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28. Januar 2015
Wir haben eine große, schöne Küche. Der Mittelpunkt unseres Hauses, Treffpunkt für alle Familienmitglieder und Besucher zieht es selten die paar Schritte weiter ins Wohnzimmer, die meisten bleiben am Küchentisch hängen. Wir haben uns mit dieser Küche einen echten Traum erfüllt.
Aber wie das so ist, irgendwann beginnt eine Küche zuzurumpeln. Die Schränke füllen sich mit mit Impulskäufen („Oooh! So eine hübsche/r Schüssel/Teller/Tasse/Schale, muss ich haben!“) und mit den Resten von Komplettservices, weil – ich erwähnte das schon – ich ein bißchen zwanghaft bin und es nicht mag, wenn das Geschirr nicht zusammenpasst. Im schlimmsten Fall verstopfen unnötige Küchengeräte die Schränke, im allerallerschlimmsten Fall sind es unzählige Tupperdosen. Auf die komme ich gleich zurück.
Zuerst möchte ich aber erzählen, dass ich einmal im Jahr sehr gründlich in meine Schränke schaue. Alles, was ich ein Jahr nicht in der Hand hatte, rückt entweder ganz nach vorne, um ein weiteres Jahr eine Chance zu bekommen oder muss umgehend Weg. Eine Popcornmaschine und ein Joghurtbereiter flogen schon vor ein paar Jahren raus, die einzigen wirklich benötigten Elektrogeräte in unsere Küche sind nun die große Küchenmaschine samt Blender, Eisbereiter und Raspelaufsatz, der Pürierstab, ein Handrührer, ein Wasserkocher, der Toaster, die Kaffeemaschine und ein Elektromesser, dass wir von meiner Omi geerbt haben und das nur zwei-, dreimal im Jahr genutzt wird. Dann ist es aber Gold wert!
Heute habe ich sehr, sehr viel Geschirr ausgeräumt. Ein ganzer Wäschekorb voller Geschirr und die Schränke sind immer noch voll, das ist erstaunlich. Geerbte Teller, Teller aus der ersten gemeinsamen Wohnung, Teller, die irgendjemand irgendwann vergessen hat, ich weiß nicht, wann und wie sich das so ansammeln könnte. Große Tassen, kleine Tassen, Tassen mit „lustigen“ Beschriftungen, Tassen mit Erinnerungswert – nur ganz wenige durften bleiben. Der Rest kommt zusammen mit den Tellern, vielen Müslischalen und Schüsseln in den großen Schrank in der Halle. Dort, wo schon sehr viele Weingläser stehen. Es ist großartig, so viel Geschirr zu haben, wenn ein großes Fest gefeiert wird, noch großartiger ist es, die Halle zu haben, um es lagern zu können. Wegwerfen mag ich es nämlich nicht, denn die Tochter bekam heute sehr glänzende Augen und sprach: „Wer zuerst auszieht, darf sich das beste Geschirr aussuchen, oder?“ Und dann wird dieses aussortierte Geschirr den Grundstock für einen eigenen Haushalt bilden, so wie bei uns schon. Ich mag den Gedanken.
Morgen werde ich mich den Tupperschränken widmen. Ja, Sie lesen richtig: TupperSCHRÄNKE. Es handelt sich um zwei Küchenunterschränke, die gestopft voll mit bunten Plastikdosen in allen Farben sind. Die ältesten sind über vierzig Jahre alt, die neueste Errungenschaft ist ein Austauschdeckel für meine Salatschleuder. Die allerbeste Freundin brachte mir diesen am letzten Wochenende mit.
Angefangen hat es mit dieser Dosensammlerei, als ich mit dem besten Vater meiner Kinder zusammen in eine WG zog. Von daheim nahm ich eine kleine Auswahl an Dosen mit, weil die hat man halt. Irgendwas tut man da bestimmt rein. Ich kann mich nicht erinnern, damals so etwas wie Vorratshaltung betrieben zu haben, in meiner Erinnerung haftet nur die sich in verschiedenen Verwesungszuständen befindende Fleischsalatdosensammlung des Mitbewohners im Kühlschrank.
Als wir dann in unsere kleine Wohnung zogen und zum ersten Mal eine relativ große Küche hatten, kam die Lust am Kochen und Nichtaufgegessenes wurde für später „eingetuppert“.
Meine Omi starb und ich nahm sehr viele ihrer Tupperdosen mit, teilweise auch aus sentimentalen Gründen. („in dieser Dose hat sie immer ihre gemahlenen Nüsse aufbewahrt!“)
Und dann kam der Tag, als wir Gastgeber einer Tupperparty waren. Als einzige Ausrede habe ich nur: die Kommilitonen des besten Vaters meiner Kinder waren neugierig und so kam es irgendwie dazu. Der Gastgeber bei diesen Partys bekommt Sterne, d.h. jede an solch einer Party verkaufte Dose hat einen bestimmten Sternwert. Für diese Sterne kann sich der Gastgeber etwas (= eine Dose) aussuchen. Ich hatte ein Auge auf die Salatschleuder geworfen, die ich schon für etwa drei Millionen Sterne umsonst bekommen würde. Die armen Kommilitonen staunten nur und kauften nicht, Sterne kamen erst zusammen, als der beste Vater meiner Kinder spontan beschloss, unser gesamtes Vorratshaltungssystem auf Tupper umzustellen und drei, vier Monatsgehälter in dreißig Dosen investierte. Und damit bekam ich meine Salatschleuder ganz kostenlos. Quasi.
In den folgenden Jahren erlebten wir einige Tupperpartys, sackten die geschenkten Gastdosen ein und erstanden unzählige Schulbrotdosen. Irgendwann ertappte ich mich während einer dieser Tupperpartys bei dem Gedanken: „Wow! Tolle Farbe! Was könnte ich nur in diese Dose hineintun? Vielleicht ein halbes Eigelb oder so?“ Und das war dann die letzte Tupperparty.
Morgen will ich also reduzieren.
Die größte Hürde dabei wird allerdings sein, den besten Vater meiner Kinder von der Nutzlosigkeit der aussortierten Schüsseln zu überzeugen. Denn wenn Sie beim Lesen der obigen Zeilen schon spöttische Bemerkungen über plastikdosensüchtige Hausfrauchen auf den Lippen hatten … schlucken Sie die schnell runter. Der beste Vater meiner Kinder wird um seine geliebte Tuppervielfalt kämpfen und ist jetzt schon ganz blass ums Näschen, weil ich etwa die Hälfte des Tupperzeugs aussortieren will. Ich versprach ihm aber, die Dosen in den großen Schrank in der Halle zu räumen. Falls zufällig einmal eine Dose, in die das letzte Viertel einer Zwiebel passt, fehlt.
Oder eben für einen zukünftigen Haushalt der Kinder. Weil diese Dosen hat man halt.
Wir werden reifer.
27. Januar 2015
Da der Jüngste zum Beginn seiner Ausbildung noch nicht volljährig ist, verlangt das Jugendarbeitsschutzgesetz eine Untersuchung, die die Arbeitstauglichkeit bestätigt. Diese Untersuchung nahm heute unser Kinderarzt vor: der Knabe ist fit und darf auch schwer körperlich arbeiten.
Zum Abschied gratulierte der Kinderarzt ihm und uns zum Ausbildungsplätze und umarmte den schwer verdutzen Jüngsten. „Wir werden reifer…“, sagte er zu mir, fest meine Hand haltend und seufzte.
Dieser Kinderarzt hat den Jüngsten nun sein Leben lang begleitet. Er sah ihn zum ersten Mal bei uns daheim im Schlafzimmer, als der Jüngste gerade ein paar Stunden alt war. Nächstes Jahr wird er ihn zum letzten Mal sehen, wenn diese Arbeittauglichkeitsuntersuchung wiederholt und gleichzeitig die J2 gemacht wird. Dazwischen hat er unzählige Male Mittelohrentzündungen diagnostiziert, Klartext gesprochen, ermutigt, gelobt, meiner Einschätzung geglaubt und sich über jeden Entwicklungsfortschritt gefreut. Hat immer interessiert und geduldig dem Jüngsten zugehört und zu ihm heute wie vor fast 16 Jahren „alles dran, alles perfekt“ gesagt.
Ich habe heute gelernt, dass man nicht nur bei so normalen Sachen wie „letzter Kindergartentag“, „Einschulung“, „jeder Geburtstag“ und „irgendein Bühnenauftritt“ Tränen in den Augen haben kann, sondern auch bei der Vorstellung, dem Kinderarzt nicht mehr „bis zum nächsten Mal!“ sagen zu können.
Und was macht der Kater?
26. Januar 2015
Dem geht es großartig. Er hat sein Winterkampfgewicht von knapp sieben Kilo (im Sommer bringt er nur knapp fünf Kilo auf die Waage und falls Sie trotzdem erschrocken sind: er ist ein sehr großer Kater. Wirklich groß.) und schleppt sich eher undynamisch von Futterschüssel zu Küchensofa zu Sessel zu Wohnzimmersofa zu Töchterleins Bett und wieder zurück. Raus zieht es ihn tagsüber kaum, weswegen er regelmäßig vor lauter Ausgeruhtheit „seine dollen fünf Minuten“ hat. Dabei rast er über Tische und Bänke und verprügelt Kissen und Sofa. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, da er von uns höflich aber bestimmt nach draußen geleitet wird.
Er wird wohl der Einzige sein, der das nasskalte Suddelwetter sehr vermissen wird, weil dann nicht mehr den ganzen Tag ein Feuer im Ofen lodert. Dort, auf dem Sessel vor dem Ofen, liegt er nämlich sehr gerne, bis der liebliche Geruch von gegrilltem Katerbauchspeck durch den Raum wabert.
Ansonsten weiß er als kluges, gelehriges Tier, dass sowohl der Küchentresen als auch der Küchentisch für ihn streng verboten sind, weswegen er sofort schuldbewusst dort herunter springt, sowie wir den Raum betreten. Dass er nachts da eher ungehemmt ist, verraten uns lustige Katzentappsenmuster auf dem Tisch und leergeräumte Biomüllschüsseln. Ringelfranz liebt Gurkenschalen, um an sie heranzukommen hält ihn auch ein die Schüssel abdeckender Teller nicht ab.
Nach wie vor bringt er uns fette Beute mit nach Hause, nach wie vor verspeist er sie bevorzugt auf dem Küchenteppich, der danach leider in die Waschmaschine muss. Ratten, Vögel, Mäuse, einzig die Gallen und ein paar Federn bleiben übrig. (und es macht sehr wenig Spaß, morgens im Halbschlaf barfuß – lassen wir das.)
Bevor wir Katzen im Haus hatten, ich aber den Wunsch danach hegte, versuchte ich dem besten Vater meiner Kinder diese Idee zu verkaufen. (so wie damals die Idee mit den eigenen Kindern „Unser Leben wird sich kaum verändern. Echt jetzt. Bestimmt!“) Irgendwo hatte ich nämlich gelesen, dass Katzen sehr reinliche Tiere sind, die sich den halben Tag mit Körperpflege beschäftigen. „Das sind sehr saubere Tiere!“, versprach ich dem besten Vater meiner Kinder und deswegen darf ich auch gar nicht zu laut jammern, wenn nachts ein schlammiger Kater in mein Bett (immer ans Fußende, zum Glück!) hüpft und dort mit der ausgiebigen Körperpflege beginnt. „SO saubere Tiere!“, sagt dann der beste Vater meiner Kinder in einem merkwürdigen Tonfall, wenn sein Blick morgens auf mein Deckbett fällt.
Wie die meisten Katzen hat er bestimmte Macken. Er kann zum Beispiel unmöglich fressen, wenn der Boden der Futterschüssel nicht bedeckt ist, wahrscheinlich hat er Angst, in den nächsten Stunden verhungern zu müssen. Sein, wie in Katzenratgebern empfohlen, täglich frisches Wasser verschmäht er ziemlich angewidert. Lieber trinkt er aus den brackigsten Pfützen draußen, leckt die nassgeregneten Terrassenfliesen ab oder schlabbert abends aus unseren zur Schüssel geformten Händen direkt aus dem Wasserhahn. Er kann sehr energisch werden, wenn es langsam Zeit zum Zähneputzen, bzw. Katertränken ist. Am Liebsten liegt er wenn ich koche vor dem Herd, wenn ich die Spülmaschine ausräume unter der Spülmaschinenklappe oder – wirklich super – versteckt mit dem Kopf unter dem Teppich. Um meine Gesundheit ist er stets besorgt, letzte Nacht zum Beispiel ließ er mir eine Kneipp´sche Anwendung zukommen. Als ich bettwarm und völlig verschlafen gegen halb zwei auf dem Klo saß, schlängelte er sich um meine Beine. Sehr nass, sehr kalt, frisch aus dem Garten.
Man muss ihn lieben.
Und das tun wir sehr.
Nochmal häkeln –
25. Januar 2015
und direkt voran gestellt: dies wird kein Häkelblog! Es ist nur leider so, dass die Diven-Nähmaschine noch immer zur Reparatur ist und meine Finger sehr kribbeln. Irgendetwas „Kreatives“ muss ich tun.
Im Discounter meines Vertrauens gab es nun Häkelwolle im Angebot. Die Farben waren in Ordnung und deshalb dachte ich: „Och jo, zum Üben ist das ja in Ordnung.“ Jetzt sitze ich da mit acht Knäuel Übungswolle in ganz netten „och jo“-Farben und frage mich, was ich denn häkeln könnte. Die allerbeste Freundin hat hier auf dem Sofa an einem sehr entzückenden Tuch herumgehäkelt, doch um ebenfalls solch ein Tuch zu häkeln, brauche ich flusigere Wolle, nicht so ein Baumwollgarn, wie ich es jetzt habe. Und außerdem sei das was für Fortgeschrittene, behauptet die Freundin, woraufhin ich gerne Barney Stinson zitierte: „Herausforderung angenommen!“ Ich will unbedingt und sofort solch ein Tuch häkeln.
Aber gut. Baumwollgarn. Es wird wohl wieder eine Mütze, die Tochter wünscht sich sowieso eine. Vielleicht übe ich verschiedene Muster, vielleicht sieht das hübsch aus, vielleicht trägt sie sie auch. Danach brauchen wir wirklich keine Mützen mehr.
Häkeln gefällt mir gut, es macht großen Spaß, obwohl die erste Reihe nach den Luftmaschen eher unspaßig und nervig ist. Aber! Weil es gibt ja immer ein „Aber!“: mir mangelt es an Ideen, was ich häkeln könnte. Decken sind super, aber die nähe ich mir. Topflappen sind super, aber die könnte ich mir nähen. Oder bei IKEA kaufen. Häkelblümchen sind super, aber die, die mir in diesem tollen Buch so gut gefallen, sind gestrickt, das lerne ich erst demnächst. Was häkelt man denn so? Ist diese Frage jetzt merkwürdig und irgendwie falschrum? Müsste ich nicht irgendetwas toll finden und fragen, wie man es häkelt? Egal. Die Technik macht Spaß, ich will sie beherrschen, aber ich brauche keine Probeläppchen mehr. Vorschläge?
Es gibt so Tage,
24. Januar 2015
an denen sitzt man mit der allerbesten Freundin auf dem Sofa und schaut ein paar Filme. Da passiert nichts sonst, außer dass es draußen ein paar nasse Flocken schneit, die direkt wieder wegschmelzen. Die Kindelein sind unterwegs, der beste Vater meiner Kinder wurschtelt vor sich hin und ja, es gäbe natürlich immer was zu tun.
Aber mit der allerbesten Freundin auf dem Sofa, das ist heute genug.