Von Nierstein braucht man siebeneinhalb Stunden bis nach Lech. Man muss in fünf verschiedene Züge steigen und danach noch in zwei verschiedene Busse. Die letzten 1,3 Kilometer Fußweg zur Alpenvereinshütte sind dann eine wahre Wohltat, vor allem wenn man den „Steig nur für Geübte“ nimmt.

Zug fahren mit Hund ist nicht sehr anstrengend, jedenfalls nicht mit unserem Hund. Lola liegt rum und wenn ihr langweilig ist, schläft sie. Mal unter den Klappsitzen im Fahrradabteil …

… wenn nix los ist, auch mal mittendrin …

… oder zusammengerollt unter dem Tisch.

Einen Maulkorb haben wir immer dabei. In den Regionalzügen bei uns herrscht keine Maulkorbpflicht, doch wenn Mitreisende sich unwohl fühlen, muss einer angelegt werden. Im ICE gibt es eine Maulkorbpflicht, doch Lola lag anderthalb Stunden unsichtbar unter dem Tisch, wir haben uns quasi durchgemogelt. In Österreich muss ein Maulkorb angelegt, doch das Zugpersonal drückte sämtliche Augen zu.

Als wir in die Busse umstiegen, musste aber der Maulkorb her und tja.

Ein glücklicher Hund sieht anders aus, aber leiden muss sie unter dem Maulkorb nicht.

Unseren Koffer stellten wir in dem Hotel ab, in dem wir von Montag bis Mittwoch unterkommen. Im Rucksack hatten wir Übernachtungssachen und all das, was wir für die Montagswanderung, der ersten Etappe auf dem Lechweg, brauchen würden.

Mit dem Bus fuhren wir bis zur Formarinalpe, von dort aus führte der Felsensteig zur Freiburger Hütte, die Alpenvereinshütte, in der wir übernachten wollten.

Da wir das mit dem Schönwetterwandern schon in Irland nicht hinbekommen hatten, war es nicht allzu überraschend, dass es sachte vor sich hin regnete. Womöglich sind ein Felsensteig und sanfter Regen keine ganz glückliche Kombination, doch über kniffeligere Stellen des Weges halfen Stahlseile und Krampen in den Felsen.

Die Bilder, die ich knipste …

sind deutlich spektakulärer, als die des Gatten. Einmal zurückgeknipst:

Alles nur noch halb so wild. Der Hund lief übrigens so lange frei, bis die Murmeltiere zu pfeifen begannen und Lola größeres Interesse an ihnen zeigte.

Nach einer halben Stunde waren wir da.

Wanderer mit Hund dürfen nicht in der Hütte übernachten. Wir durften im Winterlager schlafen. Eine kleine Hütte, ein bißchen abseits. Ganz knuffig, eigentlich …

… und schön, weil wir allein waren, doch …

… der Ofen war nicht in Betrieb und da die Temperaturen draußen unter zehn Grad lagen, war es lausig kalt. Zehn Minuten nach unserer Ankunft …

… gab es Wetter. Heftiger Regen samt Gewitter und Graupel. Als letzterer nachließ, schickten wir Lola schlafen und huschten rüber in die Hütte zum Abendessen. Dinkelnudeln mit Eierschwammerln und dazu ein Hüttenradler zum Anstoßen auf den Urlaub.

Gegen sieben Uhr rannten wir durch den Regen zurück in unsere Winterhütte. Der Gatte erbarmte sich und lief mit dem Hund zur letzten Pinkelrunde ums Haus, während ich mich in Hüttenschlafsack und drei Wolldecken wickelte.

Auf Hütten gibt es kein Netz und keine Steckdose, man schläft halt einfach ein bißchen früher. Und ignoriert die dem Hüttenradler geschuldete volle Blase, weil die Toilette in der Haupthütte ist, die nur durch Regen und Kälte zu erreichen ist. Hat geklappt, wir schliefen ziemlich gut.

Nachdem wir vor zwei Jahren den Wicklow Way gewandert sind (Berichte ab hier)und dabei unser gesamtes Gepäck in mittelgroßen Rucksäcken mitschleppten, reifte in mir folgende Erkenntnis: Fernwanderwege sind super, aber wenn es einen Gepäckservice gibt, dann ist das quasi perfekt. Für unsere Wanderung auf dem Lechweg haben wir also einen Gepäcktransport gebucht und zack: Gepäckeskalation. Plötzlich brauche ich irre viel Klamotten, denn man weiß ja: in den Bergen schlägt das Wetter blitzschnell um und von Schnee mit Lawinengefahr bis Wüste bin ich kleidungstechnisch und emotional für alles gerüstet. Glaube ich.

Nur in der ersten Nacht übernachten wir in einer Hütte des Alpenvereins, in den weiteren Nächten schlafen wir in Gasthöfen/Hotels. Das bedeutet also, dass man abends irgendwo essen geht und da darf man sich gerne ein bißchen ordentlicher kleiden. (in Irland wählten wir stets das am wenigsten verschwitzte Wandershirt.)

Ich habe gepackt:

– eine lange Wanderhose mit abzippbaren Beinen

– eine kurze Hose

– zwei Röcke für abends oder für sehr heiße Wandertage (es wird eher kühl sein, sagt die Wettervorhersage, aber wir haben ja einen Gepäcktransport!)

– drei Merino-Kurzarm-Shirts

– ein Merino Langarm-Shirt

– zwei Wanderblusen (Kurzärmlig, langärmlig – wir haben ja Gepäcktransport!)

– zwei Trägershirts

– drei Kurzarm-Shirts für abends (wir haben ja Gepäcktransport!)

– zwei Paar Wandersocken, zwei Paar Sneakersocken

– eine ausreichende Anzahl an Unterhosen, zwei Sport-BHs, einen normalen BH

– Schlafzeug (wir haben ja Gepäcktransport!)

– Flipflops

– Turnschuhe (wir haben ja …)

– einen Regenjacke

– eine Softshelljacke

– ein Merino-Buff

– einen Bikini und ein Handtuch.

Dazu ein Kulturbeutel mit dem allernötigsten, Schminkkram bleibt daheim.

Für die Fahrt habe ich mir Zipp-off-Hosen, eines der Kurzarm-Shirts, Wandersocken und die Softshelljacke gerichtet. Und die dicken Wanderschuhe.

Es bleibt jede Menge Zeug, das sich aber gut mit den Klamotten des Gatten und dem ganzen anderen Geraffel in einen Trolley quetschen lässt. 20 Kilo sind die Höchstgrenze.

Bei den Vorbereitungen für Wanderungen neigen wir dazu, viel zu viel mitzuschleppen. Es gibt halt auch so viele nette Sachen, die man bestimmt prima gebrauchen kann. Nun ja. Zur Hunderrunde am Morgen, die ja auch beinahe jeden Tag eine kleine Wanderung über mindestens acht Kilometer ist, habe ich Kackbeutel, Hundeleckerlis und mein Handy dabei und überlebe tatsächlich jede dieser Touren ohne nennenswerte Ausfälle. Aber jetzt geht es ja in die Berge und da muss man für wirklich alles gerüstet sein. Denken wir :)

Wirklich wichtig:

– Sonnenbrille (und Kappen)

– Sonnenschutzmittel

– das erste-Hilfe-Päckchen, individuell für uns gerichtet

– Toilettenpapier (ginge es nur in die Köpfe der Menschen, dass Taschentücher, die eine Waschmaschinenwäsche ohne Schäden überstehen, sehr, sehr lange hinter Büschen und Bäumen liegen)

– ein Taschenmesser

– ein Photo

– ein Fernglas

– Fußcreme

– Wasserflasche (mehrere)

– für die Nacht in der Hütte: Hüttenschlafsack, Stirnlampe und ein Ladegerät

Nicht so wichtig, aber nice to have:

– eine Powerbank samt Ladekabel

– Ebookreader

– ein Funktionshandtuch (für spontane Bäder oder auch erste Hilfe)

Unnötig aber total fancy:

– Selfiestick

– Ministativ

– Löffel zum Ausklappen (wenn wir ihn nicht mitnehmen, wird er ganz sicher sehr dringend irgendwo gebraucht werden. Und er ist ja nicht schwer.)

Dazu kommt noch der Wanderproviant. Den beschreibe ich aber in einem eigenen Artikel.

Der Gatte wird einen Rucksack tragen, ich nur ein Hipbag mit vielen kleinen Taschen und einer Halterung für eine Wasserflasche. Sehr schick, zeige ich demnächst mal.

Und weil wir ja den gar nicht mehr so kleinen Hund mitnehmen, verzehnfacht sich (gefühlt) unser Gepäckvolumen.

Für die Anreise haben wir, neben ihrem Halsband, eine Gurt gerichtet. Außerdem eine kurze Leine (für im Zug oder überall dort, wo Lola „bei Fuß“ bleiben muss) und eine Schleppleine, wenn Freilauf nicht möglich ist. (auf Kuhweiden usw.) Ebenfalls gerichtet: ein Maulkorb. Diesen muss sie tragen, wenn Mitreisende im Zug dies fordern. (hoffentlich nicht, sie mag ihn nicht.)

Für die Übernachtungen haben wir eine Isomatte zugeschnitten. Ich habe einen Bezug genäht, die Oberseite ist aus Flanell, die Unterseite aus beschichtetem Stoff. Und für ein Stückchen daheim nehmen wir ihr Welpendeckchen mit.

Das schwerste Gepäckstück (ein Hurra für den Gepäcktransport!) ist der Sack Hundefutter. Dazu kommen diverse Leckerlis, die sie hier auch über den Tag bekommt.

Für unterwegs haben wir eine Wasserflasche (wobei Lola am Liebsten aus Pfützen trinkt. Außerdem hoffen wir auf Bäche, Quellen und Tränken) und einen – Achtung, SO fancy – Faltnapf.

Eine Rolle Kackbeutel, ein kleines Handtuch und ein Erste-Hilfe-Täschchen mit Zeckenzange und selbsthaftendem Verbandszeug.

Und ein Spielzeug für die abendliche zerr-renn-fang-und-ausflipp-Runde.

*****

Eine Menge Zeug und wie oben geschrieben: der Gepäcktransport verführt gerade bei der Anzahl der Kleidungsstücke zu „ach, nehme ich halt noch eins mit“ zu sagen. Die Merinoshirts, auf die wir beide mittlerweile schwören, kann man nämlich prima vier Tage tragen, ohne dass sie stinken. Man riecht ein bißchen nach nassem Schaf, aber zumindest in Irland war das kein Problem :)

Am Schwierigsten beim Packen für mich ist die Wetterungewissheit. Ich mag frieren überhaupt nicht und versuche deshalb immer Kleidungsstücke einzupacken, die ich notfalls alle übereinander tragen kann, ohne mich wie eine bunte Presswurst zu fühlen. Große Hitze mag ich beim Wandern übrigens auch nicht, denn dann erinnere ich mich an die Wanderung auf dem Rheinsteig, die mit einem Hitzschlag samt Fieber und Schüttekfrost endete. Bitte 22 bis 25 Grad, dazu ein laues Lüftchen. Gerne gemäßigte An- und Abstiege und phänomenale Fernsicht. Und Gepäcktransport. (immerhin Letzteres ist uns gewiss)

Vorfreude!

(morgen richten wir dann den Reiseproviant, ich berichte!)

Der Walnußbaum trägt dieses Jahr ein paar Nüsse. Das ist nun kein ganz außergewöhnliches Phänomen, dass ein Walnußbaum das irgendwann tut, vor allem in unserer Gegend, wo diese Bäume wie Unkraut aus dem Boden schießen.

Dieser Baum zum Beispiel lässt sich durch wirklich nichts aus der Ruhe bringen.

Er wächst aus dem Fundament des ehemaligen Hühnerstalls und tut das auch immer wieder, denn spätestens alle drei Jahre sägen wir ihm bodennah ab, damit er den ehemaligen Hühnerstall beim Weiterwachsen nicht zum Nachbarn hebelt. Das liefert uns eine Menge feines Brennholz und im Jahr drauf wächst er wieder in die Höhe. Jedesmal etwas verzweigter, doch voller Kraft, irgendwie trotzig.

Wenn in unserem Garten unbedingt ein Nußbaum wachsen will, dann will ich wenigstens bestimmen, wo. Mein Garten, ich bestimme! Ein weiterer Baum wächst nämlich in der Zinkwanne bei den Funkien (und hat den Wannenboden vermutlich schon durchbohrt), ein anderer auf dem Mäuerchen neben der Wackeltreppe nach unten. Beide dürfen leider nicht weiterwachsen. Gepflanzt wurden sie übrigens vom vergesslichen Eichhörnchen. Das weiß ich genau, ich beobachte das Viech immer dabei, wie es Walnüsse in meine Kräuterkästen auf der Terrasse steckt.

Zurück zu „ich bestimme!“. Vor zwei Jahren überlegte ich, dass der sehr alte Kirschbaum vielleicht irgendwann zu alt und damit ein bißchen gefährlich für Mensch, Tier und Haus wird und deshalb gefällt werden muss. Dieser wunderbare, riesige Baum spendet uns aber nicht nur den allerfeinsten Schatten, er sorgt auch dafür, dass wir im Sommer nackt auf der Terrasse herumliegen könnten wenn wir wöllten, kein Nachbar könnte zusehen. Dass unzählige Vögel, unter anderem auch ein sehr renitentes Taubenpaar, in diesem Baum brüten und er im Frühjahr mit der Blüte tausende Insekten glücklich macht, sei nur nebenbei erwähnt. Der Verlust des Kirschbaums wäre ein herber. Auf gar keinen Fall vermissen würden wir Squillionen leider ungenießbarer und nicht in der Küche zu verarbeitenden Kirschen. Über die freuen sich nur Stare, Wespen und Schmeißfliegen.

Es soll also kein Kirschbaum nachwachsen (was bedeutet, dass ich im Frühjahr Squillionen von jungen Kirschbäumen jäten muss), sondern ein Walnußbaum. Die wachsen ja überall im Garten so toll. Außer an der Stelle, an der wir feierlich vor zwei Jahren eine auskeimende Nuß vergraben haben. Dort wächst ein Walnußgestrüpp, das keinen Stamm ausbildet, dafür aber sämtliche Krankheiten und Pilze auf den eher gelblichen Blättern züchtet. Knapp vier Meter neben dem nicht tot zu kriegenden Hühnerstallsprenger. Womöglich trägt die unsägliche Neugier des damals etwas kleineren Hundes zum Fehlwachstum bei, denn Lola fand das Spiel „ich buddele die Nuß aus, selbst wenn ihr sie wieder versteckt“ einfach zu verlockend.

In den Nüssen des Hühnerstallwalnußbaumes liegt nun unsere ganze Hoffnung. Wir werden sie nicht feierlich verzehren, sondern das kränkliche Walnußgestrüpp entfernen und einen Meter daneben eine hoffentlich voller Saft und Kraft steckende Nuß pflanzen. Damit ein großer Nußbaum den irgendwann ausfallenden Kirschbaum ablösen kann.

(vermutlich wird die gepflanzte Nuß die einzige Nuß sein, die das vergessliche Eichhörnchen im Winter ausbuddelt)

(ganz sicher werde ich das künftige Walnußbaumlaub nicht weniger hassen, als die derzeitige ungenießbare-Kirschen-Schwemme, die genauso wie das künftige Laub nur zusammengerecht und entsorgt werden muss)

(um dem gar nicht mehr so kleinen Hund das „finde die Nuß“-Spiel zu verderben, müssen wir einen Zaun oder einer Mauer um die eingebuddelte Nuß ziehen)

(oder sie heimlich vergraben)

Es ist kompliziert.

Damit Sie gar nicht erst den langweiligen Imker-Kram bis zum Schluss lesen müssen: eine Königin ist geschlüpft! Sie muss nun in den nächsten Tagen auf Hochzeitsflug gehen, danach hoffentlich wieder heimfinden und direkt mit dem Legen beginnen. Auf dass das Volk groß und stark werden möge!

Ausführlicher ab hier :)

Knapp eine Woche war es her, seit wir den ersten Blick in unsere Bienenbeute wagten. Ganz kurz nur und sehr, sehr aufgeregt. Das erste Mal eben, da kann man so viel falsch machen, denkt man. Und man weiß nicht, wie die Bienen reagieren werden, wenn man sie ins Helle zerrt. Naja, ging ja alles ganz gut und wir entdeckten etwas, das womöglich eine Weiselzelle sein könnte. Weiselzellen sind ausgebaute Waben in denen Königinnen heranwachsen.

„Nicht zu oft reinschauen!“, muss man als Neuimker lernen, aber das ist schon verflixt schwer, denn gleichzeit liest man ja auch, dass man gerade um diese Jahreszeit oft kontrollieren soll. Ja was denn nun?

Wir kontrollieren von außen. Der Bienenkaffee am späten Nachmittag hat sich etabliert! Ein alter Schlitten dient dem Gatten und mir als Sitzgelegenheit in der Nähe des Flugloches. Und während wir Kaffee trinken und zusehen, wie die Bienen ein- und wieder ausfliegen, wälzen wir lauter hypothetische Probleme rund um das Volk und, zumindest ich, steigern uns in „ich muss nachsehen, ob alles ok ist!“ hinein.

Gleichzeitig passiert aber auch etwas Wichtiges hinten am Tümpel:

Der gar nicht mehr so kleine Hund lernt, dass er nicht nach surrenden, schwirrenden Insekten schnappen darf. Wenn Lola eine Biene nur ansieht hört sie ein sehr scharfes NEIN!, woraufhin sie sich verständnislos brummelnd auf der Wiese zusammenrollt und schmollt. Surrende Sachen müssen gefressen werden, denkt sie.

Mittlerweile klappt das ganz ausgezeichnet mit ihr, auch die unzähligen Libellen am Tümpel sind dankbar für ihre Zurückhaltung. Die übrigens nur am Tümpel hinten funktioniert! In jedem anderen Teil des Gartens oder im Haus schnappt sie fröhlich Wespen oder sonstiges Getier aus der Luft und zerteilt es elegant in zwei Hälften, bevor sie es genüsslich verspeist. (wir sollten anfangen, den Hund zu füttern)

Die Söhne bekundeten Interesse am Geschehen im Bienenstock.

Und da man den Wissensdurst der Jugend auf keinen Fall ausbremsen soll, beschlossen wir, dass wir in die Beute schauen.

Diesmal deutlich organisierter, denn wir überlegten vorher, wonach wir Ausschau halten wollten. Beim ersten Mal waren wir von sämtlichen Eindrücken so überwältigt, dass wir vergessen hatten nachzusehen, was wirklich wissenswert über den Zustand des Volkes hätte sein können.

Wir besitzen drei Imkerblusen. Da ich nur rasch ein paar Bildchen knipsen wollte und somit jederzeit wegrennen konnte, verzichtete ich auf jeglichen Schutz und blieb in Trägershirt und Röckchen. Der Gatte zog vorsichtshalber die dicken Handschuhe über, denn man weiß ja nie.

Beim letzten Mal hatten wir gelernt, dass der aufschiebbare Deckel der Ablegerbox durch Wabenwildbau leicht verklebt ist und deshalb kräftig, dabei aber langsam und gleichmäßig nach vorne weggeschoben werden muss. Und weil es sich bei einem schiebbaren Deckel um eine echte Fehlkonstruktion handelt, muss man in Kauf nehmen, dass zwei, drei Bienen mit dem sich zusammenschiebenden Wachs zerquetscht werden. Das ist schlimm, aber nicht zu ändern. Wir werden an die Werkstatt, in der die Ablegerkästen gebaut werden, weitergeben, dass ein Deckel zum Auflegen wie bei den Beuten eine bessere Wahl ist.

Der Deckel war offen, der Große pustete Rauch hinein. Der Rauch bewirkt, dass die Bienen sich den Honigmagen mit den Vorräten füllen um im Falle akuter Gefahr Honig in Sicherheit zu bringen. Gleichzeitig macht sie ein voller Bauch aber auch ein bißchen ruhiger und träge, so dass sie nicht empört auffliegen, wenn man die Beute öffnet.

Es herrschte gemütliches Treiben auf den Rähmchen.

Eine neue Mittelwand wird langsam ausgebaut. Das ist gut, denn die Königin wird Platz brauchen, um Eier zu legen.

Mittelwände sind dünne Wachsplatten mit sechseckiger Musterung, die quasi vorgibt, wo die Bienen ihre Waben bauen können. Bienen können ganz prima Waben auch ohne die Hilfe von Mittelwänden bauen, doch so einem kleinen Volk hilft das ein bißchen, wenn es Unterstützung bekommt.

Ob man später weiterhin Mittelwände benutzt, ist eine reine Geschmackssache. Die Waben darauf sind vielleicht einen Tick gleichmäßiger, was wiederum die Honigernte begünstigen kann. Dafür sehen Naturwaben ganz wunderschön aus! Wir wissen es noch nicht, bleiben aber am Anfang auf jeden Fall bei den Mittelwänden.

Es wimmelte und wuselte auf den Rähmchen, dabei blieb alles total friedlich. Ich war keine Minute in Sorge, dass ich angegriffen oder gestochen würde.

Wir entdecken gleich zwei leere Weiselzellen (nicht im Bild). Das bedeutete, dass es ziemlich sicher eine Königin gibt. Die zuerst geschlüpfte Königin sticht alle anderen nachwachsenden Königinnen ab, es kann nur eine geben. Und das ist echt gnadenlos!

Der Futterstatus scheint in Ordnung zu sein, sofern ich als Anfängerin das beurteilen kann. Außerdem gab es nur noch wenige verdeckelte Brutzellen, keine offenen mehr. Das bedeutet, dass die neue Königin in die Pötte kommen muss, das bestehende Volk wird sonst zu alt und kümmert sich nicht mehr gut.

Bienen werden nur etwas um die sieben Wochen alt. Sie beginnen ihre Lebenszeit als Wabenputzerinnen. Danach gibt es die Brutpflege, eine Phase als Bauarbeiterin und dann dürfen sie als Wächterinnen ans Flugloch. Erst als erfahrene Biene dürfen sie ausfliegen und Nahrung sammeln.

Ich knipste ziemlich wahllos die Rähmchen, immer in der Hoffnung, später auf den Bildern die Königin zu finden. Im Gewimmel selbst entdeckten wir sie nicht. Da sie noch sehr jung und vermutlich noch nicht geschlechtsreif ist, fällt sie noch nicht so sehr auf.

Bestiftete (= Waben in denen Eier, die Stifte genannt werden, liegen) Waben fanden wir jedenfalls keine, der Hochzeitsflug hatte also noch nicht stattgefunden.

Der Gatte steckte die Rähmchen wieder zurück und stupste mit dem Finger die Bienen in die Wabengassen hinein. Die Bienen waren so friedfertig und ruhig, keine Spur von Panik oder Aggressivität. Das spricht sowohl für unseren ruhigeren und kompetenter werdenden Umgang, als auch ziemlich sicher dafür, dass eine Königin im Volk lebt. Die sorgt nämlich dafür, dass das große „wir sind zusammen“-Gefühl im Volk entsteht, das Sicherheit gibt.

Bei der Durchsicht der Bilder später entdeckte ich nicht nur, dass meine Linse völlig verschmiert war, sondern tatsächlich auch:

Ihre Majestät!

Eine Biene mit langem, schlanken Hinterleib, die Farbgebung einen Tick anders als bei den anderen Bienen. Die nächsten Tage werde ich immer mal wieder zum Stock gehen, vielleicht erwische ich sie ja beim Hochzeitsflug!

Nächstes Wochenende schauen wir wieder in die Beute. Bis dahin gibt es vielleicht bestiftete Zellen, dann können wir mit der Bekämpfung der Varoa-Milbe beginnen. Dazu dann aber mehr.

Jetzt erstmal: Lang lege die Königin! Wir sind sehr glücklich!

Leben sie noch?

4. Juni 2018

Tun sie! Obendrein sind es wohl die bestbehüteten Bienen im Umkreis von ein paar Kilometern, denn wann immer ich ein paar Minuten Zeit habe, setze ich mich zu ihnen und schaue zu, wie sie ein- und ausfliegen. Das ist sehr beruhigend, nahezu meditativ. Obendrein ein Aromatherapie, denn, ich glaube, davon schwärmte ich bereits, neben so einer Bienenbeute riecht es phantastisch!

Das eifrigste Bienenvolk ist nichts ohne eine Königin, ohne diese stirbt es einfach. Unser Ableger hat keine Königin, dafür ein Rähmchen voller Brut, aus der sich die Arbeiterinnen eine Königin ziehen können. Das geschieht, indem sie die Made weiterhin mit Gelée Royale füttern, statt nach einiger Zeit auf schnöde Arbeiterinnenkost, bestehend aus Pollen und Honig, umzusteigen.

Wir waren neugierig, ob es schon eine Königin gibt oder vielleicht bald oder auch: was passiert eigentlich in diesem brummenden, knisternden Kasten?

Mit Bienen soll man ruhig und besonnen umgehen (dazu am Ende des Textes ein anschauliches Beispiel), dann bleiben sie total friedlich. So haben wir das gelernt. Außerdem soll man Rauch in die Beute pusten, denn wenn Rauch in die Beute dringt, schnappen sich die Bienen ein bißchen Honig und bringen sich und ihn in Sicherheit. Oder sie sind einfach angenehm von Rauch beduselt, im Räucherzeugs ist nämlich Hanf.

Die erste Hürde:

Den Smoker in Gang bringen. Smoker und Räucherzeug, sowie alles Weitere, was man zum Imkern braucht, bekamen wir geschenkt und ich sage nochmals: DANKE! Das ist so großartig!

Der Smoker ist ein Blechkännchen mit Blaseblag. Wenn das Räuerzeugs glimmt, pustet man Mithilfe des Blasebalgs stinkenden Rauch aus der Kännchentülle genau dorthin, wo Bienen bedröhnt werden sollen. Klappt prima, längerfristig möchte ich aber eine Pfeife, damit ich zum Arbeiten beide Hände freihabe und trotzdem gezielte Rauchstöße abgeben kann.

Der Smoker rauchte und stank, wir kletterten in die Schutzklamotten.

Bei unserem Imkervater hatten wir auf Handschuhe und Imkerbluse samt Schleier verzichten können, denn seine Bienen sind äußerst sanftmütig und wurden obendrein natürlich kompetent und entspannt von erfahrenen Händen behandelt. Wir, als nervöse Anfänger, nahmen jeden Schutz, den wir kriegen konnten. Bis auf lange Hosen, denn bei etwa zweitausend Grad im Schatten war allein die Vorstellung schon unerträglich. Außerdem arbeiten wir von hinten an der Beute, da sollte nichts geschehen.

In unserem klitzekleinen Ablegerkasten brummte es gemütlich und wir fassten uns ein Herz.

Genauer: der Gatte fasste sich ein Herz und schob den Deckel des Ablegerkastens auf. Ich versteckte mich hinter Handy und Smoker und pustete mit letzterem Rauchwolken auf überraschte Bienen. (der aufschiebbare Deckel des Ablegerkastens kostet übrigens einigen Bienen das Leben und da wir sowieso nur ein klitzekleines Volk haben, schmerzte das sehr. Die große Beute wird aufgeklappt, da gibt es dann keine Verluste.)

Bevor der Gestank des Rauches aus dem Smoker überhand nahm, entfaltete sich beim Aufschieben des Kastens ein überwältigender Duft! Ich wiederhole mich da vermutlich sehr oft, doch dieses Aroma ist so grandios, alleine dafür sollten viel mehr Menschen mit der Imkerei beginnen.

Die Bienen waren etwas verwirrt, dass es plötzlich so viel Licht von oben gab, doch Panik oder gar Wut brach nicht aus.

Ich knipste relativ wahllos in den Kasten hinein, pustete Rauch hinterher und hatte genau keine Ahnung, wonach ich schauen oder was ich tun sollte. Der Gatte stemmte mit dem Stockmeißel die verklebten Rähmchen auseinander und hob kurz eine Honigwabe hoch:

Verdeckelter Honig, offene Honigwaben und viele umherwuselnde Bienen. Bestimmt alles prima. Er steckte den Rahmen ordentlich zurück und verschloss den Kasten wieder.

Wir setzen uns mit klopfendem Herzen und etwas weichen Knien in gebührendem Abstand hin und atmeten durch. Denn: puh, war das aufregend!

Beim Sichten der Schnappschüsse blieben wir bei oben gezeigtem Bild hängen:

Dieses Knubbelchen! Sollte dies vielleicht eine Wabe sein, in der eine neue Königin heranwächst? Eine Weiselzelle, um sich gleich mal an Fachbegriffe zu gewöhnen. Oder doch nur eine Drohnenzelle, weil deren Deckel ist ja auch gewölbt. Die Bildersuche im Internet sagte „ja, klar!“, „vielleicht“ und „eher nicht“, doch irgendwann fanden wir ein Bild, das dem unseren total ähnlich sah und dort hieß es: Weiselzelle nach Verlust der Königin. Wir beschlossen: das passt und wir warten jetzt auf königlichen Nachwuchs.

Sollte eine Königin schlüpfen, wird sie sich ein paar Tage im Stock aufhalten. Danach bricht sie zum Hochzeitsflug auf, um hinterher das zu tun, was Bienenköniginnen tun: jede Menge Eier legen und dafür sorgen, dass sich das klitzekleine Ablegervolk in ein großes, starkes und gesundes Volk verwandelt, das gut über den Winter kommt.

Wir müssen also warten und können gar nichts tun. Für einen eher etwas ungeduldigeren Menschen wie mich ist das jetzt eine harte Lektion. Für die Bienen und die „wir sind uns ziemlich sicher“-Weiselzelle ist es das Beste, wenn wir den Kasten geschlossen lassen. Für meinen Seelenfrieden wäre es das Beste, wenn ich zweimal täglich nachsehen könnte, was da passiert. Zumal ich den Smoker wirklich souverän bedient habe und mir nun fast sicher bin, eine total kompetente Imkerin zu sein.

Total kompetent, ruhig und absolut besonnen.

Als ich am Abend um den Tümpel herum jätete, geriet ich in die Einflugschneise des Stockes. Einer Wächterbiene gefiel das nicht, deshalb flog sie mich, sehr bedrohlich brummend, an. Und verfing sich dabei in den Haarsträhnen, die sich an der Schläfe aus dem Zopf gelöst hatten. Bedrohliches Brummen direkt an meinem Kopf führte zu wildem Gewedel meinerseits, was wiederum dazu führte, dass sich eine nun mehr nicht nur unmutige Wächterbiene in eine sehr wütende Wächterbiene verwandelte, die sich zu meiner Kopfhaut vorgrub und zustach. Ich quietsche und war mir total sicher, dass das Angriffspheromon, dass die Killerwächterbiene ausgestoßen hatte, nun sämtliche Bienen des Stockes auf mich hetzen würde. Wedelnd und mehr als nur ein bißchen panisch versuchte ich Richtung Haus zu rennen, damit ich den fiesen Bienenstachel loswürde und dem rasenden Bienenmob entkäme. Dabei schlug ich mir selbst die Sonnenbrille von der Nase. Sie versank mit einem satten Platschen zum Glück nicht im Tümpel, sondern in der mit Wasser gefüllten Zinkschüssel daneben. Die tiefstehende Sonne ließ mich umgehend erblinden, weswegen ich über meinen Jäteimer stolperte und äußerst unelegant nicht im Tümpel, dafür aber im Topinambur landete. Ich rappelte mich auf und flitzte, von einer imaginären wütenden Bienenwolke verfolgt, ins Haus und ließ mir den Stachel ziehen. Die Schmerzen waren nicht schön, vergingen aber nach ausgiebigem Trost, ein wenig Spott und einem Stück Schokolade.

Und ich hab sie immer noch sehr gern, meine Bienen! (den umgekippten Jäteimer allerdings musste der Gatte holen, der Einflugschneise blieb ich gestern abend dann doch lieber fern)