17. November

17. November 2015

Mein Tageslichtblick findet genau jetzt statt: die Migräne, die mich seit gestern quälte, verabschiedet sich. Zurück lässt sie nur dieses wattige Gefühl im Kopf und die feste Überzeugung Millionen von Hirnzellen verloren zu haben.

Zum Glück war es ein eher lascher Migräneanfall, denn gestern war ein sehr aufregender Tag. Nach über zehn Jahren marschierte ich wieder zur Schule um ein Kind, naja: einen Jugendlichen abzuholen. Wir hatten uns am Sonntag nur sehr kurz gesehen, ein bißchen angelächelt und mit ein paar Gesten signalisiert, dass das schon laufen würde. Ich habe nämlich zugesagt, dem jungen Mann Deutschunterricht zu erteilen. Spontan und natürlich hatte ich nicht zu Ende gedacht, ob ich das überhaupt kann und was das bedeutet. Und so schlief ich in der Nacht von Sonntag auf Montag sehr, sehr schlecht, träumte, dass ich durch ganz Mainz irre und dort die Niersteiner Realschule nicht finden kann. Sehr logisch und wahrscheinlich war diese Hinrverrenkung in Kombination mit schlechtem Schlaf dann auch die Ursache für die Migräne.

Um mich wenigstens ein bißchen vorzubereiten, druckte ich mir einen Sprachkurs aus. Und hoffte, dass mein künftiger Sprachschüler das lateinische Alphabet beherrscht, denn Englisch spricht er auch nicht.

Ich war sehr aufgeregt. Sehr!

Und irgendwie klappte es dann ganz gut.

 

kurs

Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Und wie schnell. Er ist sehr motiviert und grinst sich eins, wenn ich versuche ihm nachzusprechen. Denn immer wenn er das deutsche Wort nachspricht, muss ich das arabische sagen. Und ich kann Ihnen versichern: das ist richtig schwer. Scheinbar muss man bei manchen Worten die Zunge einmal komplett umdrehen und dabei einatmen oder so. Und ja, ich bin völlig eingerostet was Lernen anbelangt. Es zeichnet sich sehr deutlich ab, dass er viel schneller lernt als ich.

Damit das mit der ehrenamtlichen Lehrtätigkeit nun auch ordentlich ablaufen kann, ordentlich im Sinne von „bringt was“, habe ich mich direkt für einen Lehrgang angemeldet. Und mir ein Wörterbuch arabisch-deutsch/deutsch-arabisch gekauft.

Ich wünschte, wir könnten uns schon unterhalten!

15. November

15. November 2015

„Und nach der Begrüßung könnten wir eine Schweigeminute wegen der Ereignisse der letzten Tage und Stunden abhalten“, wurde besprochen. Ich mag Schweigeminuten nicht, ich mag nicht auf Kommando betreten und betroffen sein oder innehalten. Da wehre ich mich dagegen, da sträubt mein innerer Igel sämtliche Stacheln.

Und als nach der Begrüßung der Gäste des Café Welcomes zur Schweigeminute aufgerufen wurde, nachdem die Worte des Übersetzers verklungen waren und Ruhe im Saal eingekehrt war, ließ ich trotzig meinen Blick schweifen. Ich sah den jungen Mann aus Eritrea, der sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischte und seine Frau an der Hand hielt, sah die Gruppe Männer aus Syrien, die mit gesenktem Kopf einfach dastanden und still waren, genauso wie die vielen anderen Menschen in diesem Raum, sogar die Kinder.

Die letzten zehn Sekunden habe ich auch zu Boden geschaut, ziemlich beschämt, und ich habe gespürt, dass dieses Schweigen verbindet und dass es nicht schlimm ist, sich darauf einzulassen. Dass es keine „wir müsen halt irgendwas ganz doll Symbolisches mit Außenwirkung tun“-Handlung ist, sondern einfach nur ein gemeinsames Schweigen.

Danach lacht es sich auch gleich wieder viel leichter.

*****

Mein heutiger Tageshöhepunkt war meine spontane Zusage von etwas, dass ich zwar vorhatte, das aber, je länger es sich nicht erfüllte, immer unwirklicher wurde. Jetzt passiert es aber doch und ich habe ein bißchen, nein eher große! Angst vor der eigenen Courage und bin sehr gespannt, was da ab morgen auf mich zukommt. (ich lasse das hier noch ein bißchen kryptisch stehen, weil ich mich wahsinnig gerne interessant mache. Oder weil ich noch nicht genau weiß, wie weit ich was und wieviel hier öffentlich machen werde.)

Ich bin aufgeregt und das wirkt sich wirklich sehr erfreulich auf meinen Blutdruck aus!

14. November

14. November 2015

Eigentlich wollten wir in diesen Tag hineinfeiern. Um Mitternacht mit Sekt anstoßen und ganz viel „Weißt du noch“-Sentimentalitäten von uns geben. Stattdessen haben wir um Mitternacht nur kurz gratuliert, unseren großen Sohn umarmt und danach direkt wieder fassunglos Nachrichten geschaut. Viel zu spät sind wir ins Bett, weil wir uns nicht losreißen konnten und der Schlaf war dann auch eher unruhig.

Am Morgen hätte ich mich beinahe wieder in den Nachrichtenstrudel ziehen lassen, aber nein. Tagesschau aus, Twitter aus, Radio erst gar nicht an. Stattdessen deckte ich unseren traditionellen Geburtstagsfrühstücktisch, zündete zwanzig Kerzen und eine zum Älterwerden an und weckte die Kindelein. Der beste Vater meiner Kinder kam von der Hunderunde zurück und wir feierten Geburtstag. Mit köstlichem Kuchen und den ganzen Geschichten rund um die Geburt und den allerschönnsten Anekdoten aus dem Leben des jungen Mannes, der unser toller Sohn ist.

Nachmittags kamen Oma Eis und mein Schwiegervater zum Kaffee, als diese sich verabschiedeten, buk die Tochter eine Menge Schokobrötchen und der Jüngste übernahm die Hunderunde. Mittlerweile sind viele Freunde und Freundinnen des großen Sohnes eingetroffen. Sie haben jede Menge köstliches Essen mitgebracht, wir werden wohl ein paar Tage nicht kochen müssen. Aus der Halle dringt Gelächter nach oben, ab und zu schaut jemand aus der Küche um die Ecke und wechselt ein paar Worte mit uns (wir kennen die meisten der Freunde seit 15 Jahren, es ist so schön zu sehen, zu welch großartigen, jungen Erwachsenen sie sich entwickelt haben).

Das Leben ist schön, hier, für uns, im Moment.

Morgen habe ich wieder Zeit für Wut auf Terroristen und Trauer für körperlich und seelisch verletzte Menschen, heute schiebe ich diese Gefühle beiseite.

 

13. November

13. November 2015

Heute nur eine kurze Ankündigung: demnächst gibt es so eine Art Schaufenster. Wo, wann, wie teile ich rechtzeitig mit.

Geben wird es Krippefiguren, Sterne und verschiedenes Schnickeldi. Wie immer halt. :)

krippe

Die Tochter fuhr heute mit dem Zug ein paar Stunden zu einem Bewerbungsgespräch, das darüber entscheidet, ob sie ihr FSJ in Afrika ableisten kann. Im Dezember bekommt sie Bescheid und ich wünsche es ihr so sehr, denn sie strahlt beim Erzählen und würde lieber heute als in einem halben Jahr ihren Rucksack packen.

 

12. November

12. November 2015

und deshalb gibt es gleich 12 Bilder, denn am Zwölften jedes Monats sammelt Frau Kännchen jede Menge Beiträge.

Es folgen sehr belanglose Bilder, weil heute war Donnerstag. Donnerstag ist nach wie vor Opa-Tag, also mein Tag, an dem ich mache, was ich will. Oder was noch rasch erledigt werden muss. Das bißchen Haushalt morgens zum Beispiel. Spülmaschine aus- und einräumen, während der gar nicht mehr so kleine Hund darauf wartet, dass wir endlich zur Hunderunde aufbrechen.

1

Jeden Donnerstag hat Lola einen Spieltreff. Mit Lotte und Sammy darf sie wild auf der Wiese hinter dem Schwabsburger RabenSchlossturm herumtoben. Das sieht immer ein bißchen unheimlich aus, wenn diese drei doch recht großen Hunden mit gefletschten Zähnen durcheinanderwuseln und sich dabei überschlagen, doch scheinbar ist auch sehr viel Spaß dabei, denn Lola zieht mich auf dem Hinweg die letzten Meter den Berg hoch vor lauter Vorfreude.

2

Nach dem Toben folgte, wie jeden Donnerstag, noch eine ausgedehnte Hunderunde. Der wirklich große Vorteil von Hunderunden mit mehr als einem Hund ist, dass Rehe und Kaninchen in den Wingertszeilen völlig uninteressant werden. Außerdem ist es auch ganz nett, Gesellschaft beim Spazieren zu haben und sich über Hundethemen auszutauschen.

3

Lola war auch heute wieder nach dieser Tobe-und-Rennrunde platt und verbrachte den Rest des Vormittags schlafend. Das ist prima, denn dann klebt sie mir nicht am Bein und ich kann ein bißchen im Nähzimmer arbeiten.

4

Nach einem erfrischenden Vormittagsschläfchen verlangte es dem gar nicht mehr so kleinen Hund nach Spiel und Spaß im Garten. Ich muss ihn dabei nicht begleiten, es reicht ihm das auszubuddeln, was er gestern eingebuddelt hat. Oder umgekehrt. Mittlerweile schien die Sonne und die Temperaturen im Wintergärtchen waren sommerlich. Das ist ja wirklich angenehm, aber auch irgendwie sehr falsch. Ich möchte jetzt bitte erste Fröste, damit ich über die Kälte und den ewigen Winter jammern kann.

5

Mein Mittagessen war höchst unspektakulär, beneidet wurde ich trotzdem darum. Von gestern abend waren Spaghetti Carbonara übrig, die ich mir aufwärmte. (und dick mit Parmesan und Pfeffer bestreute, lecker!)

6

Lola legte sich zum Mittagsschläfchen nieder und ich stellte fest, dass Stoffabbau im Nähzimmer zwar eine gute Sache ist, es aber in der Familie eindeutig zu wenig Babys gibt. Für einen Weihnachtsmarktstand reicht es nicht, aber vermutlich wird es ein Schaufenster geben. Oder etwas ganz Ähnliches.

7

Weil es abends so früh dunkel wird, startet die zweite Hunderunde schon am Nachmittag. Gegen 16:00 Uhr zog ich mit Lola zur großen Runde los. Als es schon dunkel war, trafen wir auf eine Bekannte mit Hund und so endete der Tag wie er begann: mit wildem Getobe. Ich nahm einen sehr erschöpften, gründlich vollgesabberten Hund mit nach Hause und freute mich auf einen gemeinsamen Abend mit dem besten Vater meiner Kinder.

8

Daheim erwartete uns Franz. Das Verhältnis der beiden ist mittlerweile fast entspannt. Lola schleckt Franz die Ohren, Franz streift Lola um die Beine. Lola schnüffelt an Franz´Hintern, Franz dreht sich empört weg. Franz legt sich auf den Boden, Lola fordert ihn zum Spiel auf. Lola bellt, Franz wischt ihr eine. Und dann trennen sich die Wege wieder. Das wird.

9

Der beste Vater meiner Kinder meldete seinen Feierabend und der gar nicht mehr so kleine Hund bekam Abendessen. Er darf erst fressen, wenn er die Erlaubnis dazu hat. Da sie sehr, sehr, SEHR gierig ist, ist das eine prima Möglichkeit, um ihr ohne Stress und Verluste von Körperteilen das Futter hinstellen zu können. Ich wurde gefragt, wie wir das geschafft haben. Äh. Mit Geduld und Konsequenz.

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Der Hund satt, der beste Vater meiner Kinder auf dem Weg dahin, die Kindelein nach wie vor beim Opa – Zeit für eine ausgiebige Dusche. Das ist vielleicht merwürdig, dass ich das so zelebriere, bzw. eigens erwähne, doch mit vielen Menschen im Haus und einem Hund, der nicht sooo gerne allein ist, werden die Duschzeiten kürzer.

11

Der Abend endet auf dem Sofa, mit dem besten Vater meiner Kinder und Friends. (hat er noch nie gesehen und das ist schon eine kleine Bildungslücke) Und viel mehr wird heute auch nicht mehr geschehen.

12

Mittlerweile kamen auch der Jüngste und das Töchterlein nach Hause. Der Große ist auf der Chemikerparty, wie so ein richtiger Student. Die Tochter druckte noch rasch eine Fahrkarte für einen sehr wichtigen Termin morgen aus und der Jüngste berichtete, dass der Lehrer die heute geschriebene Arbeit bereits überflogen habe und ihm Rückmeldung gab: mindestens eine drei plus. Hach. Manchmal mache ich mir doch zuviele Sorgen.

Zusammengefasst: viel Luft, viel Sonne, viel Ruhe und eine gute Portion Erleichterung am Abend. Feiner Tag!