Donnerstag, viel Zeit.

15. April 2010

Als wir vor über einem Jahr die Diagnose bekamen, nahmen wir uns fest vor, offen und ehrlich zu sein. Mit uns und den Kindern. Nicht schonungslos, aber ungeschönt. Und seit einiger Zeit ist der Donnerstag der Oma-Opa-Tag, der Tag, an dem die Kindelein nach der Schule zu den Großeltern gehen, von Opa bekocht werden und einen langen Nachmittag dort verbringen. Hausaufgaben machen, 11er raus spielen und viel zu viel fernsehen.

Vielleicht, so hoffe ich insgeheim, sind dies die Tage, an die sie sich später gerne zurück erinnern.

Und für mich sind diese Donnerstage auch ganz toll, denn ich muss nicht kochen, kann tun und lassen was ich will und muss nicht reden. Luxustage.

Um den Luxustag heute perfekt zu machen, nahm ich meinem Krankengymnastiktermin wahr. Vorher aber sagte ich an der Anmeldung noch anstehende Termine ab, mein Rücken ist seit dem letzten einrenkenden Krachen in den Osterferien wie neu.

Der Termin heute aber musste sein und weil der Rücken fit ist, widmete sich Herr Physiotherapeut Frau Knie. Eher beiläufig („Und übrigens, GANZ WICHTIG, mein Knie, das zickt!“) hatte ich erwähnt, dass Frau Knie sich ab und an meldet. Ich musste beugen und strecken und Frau Knie schwieg. Kein Knacken, kein Knirschen. Das sind dann die Momente, in denen ich an mir selbst zweifele und mir Hysterie unterstelle.
Dankenswerterweise fanden wir dann doch eine Übung, die Frau Knie ein müdes „kniiiirsch“ entlockte. Laut genug, um den Herrn Physiotherapeuten aufhorchen zu lassen. Nix Dramatisches. Nur fehlende Muskulatur und ein paar unwillige Sehnen und die eine Narbe ist etwas hässlich.

Nichts, was sich nicht unter einem eleganten Band verstecken ließe.

Ein feines Tape, mit dem ich noch besser duschen, baden und saunieren kann. Und föhnen, falls es mir nass zu kalt ist. Diesmal eben in schwarz und ich bin gerne bereit, an seine Wirksamkeit zu glauben.
Ansonsten habe ich beschlossen, Frau Knie erneut zu ignorieren und erst im Winter nachzufragen, wie es ihr geht. Weil jetzt, wo es draußen warm ist, hat sie gefälligst Muskeln zu kriegen und zu funkionieren.

Weil ich hier schon die Leiden der jungen Pia R. ausbreite: Ihren Ratschlag, mal kräftig mit irgendwas auf das Ganglion zu hauen, habe ich indirekt beherzigt, indem ich mir herzhaft die Hand anschlug. Das führte lediglich dazu, dass das Ding jetzt noch größer ist und hübsch schillert. Und ich einen Abend lang mit flauem Gefühl im Magen (weil´s sehr weh tat) auf dem Sofa saß und keinen rechten Spaß an GA und PP hatte. Ich lasse es rausschneiden und einschicken. Scheint mir doch die allerbeste Lösung zu sein.

Und das ultimative Highlight des Tages, wenn Sie sich sowieso schon alt und kaputt fühlen, ist, wenn man Ihnen in der Apothe statt Traubenzuckerbonbons eine Packung Antihornhautcreme schenkt. Da helfen nur noch sehr viele leere Kohlenhydrate und eine Menge böses Fett. Ich brauche eine Pizza.

sonniges Kaffeepäuschen

14. April 2010

Es ist jedes Mal eine große Freude: das Umräumen des Kleiderschrankes. Die dicken Winterklamotten kommen in die großen, roten Kisten, Flatterkleidchen, Tops und die Sommerröckchen werden ausgeschüttelt und ordentlich ins Regal eingeräumt. Ich möchte „Hallo lilarotes Hängerkleidchen! Ich freu mich, dich zu sehen!!“ jubeln. Oder „Blümchenrock! Endlich treffen wir uns wieder!“

Entdecke beinahe vergessene Klamöttchen wieder und das Einpacken von den dicken Wollpullis hat was Rituelles: den Winter einmotten.

Und zu jedem Saisonwechsel dann der spannende Moment: was passt noch? Was passt wieder? Was passt zwar, ist aber einfach hinüber?

(Rubrik: Alltagsfreuden, leicht gemacht)

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Manchmal möchte ich sagen:

Hör mal, es nervt mich, dass du dir so sicher bist, die Unterschiede zwischen Frau … äh … Mutti und der echten Pia zu kennen … nur weil wir uns vor zehn Jahren (!) ab und zu getroffen haben. Natürlich ist Frau … äh … Mutti eine andere als Pia. Aber Pia kennst Du nicht mehr. Mach dich mal frei.

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„Frühstücken wir heute bei McDonalds?“, fragte Frau … äh … Mutti heute morgen.

„Könnten wir.“, antwortete der beste Vater meiner Kinder.

Und bevor Sie jetzt entsetzt nach Luft schnappen, weil Frau … äh … Mutti, die immer gegen Tütchenkochen wettert und Biokisten-Abonnentin ist, zum Frühstück ins amerikanische Spezialitäten Restaurant „Unter den goldenen Arkaden“ geht … glauben Sie mir, diesen Dialog führen wir, seit zum ersten Mal vor fünf? sechs? sieben Jahren Frühstück bei McDonalds angeboten wurde. Vor zwanzig Jahren war ich in Amerika und lebte begeistert von den Cinnamonrolls, die es dort gab. (und auch von Tacoshells von Taco Bell´s.)

Als ich vor Jahren las, dass es Frühstück bei McD gibt, war mir klar: das muss ich probieren und vielleicht gibt´s dort ja auch die leckeren Cinnamonrolls. Naja, die Zimtröllchen mache ich jetzt lieber selbst und diese Eier/Schinken/Burger machen mich eher nicht an, naja, und geizig bin ich auch. Geblieben ist also nur der Dialog. Und der ist Synonym für Nähe und Vertrautheit, vielleicht auch Ausdruck für „lass uns wieder was zusammen unternehmen, egal ob Bierchen im Garten hinten trinken oder schick essen gehen“. Und auch ein Beweis dafür, dass das, was man von anderen Menschen aufschnappt, nicht unbedingt verlässliche Rückschlüsse auf deren Art und Leben zulässt.

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Kann bitte mal jemand einen Beamautomat erfinden?

Sie hier?!

13. April 2010

staunte mein Lieblingsorthopäde vor etwa einer Stunde.

Behutsam wurde mein eiskaltes Händchen (die Aufregung!) untersucht und tatsächlich: es ist ein Ganglion.

Als alter Profi ließ ich direkt eine ungefähr zehn Zentimeter (mindestens! ungefähr. beinahe …) lange Nadel in meinen Finger bohren. Punktieren kenen ich ja schon von Frau Knie. Leider kam da gar nix raus. Weder Gelenkflüssigkeit noch Blut noch Spinneneidotter.

Und weil das Ding ja eben stört und größer wird und niemand Knubbel am Finger haben soll, wird es nächsten Donnerstag herausgeschnitten. Und ich hoffe, dass ich zusehen darf.

(„Wie es ihrem Knie geht, frage ich erst gar nicht, oder?“ , sprach Herr Orthopäde. Entweder liest er mein Blog oder ich humpele sehr auffällig.)

Es gibt so Tage,

13. April 2010

da explodiert das Leben in der Küche. Kinder verstreuen Krümel wo sie gehen und stehen, hinterlassen (Haus)Schuhabdrücke auf Sitzkissen und sammeln Regenwürmer für den Biounterricht in meinem Nudelsieb.

Solche Tage kann man nur lieben oder hassen, je nach Tagesform. Ich find´s (heute) klasse.

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„Hallo, hier ist  Frau … äh … Mutti. Ich bräuchte einen Impftermin und ausserdem habe ich vier Millionen Spinneneier im Zeigefinger einen Knubbel am Zeigefinger.“

„Oh“, sprach die freundliche Arzthelferin, „tut mir leid! Termine haben wir nicht vor eienr Woche. Impfen lassen können sie in der freien Sprechstunde. Und mit dem Finger gehen sie am Besten direkt zum Dr. Unfallchirurg/Orthopäde, falls da was weggeschnitten werden muss.“

Sehen Sie! Ich würde ja zum Arzt gehen!

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Fühle mich heute extrem hausmütterlich. Habe ein Spannbetttuch repariert und einen Hosenknopf angenäht. Ausserdem das Nähzimmer aufgeräumt und einen Rock zugeschnitten. (und währenddessen stickte die Maschine beinahe ganz brav vor sich hin. Buttonmaker sind toll, liebe Sonja!)

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Der Kirschbaum blüht, der Flieder beinahe auch und dem dicken Martin  ist der Frühling ebenfalls in die Knochen gefahren. Einen Maulwurf hat er gefangen. Gemein von mir, ihm das arme Maulwürfchen zu entreissen. Ansonsten regnet es und natürlich ist das gut und wichtig für die Landwirtschaft und für den Weltfrieden und die Eisbären. Trotzdem ist das völlig bescheuert, denn im Garten liegt noch immer ein Stapel Wingertsknorzen, der entwurzelt und weggeräumt werden muss. Da ich aber aus Zucker Schönwettergärtnerin bin, zieht mich genau nix raus und ich hätte doch langsam gerne den Garten richtig schön in Schuss.

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Ich weiß, wo das Wandertässchen ist. Ich warte noch auf den Bericht, womit es befüllt wurde, dann verrate ich es Ihnen auch.

Ich hab da am Zeigefinger so ein Knubbelchen. Na gut, eher einen Knubbel, oberhalb des dritten Fingergelenks. Es ist keine Vene und auch kein Überbein.

Der Knubbel ist gut beweglich und tut nur dann weh, wenn ich die Hand in die Hosentasche stecken will. Dann bleibe ich nämlich am Knubbel hängen. Manchmal schmerzt es auch, wenn man drauf drückt. Aber nicht immer.

Der Knubbel ist etwa vier Wochen alt und wächst stetig.

Meine Horrorfilm geschulte Phantasie gaukelt mir lebhafte Bilder vor. Zum Beispiel könnte es passieren, dass demnächst drei Millionen parasitäre Spinnen aus dem Knubbel schlüpfen und sofort damit beginnen, ihren Wirt (mich) zu fressen. Oder der Knubbel wächst und wächst und irgendwann fängt er an mit mir zu reden und zwingt mich zu fürchterlichen Sachen.

Ich schwanke noch zwischen leichter Besorgnis und wegwerfendem „Ach, da ist doch nix.“ Ersteres kommt nur dann, wenn ich die Hände in die Hosentasche stecke (und es weh tut), Letzteres hindert mich daran, direkt mal zum Dottore zu maschieren. Denn eigentlich ist das ja nur ein Knubbel.

Also Sie jetzt:  Nur ein Knubbel oder doch die Millionen Spinneneier? Arzt oder abwarten?