Der Vorhang ging auf und auf der Bühne stand ein kleiner, alter Mann. Glatze und ein Bauchansatz. Und ich war erschrocken. Meine Güte, der ist so alt geworden. „Er war schon alt, als wir noch ganz jung waren!“, sagte der beste Vater meiner Kinder.
Und dann spielte er. Und sang. Und die Bühne war zu klein für den Charmeur, den Zyniker, den Clown, den Sänger, den Lästerer, den Akrobaten, den Tänzer, den Brausekopf.
Es regnete Ping-Pong-Bälle und immer wieder wollte eine Träne kullern. Doch bevor die Schwermut mich drücken konnte, kam das Augenzwinkern von der Bühne. Auf und ab und die Zeit verflog.
Sechs Menschen standen auf der Bühne und ich wollte mich die ganze Zeit dazu stellen. An dieser Freude teilhaben, miteinander zu musizieren und zu singen.
Zwei Stunden gefüllt mit Worten und Musik, Resumee und Vorausschau, Erinnerung und Ausblick. Es war nicht genug. Der Saal leerte sich nach der Zugabe und dann ging der Vorhang doch wieder auf und er sang noch eins. Und noch eins. Und noch eins. „Ich singe noch ein Lied, dann – fall ich um!“, sagte er, bevor sich der Vorhang entgültig schloss, nach einer weiteren Stunde, in der ich mir die Hände wund klatschte.
Mit einem breiten Grinsen verließ ich den Saal. Wie gerne hätte ich ihn getroffen, um ihm zu sagen: „Herman, ich wünsche Dir Deine vierzig Zugaben. Und den Tango-Kurs zum Einhundertzweiten.“

Herman, die Welt ist nicht so schön, doch Du kannst sie ein bißchen schöner färben. Danke.

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er schreibt auch ein
Blog.

Das Grauen mit den Brauen

3. November 2005

Es gilt ja als gängiges Schönheitsmerkmal, ZWEI Augenbrauen zu haben.

Besonders für Frauen, denn wer möchte schon wie Theodora Waigel aussehen?

Frau … äh … Mutti jedenfalls nicht. Und so tut sie das, was sich viele Frauen antun: sie reisst sich Haare aus dem Gesicht, die ihr gut zwei Zentimeter tiefer als dichte, lange Wimpern ausserordentlich gut gefallen würden.

Augenbrauenzupfen ist eine moderne Form der Folter; eigentlich völlig unnötig, aber ein hervorragender Stoff für Frau … äh … Muttis Schönheitstipps.

Sie wollen also elegant geschwungene Augenbrauen, die Ihnen weder einen ewigen „huch, ich bin ja so erstaunt!“-Ausdruck ins Gesicht zaubern, noch völlig schief, zerrupft und ungleichmäßig an eine grausame Gesichtslähmung denken lassen.

– Nehmen Sie zuerst eine Pinzette und einen dieser grausam-ehrlichen Vergrößerungsspiegel, die jede Pore zu einem schwarzen Loch und jeden Pickel zu einem Vulkan werden lassen.

– Sollten Sie Brillenträgerin sein, balancieren sie Brille auf der Nasenspitze und schielen Sie von schräg unten durch die Gläser nach oben oder hängen Sie das Gestell an einem Bügel über ein Ohr und schielen sie überkreuz durch das Brillenglas auf die zu zupfende Landschaft. Oder setzen Sie Ihre Kontaktlinsen ein. Oder arbeiten Sie doch einfach blind nach Gefühl.

– Vielleicht haben Sie irgendwo gelesen oder kennen eine, die eine kennt, die sich vor dem Zupfen immer erst eine warme Kompresse (oder Waschlappen) auf die Augenbrauen legt, denn das öffnet die Poren und die Haare fallen dann quasi von allein aus. Versuchen Sie es, aber denken Sie auch mal darüber nach, warum Ihr Kopfhaar nicht ausfällt, OBWOHL sie es mit warmen Wasser waschen. Tun Sie doch, oder?

– Ausserdem glauben Sie sich zu erinnern, dass sie Augenbrauen bei abnehmendem Mond leichter zu zupfen sind. Sie verwechseln das mit Unkraut im Garten, welches mit Ihrem Problem letztlich nur das Wuchern gemeinsam hat.

– Es hilft nichts, Sie müssen ran.

– Haben Sie sich überhaupt überlegt, wie Ihre Augenbrauen NACH dem Zupfen aussehen sollen? Toll! Dann Zähne zusammenbeissen und los.

– Es hilft ein bißchen, wenn die Haut ganz glatt gezogen wird. Allerdings fehlt Ihnen dann eine Hand zum Zupfen.

– Es hilft auch ein bißchen, wenn Sie wüste Beschimpfungen, an wen auch immer gerichtet, ausstoßen. Nur spucken Sie dabei bitte nicht auf Ihren Spiegel.

– Wahrscheinlich gibt es eine bestimmte Reihenfolge oder einen ritualisierten Ablauf, wonach Augenbrauen nur von links innen nach rechts außen oder umgekehrt gezupft werden dürfen. Frau … äh … Mutti empfiehlt: zupfen und rupfen Sie so lange an einer Stelle, bis Sie Ihren Vorstellungen entspricht und suchen Sie danach eine völlig andere Stelle, eine, die noch schmerzfrei ist.

– Ja, manchmal blutet es auch aus einem Haarwurzelloch.

– Ja, das hört von allein auf.

– Rötungen, Flecken, alles normal und ein Grund dafür, weswegen Sie nicht zehn Minuten vor der ersten, alles entscheidenden Verabredung mit dem Roden beginnen sollten.

– Wenn eine Augenbraue etwas dünner als die andere geworden sein sollte, dann versuchen Sie NICHT, die breitere Braue anzupassen. Das führt zu einem unschönen Wechselspiel, an dessen Ende der braune Bogen aus Augenbrauenstift-Strichen besteht. Wollen Sie das?

– Es ist sinnvoll kurze Pausen beim Zupfen einzulegen. Natürlich kommen diese Pausen von allein, denn irgendwann wird der Schmerz zu groß. Nutzen Sie diese Pausen, um einen Blick in einen normalen Spiegel zu werfen. Sie werden erstaunt feststellen, dass die schwarzen Balken aus fetten Borsten über Ihren Augen gar nicht so dominierend wirken, wie Sie es die letzten zehn Minuten dachten. Auch die blutenden Wunden klaffen gar nicht so doll, mal ehrlich: sie sind gar nicht zu sehen.

– Berücksichtigen Sie beim Zupfen die natürliche Form Ihrer Augenbrauen. Es sei denn Halloween oder Fastnacht stehen vor der Tür und Sie beabsichtigen als Mephisto kleinen Kindern und deren Eltern schlaflose Nächte zu bereiten.

– Die feinen, blonden Härchen müssen nicht gezupft werden, sie gehören zur Flaumbehaarung, die der derzeitigen Mode nach noch nicht als störend empfunden wird.
– Wenn Sie beinahe zufrieden sind, hören Sie auf. Hier noch ein Härchen und da noch eine Borste führen zu keinem guten Ergebnis, irgendwann MUSS Schluß sein.

Sollten Sie zu den glücklichen Frauen, deren Augenbrauen einen sanften Schwung haben, denen keine fiesen, schwarzen Haare auf der Nasenwurzel und bis zum Augenwinkel hinunter wachsen, dann lehnen Sie sich leise lächelnd zurück.

Den anderen Frauen sei gesagt: Ihr seid nicht allein da draußen.

zack – bumm

2. November 2005

und schon sind aus zweineinhalb Wochen drei geworden. IBM = Ich Beuge Mich

Drei Wochen Strohwitwe und alleinerziehende Mutter. Nein, ich habe mich nicht darum gerissen.
Immerhin.
Alternativ hätte der beste Vater meiner Kinder auch im Dezember fliegen können. In Anbetracht der vielen anstehenden Weihnachtsfeiern der diversen Schulen und Vereine war er schwer in Versuchung.

Ob ich es schaffe, bis Dezember einen Job zu bekommen, der (m)einen dreiwöchigen Aufenthalt im Ausland verlangt?
Och Mensch, ich bin gefrustet.

Finsteres Mittelalter

2. November 2005

Stromausfall!
Der blanke Horror!
Computer aus!
Licht aus!
Der Kühlschrank!
Was essen wir?!

Nein, das waren nicht meine Sorgen. Es waren die Ausrufe der beiden größeren Kinder, mit denene sie mich an der Haustür empfingen. Zehn Minuten war ich weg, so lange braucht es, um den Kleinen zum besten Freund zu bringen. Zehn Minuten Martyrium, verlassene Kinder ohne Strom.

Ich gestehe: ich reagierte eher spöttisch. Schlug Brettspiele bei Kerzenschein und rohe Nudeln zum Knabbern vor. Und stieß auf völliges Unverständnis. Verwöhnte Bande, verwöhnte.

Der Strom ist wieder da. Ich kann Unsinniges bloggen und mir endlich einen Kaffee kochen, verwöhnte Frau, ich.

Eine Katze anschaffen?

2. November 2005

Sie denken über die Anschaffung einer Katze nach? Warum?

„Na, weil ich etwas Süßes zum Knuddeln brauche. Und weil Katzen so herrlich eigensinnig und selbständig sind. Und weil sie so saubere Tiere sind. Und weil ich Katzen liebe. Deshalb.“

Katzen sind süß. Besonders junge Katzen sind süß. Wenn sie zusammen gekringelt auf dem Sofa liegen, die puschelige Schwanzspitze elegant über das rosa Näschen gelegt. Oder wohlig auf dem Rücken, alle Viere von sich gestreckt. Niedlich, wie sich die kleinen Pfötchen strecken und die winzigen Krallen zeigen.
Niedlich, wie sich die winzigen Krallen in die Haut bohren, das tut ja richtig weh!
Ganz manierlich und possierlich besucht das kleine Kätzchen seine Katzentoilette, scharrt nach ausgiebigem Beschnuppern der Hinterlassenschaft dieselbe ordentlich zu. Sicher, ein paar Krümel des Streus fallen schon mal neben das Katzenklo, aber die Duftschwaden, die die angrenzenden Räume durchwabern, verschwinden innerhalb von wenigen Stunden. Reizend.
Eine kleine Katze ist so treu. Sie wird Ihnen hinterher laufen, sie regelrecht auf Schritt und Tritt verfolgen. Treten Sie nicht auf das puschelige Schwänzchen, sonst landen die allerliebsten spitzen Zähnchen in ihrem Knöchel.
Verspielt sind sie, die lieben Kleinen. Sparen Sie sich doch die Anschaffung von Katzenspielzeug, Ihr neues Baby fängt alles, was sich bewegt, am Liebsten aber Ihre Finger auf der Tastatur. Oder Ihre Zehen unter dem Deckbett.
Ihr Kätzchen darf nach draußen? Wie hübsch. Sie werden erleben, wie gründlich es sich die schmutzigen Pfoten sauberleckt und danach von ihrem Kopfkissen springt, um ein bißchen Futter durch die Gegend zu schmieren. Ab und zu bringt es Ihnen ein Geschenk mit, vergessen Sie nicht, Ihr Kätzchen für erjagte Beute zu loben. Blutflecken bekommen Sie übrigens mit kaltem Wasser fast vollständig aus dem Teppich heraus.
Katzen erfordern letztlich nicht mehr Aufmerksamkeit als ein Kleinkind im Krabbelalter und sie versuchen nicht einmal, Stricknadeln in Steckdosen zu bohren. Nach dem 30. Erklärungsversuch wird Ihre Katze verstanden haben, dass sie nicht auf den Tisch darf. Und nicht in die Badewanne, um den Duschvorhang zu zerfetzen. Und nicht auf das Buch, welches Sie gerade lesen. Und nicht auf den Teller, von dem Sie gerade essen.
Es gibt wenig, das gemütlicher ist, als eine schnurrende Katze. Ihre Katze wird sehr schnell lernen, dass Sie das Schnurren schätzen. Sie wird schnurren, wenn Sie ihr die Ohren oder den Bauch kraulen, sie wird schnurren, wenn sie sich nachts auf Ihren Kopf kuschelt, sie wird schnurren, wenn sie Ihre Nylonstrumpfhose durchlöchert und sie wird schnurren, wenn sie mit schlammigen Pfoten auf Ihren, mit dem neuen, hellen Rock bekleideten, Schoß springt.
Katzen suchen sich ihre Menschen aus, sagt man. Sie suchen sich mit Vorliebe den Besuch aus, der bereits angekündigt hat, dass er Katzen überhaupt nicht mag. Oder der immer mal wieder mit einer Allergie kämpft. Aber die Wahl zwischen Ihrer Katze und Ihren Freunden fällt Ihnen ja nicht schwer, oder?

Frau … äh … Mutti rät: Kaufen sie eine Stoffkatze. Die mit dem Knopf im Ohr sehen besonders lebensecht auch. Und bei Bedarf können sie in einen Schrank gesperrt werden, ohne dass sie sich beschweren (oder dass der Tierschutz an der Haustür klingelt)