch deswegen, weil Lola ihn dann nicht erreichen und spielauffordernd in die Seite stupsen kann. Am Liebsten mag er es, wenn er beim Herumtragen am Bauch gekrault wird und ich ertappe mich dabei, mich sachte hin und her zu wiegen, als hielte ich ein sehr pelziges Baby im Arm. Eines mit fiesen Krallen, die sich genüsslich in meinen Arm bohren.

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Nachdem die Hunderunden am Donnerstag und Freitag mit Lola ein ziemlich fieser Machtkampf zwischen pubertärer Töle und verständnislosem Mensch waren, starteten wir heute trotz lauem Frühlingswetter ein bißchen angespannt. Erfreulicherweise hatten wir heute wieder einen perfekt erzogenen, auf´s Wort gehorchenden Hund dabei, der dem besten Vater meiner Kinder und seinem holden Weib einen wunderbaren Morgenspaziergang ermöglichte. Im Anschluss an die Hunderunde holten wir Brötchen für´s Frühstück und blieben dann kurz beim Schreinerfreund und der ehemaligen Freitagsfreundin hängen. Deren Tochter feierte nämlich ihren 19. Geburtstag und das überstandene Abitur und zu beidem gratulierten wir gerne. Ein Glas Sekt gab es obendrein und wegen meines noch  nüchternen Magens sorgte das für einen sehr beschwingten Heimweg.

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Ein Drittel der Kindelein war doch schon aus den Federn gekrochen und wurde umgehend beauftragt, den Rest zu wecken. Wir frühstückten völlig ungestylet aber sehr gemütlich und ausgiebig miteinander. Ich mag diese ruhigen Wochenendfrühstücke.

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Nach dem Frühstück rüsteten die Tochter und ich uns für einen sehr untypischen Einkauf: für die anstehenden Feiern, die akademische Feier zur Zeugnisübergabe und den Abiball am Tag darauf mussten kosmetische Verschönerungspülverchen, -cremes und -lacke gekauft werden.

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Nch kürzester Zeit glitzerten und funkelten wir bis hoch zum Ellenbogen, hatten aber passende Grundierungen, Puder, Lidschatten und sogar einen Lippenstift für mich gefunden. Sehr faszinierend, dieser Schminkkram! Und es gibt wirklich hübsche Farben und die Pinsel sind ungemein zart und flauschig. Trotzdem kaufe ich lieber im Baumarkt ein, auch wenn sich die Handhabungen der dekorativen Farben und Lacke gleichen. :)

Dass wir letztlich drei Stunden im Drogeriemarkt verbrachten, war nicht unserer Entschlussunfähigkeit geschuldet, sondern der Tatsache, dass die Tochter noch rasch ein Photo und eine Grußkarte mit Photo ausdrucken wollte. Mal rasch – man kennt es – das wird nix. Das Photo war tatsächlich rasch ausgedruckt, doch die Grußkarte legte zunächst den Drucker, danach das ganze Computersystem lahm. Eine freundliche Mitarbeiterin telefonierte sehr geduldig mit der Photoausdruckproblembehebestelle und endlich, endlich nach anderthalb Stunden war die Karte gedruckt. Und eine horrende Rechnung für verschönernde Kosmetika bezahlt.

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Während die Tochter und ich uns im Drogeriemarkt amüsierten, hatte der beste Vater meiner Kinder den gesamten Wochenendeinkauf erledigt und mir einen Strauß Frühling gekauft. Die ersten Tulpen sind eingezogen. Ich weigere mich jedes Jahr vor März welche zu kaufen, die Vorfreude hält so länger.

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Und weil ich jetzt schon den Frühling ins Haus gezerrt hatte, konnte ich ebenso gut an die Osterdekoration denken. Diese fällt längst nicht so üppig aus wie das ganze Weihnachtsschnickeldi, doch neulich rief das rot-weiß getupfte Set (ein Vogel, zwei Eier) im Weltladen sehr laut, dass es mitgenommen werden will. Wie hätte ich nein sagen können?

Kein Bild gibt es von der Aus- und Umräumaktion im Bad, denn neue Kosmetika will gegen eingetrocknete Mascara und Lidschatten von 1986 eingetauscht werden. Bei dieser Gelegenheit lässt sich hervorragend ein bißchen räumen, wischen und putzen und zack: Abendessenszeit.

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Der beste Vater meiner Kinder bereitete den Hefeteig zu, die Söhne und ich schnippelten Zutaten, der Pizzastahl heizte bei 280°C im Ofen auf und die Tochter verabschiedete sich leise neidisch. Sie feiert den bereits oben erwähnten 19. Geburtstag, ohne Pizza.

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Auf dem Pizzastahl ist die Pizza in knapp fünf Minuten knusprig und sehr lecker, weswegen sich jeder seine Wunschpizza zusammenstellt und eben ein bißchen wartet, bis er an der Reihe ist.

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Meine Lieblingspizza ist mit Tomatensoße, frischen Tomaten, Champignons, Knoblauch, Parmesan, Pfeffer und Rucola belegt. Und weil ich ja nie lerne und es doch besser wissen sollte, aß ich mehr als ich wollte und mir letztlich gut tat. Und so beendete der beste Vater meiner Kinder diesen Tag ohne mich in der Sauna.

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Ich sitze stattdessen neben dem Jüngsten auf dem Sofa, tippe vor mich hin und schaue ab und zu mal hoch, wenn das Computerspiel (Skyrim) spannend wird.

Morgen wird gewählt! Der Große ist wieder als Wahlhelfer eingespannt, das heißt, dass unser Tag früh beginnt. Was wiederum bedeutet, dass jetzt Schlafenszeit für mich ist. Gute Nacht!

(falls Sie fragen: wir haben unseren Pizzastahl von hier und sind sehr, sehr zufrieden damit! <- und dies ist freiwillige Werbung!)

Weitere „12 von 12“ gibt es bei Frau Kännchen.

Stolz und Schnupfen

9. März 2016

Am Samstag wollte ich so gerne an Frau Brüllens „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“ teilnehmen, denn ich hätte wirklich viel erzählen können. Ich stand nämlich sehr lange fleißig schuftend in der Küche der Klecksefrau, die am Abend ihren runden Geburtstag feierte. Da aber kaum Zeit übrig blieb und ich obendrein am Abend mit fiesen Kopfschmerzen kämpfte, wurde das nichts mit detaillierten Beschreibungen von perfekt gewickelten Wraps und köstlichen Rezepten. Ein anderes Mal.

Am Sonntag fuhr ich wieder heim und dieses Mal hatte ich wirklich Pech mit der Bahn. Auf der Hinfahrt am Freitag hatte ich ab Köln Schwierigkeiten mit verpassten Anschlüssen und Verspätungen, auf der Rückfahrt saß ich 40 Minuten in Düsseldorf herum, auf den verspäteten IC wartend. Bei dieser Gelegenheit nahm ich mir irgendwelche Schnupfenviren mit, die mich seitdem leidend und etwas fiebrig niederwerfen.

Heute bekämpfe ich diese Viren aktiv und obendrein fastenbrechend mit Champagner, denn meine großartige Tochter hat nicht nur in allen drei schriftlichen Abiturprüfungsfächern 14 Punkte geschrieben, sondern heute auch noch die mündliche Prüfung mit 14 Punkten gestemmt. „Der Symmetrie wegen“, sagt sie und strahlt vor Glück, denn ihr Durchschnitt ist nun 1,1. Damit steht ihr die Welt offen und ich hab ein Tränchen im Knopfloch.

Nächste Woche Mittwoch bekommt sie bei der akademischen Feier ihr Zeugnis, am Donnerstag findet der große Abiball statt. Kleider- und Frisurenfragen für die ganze Familie sind gelöst, wir können uns zurücklehnen und auf die Veranstaltungen freuen.

Heute abend prosten der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib nicht nur dem klugen Töchterlein zu, sondern auch uns gegenseitig: geschafft! Alle Kinder heil und ohne Trauma durch die Schule geschleust. Die Berufsschulzeit des Jüngsten stemmen wir auch noch. Prost!

Gestern morgen bei der Hunderunde habe ich diese Frage meiner Hunderundengesellschaft gestellt. „Manchmal“, antwortete er, „Man ist einfach nicht mehr so spontan, muss mehr planen.“ „Warte mal ab, bis du eigene Kinder hast“, wollte ich antworten, nickte aber stattdessen nur zustimmend, reicht ja auch.

Habe ich es denn schon bereut, dass Lola bei uns eingezogen ist? (eigentlich wäre das ja ein prima Artikel „Ein Jahr Lola in der Grünen Villa“, aber jetzt passt es halt, obwohl sie erst zehn Monate hier lebt.)

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Wenn ein Hund einzieht, dann ist das tatsächlich ein bißchen so wie beim ersten Kind. Sehr viele Menschen haben sehr viele Tipps, aber eigentlich weiß man alles sowieso besser und wird das Tier ganzheitlich, achtsam, windel- und glutenfrei halten und ernähren und alle seine Talente erkennen und selbstredend fördern. Und dann kackt der niedliche Welpe zum ersten Mal auf den Wohnzimmerboden und klaut die Kekse vom Tisch (Babys machen das nicht, Kleinkinder schon), woraufhin das Annehmen von kleineren Ratschlägen durchaus in den Bereich des Möglichen rückt. Und schwupps ist man gefangen im Strudel der gegensätzlichen Ratschläge und muss sich auf gut Glück und mit einer gesunden Portion Bauchgefühl sein eigenes Hundeerziehungsmodell, mit oder ohne getanzten Namen, aussuchen.

Das klappt bei uns ganz prima. Lola ist zum Glück ein sehr kooperationswilliger Hund, sofern ausreichend Leckerlis die Erziehungsmaßnahme unterstützen. Alles läuft also über das Fressen, aber was soll´s. Hauptsache der Hund beherrscht die Grundkommandos wie „Komm!“, „Sitz!“ und „Bleib! … na gut, ich weiß ja wie sehr du an mir hängst und ja, die Leckerlis sind immer in meiner linken Jackentasche“. Damit kommt man überall gut zurecht.

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„Es ist dir schon klar, dass du jeden Tag mehrmals mit dem Hund raus musst?!“, wird einem vorher von allen Seiten mit unheilvoller Stimme zugeraunt. Und ja. Ich muss jeden Tag mit dem Hund raus, morgens und abends. Und da Lola eine explosive Mischung aus Dalmatiner (soll neben Postkutschen her rennen) und Pointer (soll Wild anzeigen) ist, sind das sehr lange Hunderunden voller Übungen und Trainingseinheiten. Lang, damit der Dalmatiner müde wird, Training, damit der Pointer keine Rehe jagt. Ersteres klappt übrigens prima, Letzteres mal mehr, mal weniger. Das Wetter ist meistens gar nicht so schlimm. Es gibt viele, viele Tage, an denen ich ohne Hund nicht mal zum Kompost im Garten gegangen wäre, doch das sind meistens die Tage, an denen ich mich wirklich freue, dass ich raus muss. Weil es toll ist. Unsere Gegend ist schön, die Bewegung ist schön und das Gefühl, wenn man sich hinterher trockene Klamotten anzieht ist super.

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Franz und Lola koexistieren recht friedlich in der Grünen Villa. Franz hat keine Angst mehr vor Lola und haut ihr auf die Nase, wenn sie ihm zu aufdringlich wird. Er hat seinen Sessel im Wohnzimmer zurückerobert und traut sich wieder an das Fußende meines Bettes (vor dem Lola ihren Schlafplatz hat). Lola wird noch lernen, dass das kleinere, rothaarige Ding es nicht mal annähernd toll findet, wenn man ihm die Nase in den Hintern steckt; Franz wird lernen, dass ihn das große, weißhaarige Ding nicht fressen will, wenn es freudig wedelnd zu ihm hinrennt.

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Das Haus ist sehr „voll“ geworden, seit der gar nicht mehr so kleine Hund hier lebt. Irgendwo ist immer ein Tier. Entweder auf dem Stuhl, auf den man sich gerade setzen will oder unter dem Tisch, eifrig nach Krümeln suchend. Beim Essen möchte man weder Hund noch Katze auf dem Schoß oder neben dem Teller oder mit nasser Nase an den Arm stupsend. Deshalb heben wir Katzen von Stühlen, rufen mehrstimmig „nein“, wenn der Hund aufdringlich wird und haben uns damit abgefunden, dass uns nur noch ein knappes Viertel des Sofas gehört.

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Egal was man tut, ein neugieriger, mäßig hilfreicher Hund ist immer ganz dicht dabei. Im Garten kannte ich das schon von Franz, der sich immer genau an die Stelle legte, wo ich gerade jäten wollte. Lola liegt gerne zwischen mir und dem Herd, an dem ich gerade koche, rennt zwischen meine Füße, wenn sie sich vor dem Staubsauger fürchtet (oder nicht oder doch oder nicht …). Beide begleiten Menschen sehr gerne zur Toilette und beobachten interessiert das Geschehen, greifen aber nicht ein. Lola kann nur dann richtig entspannen, wenn mindestens ein Mitglied des Menschenrudels in der Nähe ist. Klammerhund.

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Mein Kleidungsstil hat sich verändert, jedenfalls jetzt im Winter. Ich trage wieder Hosen, weil die bei der Hunderunde doch praktischer sind. Und ich trage diese Hosen auch dann noch, wenn sie mit Schlamm verschmiert sind, sogar in der Öffentlichkeit.

Wir waren noch nie begeisterte Restaurantgänger. Jetzt mit Hund werden wir das auch nicht werden. Lola liegt brav unter dem Stuhl, aber sie riecht, wie so ein Hund nun mal riecht. An Regentagen auch ein bißchen stärker. Ich mag das nicht, wenn ich beim Essen einen nassen Hund riechen muss, deshalb kann ich es anderen kaum zumuten. Wir freuen uns auf die wärmere Jahreszeit, wenn man wieder überall draußen sitzen kann. (letzten Freitag eröffneten wir die Café-Saison)

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Was hat sich noch geändert? Ich bin recht tolerant geworden, was Hundespucke anbelangt :)

Bereut habe ich es nicht. Bedauert manchmal, denn es ist tatsächlich so, dass wir uns unsere neugewonnene Freiheit durch groß gewordene Kinder wieder selbst beschnitten haben, in dem wir einen Hund aufnahmen. Andererseit passt dieser Hund ganz prima zu dem, was wir sowieso gerne machen: in der Gegend rumlaufen, im Garten rumwühlen, auf dem Sofa sitzen.

Ich habe sehr viele Menschen (=andere Hundebesitzer) mittlerweile kennengelernt, mit einigen entwickelt sich da gerade eine schöne, neue Freundschaft. Das ist ein absoluter Gewinn!

Außerdem lache ich sehr, sehr viel. Hund und Katze zusammen sind ein großartiger Gute-Laune-Zauberer, da verzeihe ich die vielen Pfotenabdrücke auf dem Parkett und die Spuren von nassen Nasen auf den Terrassenscheiben. (früher klebte auf dieser Höhe eine Mischung aus Banane und Zwieback, geziert von Kleinkindhandabdrücken, Hundesabber lässt sich leichter wegwischen).

Die Stühle am Esstisch haben nun Filzgleiter aus Hundehaar und der Staubsauger muss jeden dritten Tag geleert werden, weil Dalmatiner wirklich sehr, sehr viel Haare verlieren. (kurze, weiße Haare mit Widerhaken und Superkleber) Obendrein wechselt der Kater gerade von Winterpelz zu leichtem Sommergewand. Vielleicht sollte ich anfangen, Tierhaar zu spinnen, um daraus Pullover zu stricken. Meine Drecktoleranz ist somit auch nochmals ein Level erhöht.

Mit dem Wissen, das ich jetzt habe erneut vor die Frage „Hund ja oder nein?“ gestellt, würde ich vermutlich nein sagen. Andererseits hätten wir dann halt auch keine Lola hier wohnen. Dann doch „Ja! Unbedingt.“