Samstag, zärtliches Gemüse und viel Arbeit
10. April 2010
Kaum lässt man das Gemüse aus der Kiste mal unbeaufsichtigt
fängt es an zu kuscheln.
Und kaum macht man mal eine kurze Kaffeepause auf der Terrasse, schleppen die hinreissenden Bestien den nächsten Raummeter Arbeit in den Garten.
Frau … äh … Mutti mit der praktischen „Haare wachsen und nerven“-Lösung und Falten.
Wären diese beiden Taschen dort wo sie herkommen gefüllt worden, wär´s teuer geworden :)
So gab´s nur ein paar Blasen an den Händen.
Töchterlein sorgte für die nötige Energiezufuhr
und ein Blick aus dem Küchenfenster lässt vermuten, dass die Mainzer gewonnen haben. (oder doch nicht? Egal.)
Und damit es morgen nicht zu langweilig wird
lassen wir ein paar Knorzen liegen. Und holen die letzte Fuhre nach dem Frühstück ab.
*****
Ich bin schlagskaputt. Kann die Arme nicht mehr heben, spüre viele Muskeln, die ich längst vergessen habe und die unzähligen Kratzer, Schrammen und Blessuren an Händen und Armen brennen.
Und ich bin so glücklich. So glücklich erschöpft von echter körperlicher Arbeit. Beinahe ein ganzes Jahr lang habe ich fast nichts getan. Mich wenig bis gar nicht bewegt, immer in Sorge um das Knie, entweder kurz vor oder kurz nach einer Operation. Ich habe viel nachzuholen. Und tue dies mit Freude!
Wingertsknorzen,
10. April 2010
ca. vier Raummeter davon.
Zuerst in der Halle, dann in den Garten geschleppt und auf einen hohen Haufen geschmissen.
Vor dem Wingertsknorzenberg: Frau … äh … Mutti, schimpfend und fluchend, bewaffnet mit Garten- und Astschere. Wurzeln abschneiden.
Die Knorzen dann ins Zwischenlager schichten. Kleinsägen und entgültige Lagerung bis zum übernächsten Winter folgt noch.
Ich sag´ Ihnen: so ein Ofen ist echt toll, macht muckelige Wärme und sorgt für höchst romantische Stimmung auf dem Sofa. Und Wingertsknorzen, gut abgelagerte Wingertsknorzen, die brennen toll. Und deswegen ist es auch ganz prima, wenn man einen ganzen Traktoranhänger voll davon bekommt. Aber es ist deutlich weniger arbeitsintensiv, Feuerholz fein säuberlich gesägt und gespalten im Baumarkt zu kaufen.
(Pause vorbei, weiter „entwurzeln“. Verletzungen bisher: zwei Beulen auf Kinderköpfen, einige Schliffer in einigen Händen und ein mäßig tiefer Schnitt in meinem Arm. Alles prima.)
Amyotrophe Lateralsklerose
9. April 2010
Wer auch immer sich diese Krankheit ausgedacht hat, muss sehr schlechter Laune gewesen sein.
„Hm, mal sehen“, mag sich derjenige gedacht haben, „ich brauche eine Krankheit, die unwiderruflich wichtige Funktionen zerstört. Ach ja! Tolle Idee! Ich lasse einfach die Nervenzellen kaputtgehen, die für die Muskelsteuerung wichtig sind. Das ist doppelt und dreifach grausam, denn wenn es erstmal die Nervenzellen rund um den Kopf erwischt, kann der Mensch nicht mehr richtig essen. Essen ist Genuss und Lebenserhaltung, welch großartige Idee von mir, dies zu erschweren oder gar unmöglich zu machen. Der rapide Gewichtsverlust und die allgemeine Schwäche sind Programm. Und dann die Sprache. Kommunikation! Von den Menschen so sehr geschätzt und zelebriert. Wenn die Zunge lahm liegt, ist es vorbei damit. Und wenn erst die Muskulatur des Gesichtes befallen ist, bleibt die Mimik starr und abweisend und aus ist´s mit der Kommunikation. Super Einfall! Gleichzeitig verschwindet die Feinmotorik und somit die Fähigkeit zu Schreiben. Isolation ist das Ziel. Zur Beschleunigung kille ich den Schluckreflex und lasse den Speichel fließen. Nicht mehr kommunzieren, nicht mehr essen und obendrein sabbern: so schnell schafft man Leid.“
Ja, so ist das. So hat sich das wohl irgendwer ausgedacht.
Was bleibt ist die Angst vor jedem Klingeln des Telefons. Und der bange Blick zum Himmel hoch, wenn mal wieder der Rettungshubschrauber knapp über den Dächer entlang donnert. Ob er erneut dort landet, weil ein Stückchen Croissant die Luft und das Bewusstsein raubte?
Es ist ein stetes Abwägen, was und wieviel den Kindern erzählt werden kann. Die Wahrheit. Natürlich. Es gibt keine Heilung. Es wird schlimmer. NOCH schlimmer. Der Tod kratzt an der Tür. Viel zu früh, aber vielleicht erlösend. „Ihr habt uns gar nicht erzählt, dass der Rettungshubschrauber kommen musste!“, empörten sich die Kinder, als sie gestern vom wöchentlichen Besuch heimkamen. Ja. Haben wir nicht, wir wollen doch schützen. Wollen nicht, dass ein fluffiges Croissant auf ewig einen bitteren Beigeschmack bekommt.
Die Unbefangenheit der Kinder bröckelt. „Was ist mit dem Opa, wenn die Oma stirbt?“, fragen sie.
„Dann müssen wir uns besonders um den Opa kümmern“, antworten wir. Wissend, dass manche Liebe so stark ist, dass der eine nicht ohne den anderen sein will.
Was ich gut kann:
8. April 2010
Sehr viele Kräuter in der Gärtnerei kaufen und die Stimme von Oma Eis ignorieren, die sanft den Kaufrausch zu bremsen versucht.
„Brauchst du das wirklich noch?“
„Ja. JA! JAAA! kaufenkaufenkaufen.“
Besser als Schuhe kaufen. Echt jetzt.
*****
Beute:
hier mal drei Euro, da mal rasch einsfünfundneunzig und der Topf für 2,35 Euro muss auch noch mit. Und dann wundert man sich, wie rasch achtzig Euro im Garten verschwinden.
Drei Pflänzchen für die Gartenwanne sind auch dabei und der dicke Martin verliebt sich ins Mädesüß. Bin gespannt, wie lange das draußen überlebt.
Dank tatkräftiger Hilfe sind die Terrassenkästen und die Zinkwanne mit verschiedenen Thymian-, Oregano- und Salbeisorten gefüllt. Rosmarin dazu und ein Currykraut . Mein heißgeliebtes Zironenkraut darf nicht fehlen und ganz neu, garantiert zweckfrei aber faszinierend: Colakraut. Duftet wie – na raten Sie mal – Cola. Interressant halt :)
Ich freue mich auf den Duft an lauen Sommerabenden. Oder während der Minuten kurz nach einem Regenschauer.
Fleissig auch die Wildbienen auf der Terrasse. Die Bohrlöcher füllen sich zusehends.
Unten im Garten wuchs ein Schmetterlingsflieder. Leider dort, wo er stört, nämlich direkt neben dem Apfelbaum. Der beste Vater meiner Kinder grub ihn vor drei Wochen aus und ließ das Loch offen. Als ich es gestern zuschaufeln wollte, fiel mir auf, dass etliche Hummeln das Loch umschwirrten. Hurra! Ein Hummelnest im Garten! Das Loch muss nun unbedingt offen bleiben, deshalb habe ich eine zerbrochene Pflanzschale als Dach darüber gebaut. Und saß dann zwanzig Minuten mitten im Beet und beobachtete umherschwirrende Hummeln. So wird der Garten nie fertig :)
Heute noch: einen Johannisbeerbusch pflanzen
Zwei Tage
7. April 2010
im Garten.
Sonnenverbrannter Nacken, erste Bräune auf Armen, Beinen und Gesicht, tiefe Schrullen in den Fingern und genug Erde unter den Fingernägeln, um Kresse darin zu säen :)
Seit letztem Mai ist beinahe nichts mehr in meinem Garten passiert und ich ich hatte ziemlich Angst, dem Wildwuchs nicht Herr zu werden. Mittlerweile bin ich gelassener und genieße es, Sorgen in der Erde zu verbuddeln.
Morgen kaufe ich dringend benötigte Pflanzen und hoffe auf gnädiges Wetter, um diese noch an Ort und Stelle zu bringen. Und wenn´s am Wochenende regnet, sieht mich mein Nähzimmer mal wieder. Die Ferien neigen sich dem Ende zu und der Tagesrhythmus wird herrlich normal.
(und um offenstehende Fragen zu beantworten: natürlich höre ich nicht auf zu bloggen. Ich habe nur Ferien. Und meine lieben Freunde bei Facebook ich mag Euch alle schrecklich gerne, aber noch lieber lese ich ausführliche Artikel in Euren Blogs, bzw. schreibe selbst mit vielen Adjektiven und unnötigen Füllwörtern in meinem Blog. Als ich mich dabei ertappte, dass ich „Frau Mutti geht in die Küche, um sich ein Käsebrot zu schmieren“ tippen wollte, mit dem sicheren Wissen, dass das garantiert zwei bis vier Personen „liken“ würden, löschte ich meinen account. Sollten Sie trotzdem zufällig nochmal „Frau Mutti“ in Ihrer Freundeliste entdecken, dann liegt das daran, dass ich sämtliche Beiträge und Kommentare lösche, denn Facebook hat mir freundlicherweise mitgeteilt, dass diese so lange erhaltenwerden, bis ich meine Meinung ändere. Alles Verbrecher, sage ich Ihnen. Aber vielleicht ahnen Sie das ja schon.)
Jetzt: GA. Und PP. Hurra!