Stellen Sie sich mal vor,
20. September 2007
Sie wären stets im Zweifel bezüglich der Entwicklung, sogar der Intelligenz Ihres Kindes.
Stellen Sie sich desweiteren vor, dass Ihnen Erzieherinnen, pädagogische Fachkräfte, Lehrerinnen stets bescheinigen, dass Ihr Kind ungemein liebenswert, freundlich und wohlerzogen ist. Aber … leider …
Stellen Sie sich vor, dass Sie an sich selbst zweifeln, dass Sie Ihre Erziehungsmethoden in Frage stellen, dass Sie sich womöglich vorwerfen, beim dritten Kind zu lasch, zu schlurig, zu abwesend, zu beschäftigt, vielleicht zu ausgebrannt gewesen zu sein.
Ja – das alles stellen Sie sich mal vor. Ganz egal ob Sie Kinder haben oder wieviele von der Sorte.
Weil JETZT stellen Sie sich mal vor, dass Sie beim Elternabend sitzen. Sie erfahren so nebenbei, dass fast alle Eltern bereits Einzelgespräche mit der Klassenlehrerin hatten und warten bis ganz zum Ende des Elternabends, um endlich auch einen Einzelgesprächstermin zu vereinbaren.
Stellen Sie sich mal vor, die Klassenlehrerin sagt: „Na, dann besprechen wir doch jetzt gleich.“
Es ist kurz nach 22 Uhr und eigentlich sind Sie müde, aber doch auch sehr neugierig.
Stellen Sie sich vor, die Klassenlehrerin sagt: „So etwas habe ich noch NIE erlebt.“
Stellen Sie sich vor, die Klassenlehrerin erzählt Ihnen, dass Ihr Kind zu den Besten der Klasse gehört. Dass es zu den Kindern gehört, die sich am Besten konzentrieren können. Dass es zu den „schnellen“ Kindern gehört. Dass es Mathematik versteht, logisch denken, gute Diktate schreiben kann. Dass seine Schrift sich so sehr verbessert hat. Dass es keinerlei Bedenken bezüglich einer Beschulung im Regelbereich ab nächstem Sommer mehr gibt, weil keine Einschränkung mehr da ist. Dass die Sprachstörung nur noch ein Lispeln ist, aber hey! Da fehlen ein paar Zähne!
Wenn Sie sich DAS alles vorgestellt haben (und obendrein noch, dass Sie sich heute eine wundervolle, knallrote Röhrenjeans gekauft haben), dann wissen Sie so ungefähr, wie es MIR gerade geht.
Glücklich. SO SEHR.
ausgefeiert
19. September 2007
Wir brauchen wohl in den nächsten Jahren einen größeren Tisch.
!
19. September 2007
Manche Weihnachtsgeschenke werden erst neun Monate später ausgepackt. Aber dafür machen sie auch nach zehn Jahren noch wahnsinnig viel Spaß.Herzlichen Glückwunsch zum Zweistelligen, meine allerliebste Tochter. Ich wünsche Dir, was Du Dir wünschst und obendrein noch das, woran Du noch gar nicht denkst. Heute wird gefeiert. |
So schmeckt die Kindheit
17. September 2007
Franziska fragt, welche drei Speisen und zwei Getränke Frau … äh … Mutti mit ihrer Kindheit verbindet. (oooooh, lecker! Denke ich gerne dran!)
Essen:
1. Fischgulasch
Den gab´s immer zu Weihnachten bei den Großeltern. Der Karpfen, der sich in einer Wanne „sauber“ schwimmen musste und von mir dabei liebevoll gestreichelt und auf rote Kiemen untersucht wurde, wurde geschlachtet, ausgenommen, in fünf, sechs Stücke zerteilt und dann mitsamt Kopf und Schwanz, Kartoffeln, Tomaten, Zwiebeln und Paprika zu einer dicken Suppe gekocht, die dann mit selbstgemachten Nudeln gegessen wurde. Zuerst einen Teller Suppe für jeden (und für´s mäkelige Kind nur Nudeln mit Zucker und gemahlenen Haselnüssen – das waren dann Nussenudel, auch ´ne Kindheitserinnerung), danach den Fisch (und der Opa teilte sich mit dem Kind den Kopf, weil da ist das beste Fleisch dran) und zum Schluss wurde der Topf leergekratzt, weil sich unten die Kartoffeln so wunderbar sämig festgekocht hatten. Würde ich gerne wieder essen, habe ich aber bisher nie nachgekocht. (Schmeckt wahrscheinlich auch nur mit gestreicheltem Karpfen gut)
2. Käspalatschinken (hier: Lautschrift. keine Ahnung, wie es geschrieben wird)
Dünne Pfannkuchen die einen Schlag Zitronenquark in die Mitte bekamen und dann zusammengerollt wurden. Für mich als Kind wahnsinnig schwer zu essen, weil der Quark überall rausquatschte und eigentlich ein frustrierendes Essen, weil es viel zu schnell satt machte.
3. Schmerkipferl (oder Schmärkipferl?)
Schmer (oder Schmär) ist etwas ganz anderes als Schmalz. Es stammt vom Rind und sieht sehr merkwürdig aus. So weit die Erinnerung. Mit diesem Schmer (oder Schmär) wurde ein Teig bereitet. Der Teig wurde ziemlich dünn ausgerollt und zu Kipferln gerollt, die mit Latwersch (Zwetschgenmus) gefüllt wurden. Das ganze wurde in heißem Fett ausgebacken (fritiert) und dann zu dicker Bohnensuppe gereicht. Die Bohnensuppe mochte ich als Kind nicht, aber der Geschmack von den zartblättrigen Schmer(oder Schmär)kipferln habe ich noch heute auf der Zunge, auch das etwas wattige Gefühl am Gaumen vom Fett.
Getränke:
1. Wenn der Opa einen Radler trank, durfte ich den Schaum abschlürfen. Kein echtes Getränk, aber eine echte Kindheitserinnerung.
2. Quench. Nie wieder habe ich so etwas Süßes, Künstliches getrunken, wie dieses Pulverzeugs damals. Mochte ich als Orangen – und Kirschengeschmack. Heute gruselt´s mich bei dem Gedanken daran.
Der Futterstock geht weiter an Frau Jette; was aß und trank man denn im Osten (man hatte ja nichts). Und Frau Krabbtaska, die so gerne und vor allem gut kocht, welche Kindheitserinnerung lassen ihr wohl das Wasser im Mund zusammen laufen?
Und welche Kleinigkeiten aß die Frau Meinigkeiten? (huahua, Kalauer)
Nicht Fisch, nicht Fleisch
17. September 2007
Ab Mittwoch geht es los: die Geburtstage der Familie kommen Schlag auf Schlag.
Passende Geschenke zu finden ist die eine Sache, Geburtstagsfeiern zu gestalten eine andere.
Früher war das so einfach. Das Geburtstagskind durfte ein Motto für seine Feier auswählen, Gäste einladen und dann wurde gefeiert. Gruselfeiern endeten in der hintersten Gewölbekellerecke beim endlich gefundenen Schatz, Ritterfeste endeten am Lagerfeuer und bei der großen Hexenparty bekam keiner von den blauen Nudeln Bauchschmerzen.
Heute wollen die Kinder feiern. Aber wie? Und was?
Der Große will es eher cool, man chilled ein bißchen, kämpft sich durch Magic-Turniere, futtert Chips bis zum Erbrechen und schaut einen Film. Aber einen Film, der FSK 16 hat, weil alles andere ist Babykram und die Freunde haben eh schon alles gesehen, nur er wieder nicht. Und so wird er seine fünf besten Freunde zur X-Men-Party laden. Sechs Jungs werden sich auf unser Sofa lümmeln, die Sauerstoffsättigung der Raumluft wird bedenklich absinken, dafür wird diese ganz besondere Duftmischung aus Jungsschweiß, Käsefüßen und Chips durch den Raum wabern. Übernachten dürfen sie dann auch, die Jungs, damit man das Gesehene noch die ganze Nacht lang reflektieren kann und am nächsten Morgen werden sechs verknautschte, übernächtigte Jungs am Frühstückstisch sitzen. Fünf davon darf ich ja wieder abgeben.
Die Mittlere weiß nicht mal, wen sie überhaupt einladen soll. Die beiden besten Freundinnen sowieso. Aber wer darf noch kommen? Die Klasse ist neu, sie kennt die anderen Mädchen noch nicht gut genug und traut sich nicht so recht, irgendwie. Und was sie mit ihren Gästen machen soll, weiß sie auch noch nicht, denn zum Topfschlagen sind sie zu alt. Letztlich einigen wir uns auf einen Aufschub der Feier bis Ende November. Bis dahin hat sie sich entschieden, wen sie außer den besten Freundinnen noch mag. Und der Advent steht vor der Tür, so dass dann mit allerhöchstens zehn Mädchen Plätzchen gebacken werden.
Das jüngste Kind hält als einziges Kind der Familie noch etwas von einer richtigen Geburtstagsfeier. Nein, Topfschlagen ist für Babys, aber ein Rittergeburtstag, mit Fechtkampf, Bogen schießen und Turnierreiten, gerne auch mit Lagerfeuer, Stockbrot und Würstchen soll es sein. Bitte schönes Wetter in den Herbstferien, denn dann geht es mit den Geburtstagsgästen ins Mittelalter. Dass der Geburtstag des Kindes bereits ein halbes Jahr zurückliegt, stört da wenig.
Ich kann mich erinnern, dass ich den Geburtstagsfeiern immer mit leichtem Grausen entgegen sah. Eine Horde Kinder, die beschäftigt werden will. Ich habe mit acht Kindern Kürbisse ausgehöhlt und mir von mindestens zwanzig Kindern die Zehen mit einem Kochlöffel blau schlagen lassen. Ich habe für zehn Sockenfledermausflügel Umrisse auf schwarzes Tonpapier gezeichnet und für Rätselschatzsuchen gereimt. Ich habe Kartons mit Loch zum Reingreifen mit kalten Nudeln, Glibberschleim, Tannenzapfen und aufgeblasenen Gummihandschuhen gefüllt. Ich habe unzählige Mitnehmgeschenkchen in Tütchen gesteckt, Luftballons aufgepustet und gepustete Luftschlangen weggekehrt. Ich habe Colaschnüre in Waldmeisterwackelpudding gelegt und Blutsuppe mit Maden serviert. Ich habe viel Spaß gehabt und war hinterher immer sehr müde. (und hatte Kinder, die mir mit roten Wangen und glänzenden Augen abends im Bett sagten, dass das ein wirklich schöner Tag war)
Und jetzt bin ich ein bißchen traurig, weil ich nur noch mein Haus zur Verfügung stellen und ein paar Getränke und essbare Kleinigkeiten anreichen darf. Bald kommt die Zeit, wo ein Kasten Bier, eine Tonne Chips und „Eltern bitte draußen bleiben“ angesagt ist.
Ach, Mensch. Keiner will mit mir spielen.